Freispruch nach qualvollem Prozess

Deshalb bereut ein Vergewaltigungsopfer die Anzeige

Von Christiane Agüera Oliver
Lesezeit 3 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
10. Dezember 2023
Zielgenaue Präventionsmodule bietet der Hilfsverein „Aufschrei gegen sexuelle Gewalt“ an.

Zielgenaue Präventionsmodule bietet der Hilfsverein „Aufschrei gegen sexuelle Gewalt“ an. ©Adobe Stock/Serghei

Nach einem Prozess ist "Aufschrei" weiterhin für seine Klienten da. Die Aktion "Leser helfen" unterstützt den Ortenauer Verein gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Erwachsenen.

Die Urteilsverkündung ist rund vier Monate her. Der Vergewaltiger von Petra N. wurde freigesprochen (wir berichteten). „Das ist einfach die Geschichte meines Lebens. Es war Hybris von mir zu glauben, die Dinge könnten für mich mal gerecht verlaufen“, sagt sie.

Nach zweieinhalb Jahren habe sich der Richter lediglich auf das, was sie noch aus der Erinnerung aussagen konnte gestützt. Das Gutachten, das ihre Glaubwürdigkeit attestierte, habe der Richter zwar anerkannt, „es wog aber wohl nicht schwer genug. Denn meine Erziehung und Herkunft wurden, anders als beim Täter, nicht berücksichtigt.“ Und obwohl sie während der Verhandlung mehrmals wiederholen musste, was ihr damals passierte und die ganzen Erinnerungen wieder hochkamen, schien das nicht ausreichend gewesen zu sein.

Nun ausgeschlossen

Petra N. fühlte sich verhöhnt und verachtet, „weniger wert als ein kaputtes Fenster oder zerkratztes Auto. Denn selbst dafür muss jemand die Verantwortung übernehmen. Aber für mich nicht.“ Ein Ausgleich über den Weg einer Zivilklage oder durch die Opfer­entschädigung sei mit dem Urteil für sie nun zudem ausgeschlossen. Das Ergebnis hinterlasse noch mehr „das Gefühl der zeitlichen, energetischen, emotionalen, nervlichen und psychischen Verschwendung.“

Den Schritt, das Geschehene durch einen Prozess öffentlich zu machen, bereut Petra N. „Ich würde es nie wieder tun und kann auch keiner Frau raten, das ihr Geschehene anzuzeigen.“ Sie spricht von einem „extrem opferfeindlichen System“, bei dem man über Nichts informiert würde. „Nach einer Anzeige bekommt man keinerlei Aufklärung darüber, wie es weitergeht oder was passiert.“

- Anzeige -

„Ich hätte die ganzen zweieinhalb Jahre nichts verstanden, hätte ich nicht selbst eine Anwältin aufgesucht, die den Antrag stellte, als Opferbeistand bestellt zu werden, und selbst den Kontakt zu „Aufschrei“ gesucht“, versichert sie.

Außer dem Polizisten, der ihre Anzeige ursprünglich aufnahm und ihr Opferbeistand, in ihrem Fall in der Person von Rechtsanwältin Ulrike Schwarz, sei die Begleitung der Sozialarbeiterinnen von „Aufschrei“ und die Psychosoziale Prozessbegleitung tatsächlich das einzig Freundliche und Gute, was ihr in dieser „ganzen Sache“ widerfahren sei.

„Sie war da“

„Dagmar Stumpe-Blasel von „Aufschrei“ war sehr professionell und hat genau die richtige Form von Unterstützung geben können, die ich gebraucht habe. Sie war da, ohne sich aufzudrängen, aber auch ohne distanziert zu wirken. Sie war mitfühlend, ohne das Gefühl von Mitleid zu vermitteln.“ Die psychosoziale Prozessbegleitung habe ihr das Gefühl gegeben, dass es zumindest einen Menschen geben würde, der ihr Erleben bezeugt und dass es somit nicht egal und unbedeutend, sondern echt und legitim sei. „Sie half mir, mich nicht selbst aus den Augen zu verlieren.“ So habe sie es ohne gröbere Zwischenfälle wie Dissoziationen, und was sie noch mehr überrascht habe, ohne Panikattacken, überstanden.

