CJD-Leiter gibt Einblicke in die Finanzstruktur
»Leser helfen« bittet um Spenden für den barrierearmen Umbau des Internatshauses Gengenbach auf dem Gelände des Christlichen Jugenddorfs. Das hat eine Gengenbacherin zu Fragen veranlasst, die Jochen Nordau, Leiter des Christlichen Jugenddorfs, gerne beantwortet.
Warum hat ein soziales Unternehmen, das deutschlandweit Millionen an Steuergeldern und Beiträgen aus der Arbeitslosenversicherung erhält, keine Rücklagen gebildet?
Jochen Nordau: Das Christliche Jugenddorfwerk Deutschlands (CJD) ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein, von dem das CJD- Jugenddorf Offenburg einer von bundesweit 150 Standorten ist. Im Gegensatz zu einem sozialen Unternehmen ist es nicht kommerziell ausgerichtet und stellt bei seiner Arbeit nicht die Gewinnerwartung ins Zentrum. Die Finanzierung läuft über Kostensätze der Bundesagentur für Arbeit, die sich in der Tat aus der Arbeitslosenversicherung speisen. Allerdings sind diese festen Kostensätze an den einzelnen Teilnehmer gebunden, dem der Löwenanteil zugute kommen soll. Nur ein sehr kleiner Teil, der in den letzten Jahren erheblich zurückgefahren wurde, ist für die institutionelle Förderung vorgesehen. Daraus wurden Rücklagen gebildet, aus denen das CJD-Jugenddorf Offenburg die Instandhaltung von Gebäuden und Ausstattung sichert. Umbauten im notwendigen Umfang wie im Haus Gengenbach sind jedoch nicht leistbar.
Woher kommen die Jugendlichen, die in den Internatshäusern wohnen? Jugendliche aus der Ortenau, die im CJD ausgebildet werden, sind doch sicher Pendler? Die OSB-Haltestelle Kreisschulzentrum liegt in der Nähe des CJD.
Nordau: Die überwiegende Zahl der jugendlichen Internatsteilnehmer stammt aus der Region. Das CJD ist zuständig für ganz Südbaden und darüber hinaus. Es leben auch viele Ortenauer Jugendliche im Internat, etwa dann, wenn sie wegen familiär-sozialer oder gesundheitlicher Gründe nicht zu Hause bleiben können.
Viele Ausbildungsberufe im CJD liegen im Bereich des Handwerks. Wurden Eigenleistungen des CJD in Ansatz gebracht?
Nordau: Das stimmt. Das CJD ist stolz darauf, behinderten und benachteiligten jungen Menschen Ausbildungen in insgesamt sieben Berufsfeldern ermöglichen zu können. Vier davon – Bautechnik, Farbtechnik, Holztechnik und Metalltechnik – sind dem handwerklichen Bereich zuzuordnen.
Gemäß dem Auftrag durch die Bundesagentur für Arbeit ist das CJD verpflichtet, den jungen Menschen Fähigkeiten und Fertigkeiten gemäß des Ausbildungsrahmenplans der Handwerkskammer oder der Industrie- und Handelskammer zu vermitteln. Alle Jugendlichen im CJD haben gemeinsam, dass sie einer Ausbildung in einem Betrieb des ersten Arbeitsmarkts nicht von Anfang an gewachsen sind.
Um den Auszubildenden möglichst realistische Arbeitsverhältnisse zu vermitteln und sie nicht unter Laborbedingungen üben zu lassen, kooperiert das CJD mit vielen Unternehmen in der Ortenau, die Praktika und betriebliche Phasen ermöglichen. Darüber hinaus nutzt es auch das Gelände und die mit dessen Pflege anfallenden Arbeiten, um realitätsnahe Arbeitsaufträge im Rahmen der Ausbildung zu bearbeiten.
Dazu können eventuell auch Arbeiten während des Umbaus von Haus Gengenbach genutzt werden. Dies werden die Ausbilder individuell prüfen, doch in keinem Fall dürfen die notwendigen Umbauarbeiten die Auszubildenden davon abhalten, die Inhalte ihrer Ausbildung in dem Tempo und der Gründlichkeit zu lernen, die für das erfolgreiche Bestehen einer Abschlussprüfung notwendig sind.
Als Gengenbacher Bürgerin frage ich mich auch, warum der Name des Hauses genannt wurde. Sollte sich die Stadt Gengenbach in der Pflicht sehen?
Nordau: Nein, denn es gibt ja auch noch die Internatshäuser, die nach Achern, Oberkirch und Kehl benannt sind. Wie berichtet, hatten diese Städte Anfang der 1980er-Jahre symbolische Patenschaften für die Internatshäuser übernommen. Haus Gengenbach ist jedoch das, das aktuell den größten Umbaubedarf von allen hat.