Der Mittelstand in der Region steht vergleichsweise gut da
Die Ergebnisse einer Konjunkturumfrage des Wirtschaftsverbands Industrieller Unternehmen Baden zeigen, dass die Situation für den Mittelstand im Land trotz Corona nicht schlecht ist. Die aktuelle Ertragslage ist vergleichsweise gut.
Der stärkste weltwirtschaftliche Einbruch seit der Nachkriegszeit hat den industriellen Mittelstand im Land hart getroffen. Aber – im Unterschied zu anderen Branchen – nicht frontal erwischt. Das ist das Ergebnis der Konjunkturumfrage des Wirtschaftsverbands Industrieller Unternehmen Baden e.V. (WVIB), einem freiwilligen Zusammenschluss mittelständischer Industrieunternehmen. Zweimal jährlich werden die Konjunkturdaten der über 1000 Mitglieder ermittelt. An der aktuellen Umfrage haben etwa 400 Unternehmen teilgenommen. Auf einer digitalen Pressekonferenz hat der WVIB die Ergebnisse vorgestellt.
Zweites Halbjahr 2020 war besser
„Das erste Halbjahr 2020 war deutlich schlechter als das Zweite, in dem es zunächst eine überraschend kräftige Erholung gab, die dann aber durch den erneuten Lockdown begrenzt wurde“, sagte Christoph Münzer, Hauptgeschäftsführer des WVIB.
Für das Jahr 2020 meldeten die Mitgliedsunternehmen einen Umsatzrückgang von 8,42 Prozent (erstes Halbjahr -12 Prozent). 2019, vor der Corona-Pandemie, habe es ein Minus von nur 0,12 Prozent gegeben, heißt es in einer Pressemitteilung des WVIB. .
Der Umsatz ist bei immerhin 23 Prozent (2019: 45 Prozent) der befragten Unternehmen gewachsen, bei 4 Prozent gleich geblieben, und 73 Prozent mussten einen Rückgang hinnehmen (2019: 51 Prozent).
Lage vergleichsweise gut
Laut Münzer berichten aktuell 20 Prozent der Unternehmen von einer guten Ertragslage (2019: 25 Prozent), 53 Prozent schätzen diese als befriedigend ein (2019: 52 Prozent). Als schlecht empfinden 27 Prozent die aktuelle Situation in diesem Bereich (2019: 22 Prozent). „Die vergleichsweise gute Ertragslage kommt nicht zuletzt durch die hohen Einsparungen für Reisen und Messen zustande, die momentan nicht stattfinden können“, sagte Münzer. Dadurch werde viel Geld gespart.
Medizintechnik-Branche nicht allgemein Krisengewinner
Dass die Pharma- und Medizintechnik-Branchen die großen Krisengewinner seien, widersprach Jörn Rickert, der Geschäftsführer der Cortec GmbH mit Sitz in Freiburg. „Das stimmt so nicht. Gewinner sind alle Unternehmen, die in irgendeiner Form Masken oder Schutzausrüstung produzieren.“
Die anderen Firmen, wie etwa seine eigene, seien aber teils von erheblichen Umsatzrückgängen betroffen, da in den Kliniken Operationen zurückgestellt wurden und alles auf Corona ausgerichtet wurde, so Rickert. „In unserem Bereich, der Neurostimulatoin, gab es im zweiten Quartal 2020 Umsatzeinbußen von bis zu 50 Prozent.“ Zum ersten Mal seit langer Zeit ist bei der WVIB der Beschäftigungsmotor ins Stocken geraten, so die Pressemittteilung. Etwa die Hälfte der Befragten musste ihre Belegschaft verkleinern, 27 Prozent (2019: 44 Prozent) der Unternehmen vergrößerten im vergangenen Jahr ihre Mitarbeiterzahl.
„Positiv überraschend“
Beim WVIB seien mit 237 000 Beschäftigten 332 Mitarbeiter weniger als 2019 gemeldet worden. „Das ist positiv überraschend und nicht zu schlecht. Viele Mitarbeiter sind noch in Kurzarbeit, nur dadurch ist das zu erklären“, berichtete Münzer.
In der Metall- und Elektroindustrie in der Region Südbaden ist die Produktion weiterhin weit entfernt vom Vor-Corona-Niveau und dem vorangegangenen Abschwung 2019. Nach einer aktuellen Umfrage des Verbands Südwestmetall rechnet die Mehrzahl der Firmen nicht vor 2022 mit einer vollständigen Erholung. Das schreibt der Verband Südwestmetall in einer Pressemitteilung.
Kostenintensiver Wandel
Zudem würden viele Unternehmen in einem tiefgreifenden, kostenintensiven Wandel begriffen sein. „Deshalb müssen wir jetzt alles einsetzen, um unsere Betriebe wieder auf die Beine zu bringen, sie wettbewerbsfähiger machen, damit der Wandel gelingt und Arbeitsplätze erhalten werden“, sagte Geschäftsführer Stephan Wilcken am Donnerstag in Freiburg. Die Corona-Pandemie bescherte der Branche einen Absturz von historischem Ausmaß. Bundesweit hat die Metall- und Elektroindustrie gegenüber 2018 fast ein Fünftel der Produktion verloren, heißt es in der Pressemitteilung.
Homeoffice: Schnelles Internet ist wichtig
Homeoffice sei zwar während Corona ein geeignetes Mittel, das aber nicht als Dauerlösung über die Pandemie hinaus strapaziert werden sollte, so Christoph Münzer, Hauptgeschäftsführer des WVIB. Die digitalen Möglichkeiten in so manchem Schwarzwaldtal seien begrenzt. Teils könnten Mitarbeiter nicht zu Hause arbeiten, da dort kein schnelles Internet zur Verfügung stehe. „Wir fordern seit Jahren den Ausbau des schnellen Internets, weil auch der Mittelstand die Digitalisierung einsetzen will“, so Münzer.