Das Leben mit einem herzkranken Kind: Ein Paar aus Mahlberg erzählt
Benefizaktion „Leser helfen“: Jenny Wolz und Kai Ziolkowski aus Mahlberg haben ein herzkrankes Kind und sind „ganz frische“ Mitglieder in der Elterninitiative „Herzklopfen“, die ein neues Elternhaus verwirklichen möchte.
Wenige Stunden nach der Geburt erfuhr Jenny Wolz, dass etwas mit dem Herzen ihrer Tochter nicht in Ordnung sei. Ihr Ehemann Kai Ziolkowski stand da bereits mit den beiden älteren Kindern vor der Klinik, um die Mutter und das Neugeborene in ihr Zuhause nach Mahlberg abzuholen. „Unsere Welt ist zusammengebrochen“, berichten die Eltern.
„Es ging alles ganz schnell“, erinnert sich Jenny Wolz. Noch während der Entlassungsuntersuchung sei das Baby direkt auf die Intensivstation und etwa 12 Stunden nach der Geburt in die Uniklinik verlegt worden. Wie sich herausstellte, leidet ihre Tochter an einer Verengung im Bereich der Herzklappe zwischen rechter Herzkammer und Lungenkreislauf (Pulmonalstenose). „Unsere Tochter hat eine spezielle und seltene Form, eine kritische Pulmonalstenose“, erklärt der Vater. Dies bedeute eine so hochgradige Verengung, dass das Kind ohne Intervention in den ersten Lebenstagen verstorben wäre. In der Regel trete eine so hochgradige Verengung der Herzklappe nicht alleine auf. „Durch die extreme Verengung konnte sich der rechte Ventrikel nicht richtig entwickeln, die Trikuspidalklappe ist nicht ideal angelegt. Ihr Herzfehler ist somit sehr komplex und bringt einige Eigenheiten mit sich“, berichtet er weiter.
Am fünften Lebenstag wurde mittels Herzkatheter – dabei wird über die Leiste ein Zugang gelegt – die Pulmonalklappe gedehnt. Die erste Dehnung sei gelungen, jedoch sei es zu einem Notfall gekommen und das Mädchen musste operiert werden. „Um ihr rechtes Herz nicht aufzugeben wurde ein aortopulmonaler Shunt (ein Röhrchen beziehungsweise Implantat) durch eine OP am offenen Herzen gesetzt. Dadurch war ein Kreislauf gewährleistet. „Unsere Tochter hat diesen Eingriff gut gemeistert und wurde nach mehreren kritischen Tagen auf die „Normalstation“ verlegt.“
Nach fünf Wochen in der Klinik für angeborene Herzfehler durfte das kleine Mädchen erstmals nach Hause. Heute ist sie eineinhalb Jahre alt und hat schon mehrere Klinikaufenthalte hinter sich. Unter anderem wurde bei einem Herzkatheter-Eingriff die Pulmonalklappe erfolgreich gedehnt. Bei einem weiteren, zehntägigen Aufenthalt stand eine Zwerchfell-Operation an. Hinzu kamen mehrere, überwiegend ungeplante stationäre Aufenthalte von zwei bis elf Tagen.
„Unvorstellbar“
Wenn ihre Tochter auf der „normalen“ Kinderherzstation ist, lässt sich Jenny Wolz stationär mit aufnehmen. „Mein Mann ist für die Versorgung der Geschwister zu Hause zuständig.“ Nach der ersten Operation seien die Eltern gependelt. Kurzzeitig war Jenny Wolz schon in einem anderen Elternhaus untergebracht. „Die Möglichkeit, permanent in der Nähe zu sein, machte es für uns alle leichter“, betont sie. Man habe die Möglichkeit, bei Notfällen, oder auch „nur“, wenn ein Elternteil am Bett gebraucht werde, sofort da und nicht komplett von seinem Kind getrennt zu sein. „Halbwegs“ hätten die Eltern den Anfahrtsweg von Mahlberg nach Freiburg zwar stemmen können, „aber gerade für Familien mit weitem Weg oder bei noch längeren Klinikaufenthalten wäre es ohne das Elternhaus unvorstellbar“, bestätigen beide.
Eine wertvolle seelsorgerische Betreuung erfuhren die Eltern in der Klinik. Ärzte und Pflegepersonal hätten sich Zeit für Gespräche genommen und geduldig auch etwas zum zehnten Mal erklärt. „Sie schauen darauf, dass man sich selbst nicht komplett vergisst“, beschreibt die Mutter.
Ihr Herzkind ist momentan für seine Verhältnisse stabil. „Sie entwickelt sich normal, jedoch in ihrem ganz eigenen Tempo. Man merkt, dass für sie manches anstrengender ist, als für gesunde Kinder. Faszinierend ist zu beobachten, dass sie ihre Grenzen schon zu kennen scheint.“ Trotz ihrer Geschichte sei es ein lebensfrohes Mädchen, das alle immer wieder aufs Neue verzaubere.
