Das bedeutet Barrierefreiheit für den Nationalpark Schwarzwald
Barrierefreiheit im Nationalpark? Das klingt erst mal nach einem Widerspruch. Wie kann eine wilder werdende Natur mit Totholz, kleinen Pfaden, dazu noch bergauf und bergab, barrierefrei sein? Das geht doch gar nicht. Oder?
Keine breiten Straßen
Wer sich mit dieser Frage tiefer beschäftigt, der findet natürlich das eine oder andere unumstößliche Nein. Nein, es wird im Nationalpark keine breit geteerten Straßen geben, die sich mit jedem Rollstuhl oder Rollator befahren lassen. Auch keine Lifte an allen Stellen, an denen große Höhenunterschiede zu überbrücken sind.
Gleichzeitig gibt es aber auch viel mehr Jas, als auf den ersten Blick sichtbar sind – für viele müssen nicht Barrieren in der Natur, sondern nur solche im Kopf abgebaut werden. Der britische Science-Fiction-Schriftsteller und Physiker Arthur C. Clarke hat mal gesagt: „Die Grenzen des Möglichen lassen sich nur dadurch bestimmen, dass man sich ein wenig über sie hinaus ins Unmögliche wagt.“ Das soll auch für unser Bemühen gelten, möglichst viele Barrieren im Nationalpark zu überwinden und möglichst allen Menschen ein Erlebnis der Natur und des Nationalparks zu ermöglichen.
Ich selbst habe zum Beispiel eine Ausbildung in Deutscher Gebärdensprache und schon viele taube Menschen durch den Nationalpark führen dürfen. Für uns alle war es wunderbar, diese Barriere gemeinsam zu überwinden.
Unwegsame Pfade erkunden
Blinde Menschen können mit ausreichend Zeit und der richtigen Begleitung auch schmale und unwegsame Pfade in der Kernzone erkunden. Und unser Berater für Barrierefreiheit, Hans-Peter Matt, hat selbst schon unterschiedliche Rollstühle auf ihre Wildnistauglichkeit getestet.
Innerhalb des Nationalparks gibt es eine Arbeitsgruppe für Barrierefreiheit und Inklusion, in der Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Fachbereichen mitarbeiten.
Wir haben auch nicht auf alles eine Antwort und schon gar nicht sofort. Aber was uns eint, ist die Leidenschaft, alle Barrieren, von denen wir mitbekommen, infrage zu stellen.
Ein Nein nicht akzeptieren
Keine Neins einfach akzeptieren, ohne sie von jeder Seite abzuklopfen, ob wir sie nicht doch in ein Ja verwandeln können. Das schätze ich sehr und das wünsche ich mir auch insgesamt für unsere Gesellschaft.
Dass wir Barrieren in den Köpfen und im Außen nicht aus Bequemlichkeit stehen lassen, weil „das doch gar nicht geht“ oder „wir das immer schon so gemacht haben“. Dass wir stattdessen immer wieder neu versuchen, aufeinander zuzugehen und gemeinsam mit Menschen mit Behinderung Wege und Lösungen suchen, um vielfältige Erlebnisse möglich zu machen.
Barrierefreiheit ist ein großes Ziel, aber wir kommen ihm nicht näher durch Zertifikate und bürokratische Regeln, die manchmal auch wieder neue Barrieren aufbauen können. Wir kommen ihm vor allem näher, indem wir zuhören, offen sind für Fragen, Wünsche und Bedürfnisse und uns ernsthaft bemühen, nicht auf das zu schauen, was nicht geht. Sondern auf das, was geht.
Und das ist auch oder gerade in einem Nationalpark sehr viel.