Das Akkordeon ist der stete Begleiter von Klemens Kammerer
In unserer Serie „Ortenauer Originale“ porträtieren wir Menschen mit dem gewissen Etwas. Heute (39): Klemens Kammerer aus Renchen-Ulm. Der 46-jährige Obstbauer und Musiker ist mit seinem Heimatort tief verwurzelt und leidenschaftlicher Alleinunterhalter.
Zwischen Acker und Bühne, so könnte man Klemens Kammerers Leben überschreiben. Als Obstbauer verbringt er viel Zeit damit, Bäume zu schneiden oder seine Erdbeerfelder zu pflegen. Als Musiker sorgt er bei Festen für gute Laune und Tanzmusik. Beide Leidenschaften, die für die Landwirtschaft und die für die Musik, haben sich schon bemerkbar gemacht, als der Ulmer noch ein kleiner Bub war.
Musik liegt ihm in den Genen
„Ich habe schon als Fünf- oder Sechsjähriger begeistert den Alleinunterhaltern bei den Wald- und Heckenfesten zugehört und gewusst: Das will ich auch mal machen“, erzählt er. Die Musik liegt Klemens Kammerer in den Genen. Sein Onkel Leo Kammerer war 35 Jahre lang Dirigent des Ulmer Musikvereins. Dort hat auch Klemens Kammerer seine musikalische Ausbildung genossen – am Tenorhorn. Schon früh ist er bei Konzerten des Vereins auch als Sänger auf der Bühne gestanden. Heute engagiert er sich außerdem als zweiter Vorsitzender des Musikvereins.
Über Renchen-Ulm hinaus bekannt ist Klemens Kammerer aber mit seinem Akkordeon. Das ist nämlich immer dabei. „Was bei anderen der Regenschirm, ist bei mir das Akkordeon“, lacht der 46-Jährige. Mit Akkordeon und Keyboard ist er als Alleinunterhalter unterwegs. Begonnen hat er damit als Jugendlicher mit einer Prise Hochstapelei. „Ich hab einfach erzählt, ich würde jetzt auch bei Festen Musik machen, und dann haben die Leute gesagt, dann kannst du ja auch bei uns spielen“, erinnert sich Kammerer schmunzelnd, wie er zu seinen ersten Auftritten gekommen ist.
Seiner Linie treu geblieben
Sein Vater hat ihn zu den Auftritten gefahren und ihn nachts auch wieder abgeholt. An eine Episode erinnert sich der Musiker noch gut. Eine Frau hatte bei seinem Vater angerufen, weil sie ganz kurzfristig einen Alleinunterhalter für ein Fest brauchte. Als Kammerer senior dann seinen 16-jährigen Sohn brachte, schlug die Frau die Hände über dem Kopf zusammen, weil sie sich nicht vorstellen konnte, dass dieser junge Bursche auf ihrem Fest für Stimmung sorgen sollte. „Als mein Vater mich nachts um eins abgeholt hat, waren alle begeistert“, sagt Kammerer. An Selbstbewusstsein hat es dem 46-Jährigen nicht gefehlt. Auch wenn er in der Realschule wegen seiner Vorliebe für volkstümliche Musik als „Naabtal-Sepp“ verspottet wurde, blieb der Ulmer seiner Linie treu.
Erinnerungen an einen Spontanausflug nach Südtirol
Nicht immer war Klemens Kammerer nur allein unterwegs. Auch gemeinsam mit seinem inzwischen verstorbenen Freund Michael Fischinger machte Kammerer Musik. Gerne erinnert er sich an einen Spontanausflug nach Südtirol zurück, wo die beiden jungen Männer Freunde besuchen wollten, die dort Skiurlaub machten. Weil in der Wirtschaft „tote Hose“ war, griffen die beiden Ulmer Freunde zu ihren Instrumenten. „Innerhalb von einer halben Stunde war die Wirtschaft voll, der Wirt war glücklich und wir haben den gesamten Abend umsonst getrunken“, lacht Kammerer.