Aktuell sind die Eltern alle vier Wochen mit ihr zur Kontrolle in der Ambulanz für angeborene Herzfehler in der Kinderklinik der Uniklinik Freiburg. Jüngst war ihre Tochter „Thema“ in der kardiologischen Fachkonferenz. Und wie sich dieser Tage erst herausstellte, entwickelt sich das kleine Herz ins Positive. Die Eltern sind glücklich über dieses „Wunder“. Sie sind von einer zeitnahen OP ausgegangen, in der der Shunt entfernt oder gar der Kreislauf des Herzens komplett umgestaltet worden wäre. Nun hat man wertvolle Zeit gewonnen, die Gold wert ist, und wird vermutlich, bei gutem Verlauf, erst etwa im Alter von vier Jahren operieren. Zeit, in der die Medizin eventuell in diesem Bereich weitere Fortschritte machen wird.
So normal wie möglich
Die Eltern versuchen, den Alltag „so normal wie möglich“ zu gestalten, da sie auch der siebenjährigen Tochter und dem fünfjährigen Sohn gerecht werden wollen. „Wir leben tatsächlich bewusster als vor der Geburt unseres Herzkindes“, sagt Kai Ziolkowski und seine Frau nickt zustimmend: „Man schätzt vor allem Kleinigkeiten und scheinbar Selbstverständliches mehr, ist dankbar über jeden Moment, den man glücklich und teilweise kurzzeitig sorgenfrei gemeinsam verbringen kann.“
Doch immer wieder werde der Alltag durch Sorgen und Ängste überschattet. Ständig sei man in Alarmbereitschaft. „Das alles ist manchmal nicht einfach“, so die Eltern. Hinzu kämen andere Erschwernisse. „Sei es der Arbeitgeber meines Mannes, der unzufrieden aufgrund der vielen Arbeitsausfälle ist, zusätzlicher Papierkram, da wieder ein Hilfsmittel wie beispielsweise ein einfaches Stethoskop abgelehnt wurde oder ein Widerspruch bei der Anerkennung einer Schwerbehinderung ansteht“, zählt Jenny Wolz auf.
Unterstützungsangebote innerhalb der Familie und Freunde würde es sehr viele geben: „Die Großeltern, die nach den Geschwistern schauen, wenn wir beide in der Klinik sind oder Termine haben oder aber eine sehr enge Freundin mit medizinischem Hintergrund, die viel erklären kann und immer ein offenes Ohr für unsere Sorgen und Ängste hat.“
Einen wichtigen Beitrag leiste die Initiative Herzklopfen. Jenny Wolz und Kai Ziolkowski sind noch „ganz frische“ Mitglieder. „Hier muss man nicht erklären, was das Leben mit einem kranken Kind bedeutet, wie der Alltag in der Klinik aussieht. Mit Betroffenen erlebt man so etwas wie Normalität. Gespräche können an einem ganz anderen Punkt angesetzt werden. Eine ganz wertvolle seelische Versorgung der Eltern ist zudem gesichert.“
Die Erkrankung ihrer Tochter werde oft gar nicht wahrgenommen. „Sie sieht eigentlich gesund aus und ist ein sehr lebensfrohes Kind. Selbst wir ertappen uns manchmal dabei, dass wir denken, es sei alles gut bei ihr. Der Herzfehler wird aber immer ein Teil unseres Lebens und vor allem des unserer Tochter sein.“
Ein Offenburger Optiker hat sich etwas ausgedacht, das traditionelle Neujahrsschwimmen in der World of Living in Linx wird wieder stattfinden und auch der Silvesterlauf des SC Durbachtal. Wer weitere Aktionen plant, kann sich mit der Redaktion der Mittelbadischen Presse gerne in Verbindung setzen unter:
wolfgang.kollmer@reiff.de oder 0781/504-3533.
Spenden nehmen Fahrt auf
Die Benefizaktion „Leser helfen“ der Mittelbadischen Presse geht jetzt in die heiße Phase: Der heutigen Zeitung liegt ein Merkblatt bei, auf dem alles über die Aktion zu finden ist. Das Wichtige aber: Dazu gehört auch ein Überweisungsschein für Spendenwillige.
„Das ist toll, dass der Spendenstand bereits über 30.000 Euro beträgt“, freute sich gestern Petra Huth,, Geschäftsführerin der Elterninitiative „Herzklopfen“, zu deren Gunsten dieses Jahr die Spendenaktion läuft. „Herzklopfen“ will mit den Spenden als Grundstock ein Gebäude in unmittelbarer Nähe der Kinderherzklinik in Freiburg kaufen und darin Wohnungen einrichten, damit die Eltern in der schweren Zeit ganz in der Nähe ihrer herzkranken Kinder sein können.
Betroffen sind auch Ortenauer Familien, weshalb sich bereits einige Vereine und Firmen zu Sammelaktionen entschlossen haben.