Wäre die Musik für Klemens Kammerer nicht auch eine berufliche Option gewesen? „Mir war immer klar, Musik ist mein Ding. Aber genauso klar war mir, dass ich das nicht beruflich machen wollte. Nach drei Abenden auf der Bühne freue ich mich immer auf den Acker“, sagt Kammerer. Zwar sei er phasenweise schon eine „Rampensau“ gewesen, dennoch braucht er auch die Stille. Dann genießt er das Vogelgezwitscher zwischen den Zwetschgenbäumen. Das Musizieren hat dennoch eine wirtschaftliche Seite. Als Klemens Kammerers Vater noch im landwirtschaftlichen Betrieb aktiv war, war der Hof viel kleiner als heute und reichte nicht aus, um zwei Familien zu ernähren. So bildete die Musik auch ein wirtschaftliches Standbein.
Verkostungen und Feste
Inzwischen ist der Obsthof Kammerer vier bis fünf Mal so groß wie damals. Dass Klemens Kammerer den Hof einmal übernehmen würde, war ihm immer klar. Erdbeeren, Zwetschgen, Kirschen und Äpfel sind die Hauptkulturen des Hofs. Einiges davon landet im Brennkessel. Seit letztem Jahr verkauft die Familie Kammerer ihren Schnaps in der neuen Schnapslounge, wo es, sobald es die Pandemie wieder zulässt, auch Verkostungen und Feste geben wird – gerne auch mit der Musik des Hausherrn.
Außerdem betreiben die Kammerers einen Hofladen mit Produkten aus eigener Produktion und aus der Region. Kammerer beobachtet, dass das Bewusstsein für regionale Produkte steigt und merkt, dass sich viele Kunden gut auskennen und sich mit den Produkten beschäftigen.
Engagement im Verein ist ihm wichtig
„Ich lebe voll mit den Jahreszeiten“, sagt Klemens Kammerer. Das zeigt sich nicht nur in der landwirtschaftlichen Arbeit, sondern auch in seiner Verwurzelung in Ulm. Der eher gemütliche Winter, die Fasent, in der er als Musiker unterwegs ist, und die vielen weiteren Feste der Ulmer Vereinslandschaft geben den Rhythmus vor. Sich im Verein zu engagieren, ist Kammerer wichtig – vor allem wegen der Geselligkeit. „Das Schönste an den Vereinsfesten ist doch der gemeinsame Auf- und Abbau“, lacht er. Aus Ulm fortzuziehen, kann er sich nur schwer vorstellen. Morgens aufzuwachen und die Hornisgrinde zu sehen, ist ihm genauso wichtig wie das gute Miteinander in Ulm.
Er vermisst die Geselligkeit
Die Geselligkeit vermisst Kammerer in den Zeiten der Pandemie daher sehr. Besondere Gemeinschaft hat er aber erfahren, als im ersten Lockdown ganz unterschiedliche Menschen als Erntehelfer bei ihm aktiv waren. Auf den Erdbeerfeldern halfen eine Studentin, eine Hausfrau und ein Fußballtrainer statt der Erntehelfer aus Rumänien, die sonst bei Kammerers arbeiten.
Die Familie unterstützt ihn
Dass er seinen landwirtschaftlichen Betrieb und die Musik miteinander verbinden kann, geht nur, weil seine Familie das mitträgt. „Da gehört viel Toleranz dazu“, sagt Klemens Kammerer. Seine Frau Annette kennt das aber nicht anders, denn Klemens Kammerer hat sie beim Musikmachen kennengelernt.
Klemens Kammerer
Klemens Kammerer ist ein Ulmer durch und durch. Der 46-jährige Landwirt und Musiker ist verheiratet und hat zwei Söhne im Alter von 14 und 16 Jahren. Kammerer ist zweiter Vorsitzender des Musikvereins Ulm. Früher war er zehn Jahre lang im Ulmer Ortschaftsrat und im Renchener Gemeinderat aktiv.