Selbst unmittelbar nach dem Prozess seien die Worte von Dagmar Stumpe-Blasel „sehr hilfreich und aufbauend“ gewesen. „Mir wurde nahegelegt, mich unbedingt jederzeit zu melden, wenn ich es brauche.“ Und das tut Petra N. regelmäßig. Auch in den kommenden Tagen hat sie einen Termin bei der Fachberaterin von „Aufschrei“. „Einfach nur so“, um zu reden und zu berichten, wie es ihr geht. „Das tut mir gut. So fühle ich mich nicht so allein und verlassen.“

Info

Die Spender

Werner Riedlinger, Waltraud Reutenauer, Hannelore Kappel, Martha Kornmayer, Stefan Erlach, Heinz und Helga Erlach, Gerhard Graf, Winfried und Agnes Müll, Richard und Roswitha Lux, Birgit Scheer, Klaus und Christa Kühne, Helga Schroff-Scheidgen, Adelheid Meißner, Klaus Kesler, Rosa Marquardt, Margot Herp, Christa Lisker, Arno Braun, Johann und Ilse Schneider.

Regia Knittel, Dagmar Veit, Renate Hering, Jürgen Gebhart, Eleonore Buchta, Heinrich und Brigitte Kälble, Christa Kauselmann, Josef Vogt, Rolf und Siglinde Bross, Felicitas Fahner, Luzia und Klemens Leistler, Klaus und Elisabeth Barembruch, Erika Ganter, Irmtraud Schwarz, Philipp und Brigitte Fies, Eberhard und Else Hopf, Irmgard Armbruster, Gerhard Steiger, Klaus-Jürgen und Waltraud Mloschin, Renate Mosmann, Klemens Seigel, Wilhelm Kauth, Gertrud Kehret, Margarete Schöner, Beate Bruder, Maria Bühler, Heinrich und Rosemarie Flaig.

Rita Becker, Horst und Hedwig Krämer, Rüdiger und Claudia Nilles, Karin Ernst, Gisela Schmid, Heiderose May, Silvia Hodapp, Günter Kauk, Hubert Wallasch, Edgar Stocker, Walter Sum, Renate Hartwich, Johanna Schuh, Gisela Huber, Marmann und Margot Harz, Herbert Dierle, Ulla Mittenzwei, Karin und Klaus Nitzsche, Christina Nock, Herbert und Hannelore Sahl, Klaus und Karla Kaiser, Sigrid Makki, Hans und Renate Graf, Klaus Buss, Hanspeter und Agnes Münschke.

Maria Bruder, Rolf Holderer, Carola Moser, Willi und Cacilia Junker, Rolf Stäbler, Anneliese Müller-Harter, Meta Linz, Gerhard und Elke Zerrer, Walter Klein, Friedrich Arbogast, Meissner GmbH, Ingrid Hirschbiel, Michael König, Franz und Rosa König, Bernd Wörner und Maike Steffen, Bernhard Schmid, Monika Volk, Bernfried Brüderle, Friedrich Baas, Marie-Christin Kiefer, Helga Beiser, Hans und Karin Keck.

Gerhard und Julia Gmeiner, Gerda Hoffmann (Alte Mühle Kittersburg) und Hedwig Wurz.

Weitere Artikel aus der Kategorie: Ortenau

Statt einen Kredit aufzunehmen wird wieder vermehrt gespart. Seit dem Einbruch des Neubau-Geschäfts steigt die Beliebtheit von Bausparverträgen.
vor 8 Stunden
Verträge werden zunehmend für Sanierungen genutzt
Laut Ortenauer Banken nutzen Kunden ihre Bausparverträge nicht nur für Immobilienkäufe oder Neubauten, sondern zunehmend auch für Sanierungen oder Anschlussfinanzierungen.
02.11.2024
Ortenau
In 39 Kommunen im Ortenaurkeis ist die Pro-Kopf-Verschuldung im Sechs-Jahres-Vergleich zum Teil erheblich angewachsen. Spitzenreiter im Landkreis ist Oppenau mit 6302 Euro. Nur Ohlsbach ist schuldenfrei – und das seit 15 Jahren.
Spielen verbindet: Hier ein Einblick ins Servicehaus Achern-Gamshurst des Elternvereins Leben mit Behinderung Ortenau, das in Renchen ein neues ambulantes Wohnprojekt plant.
02.11.2024
Diesjährige Benefizaktion startet
Die 29. Weihnachtsaktion der "Mittelbadischen Presse" ist gestartet. Unterstützt werden der Förderkreis der Helme Heine Schule Offenburg und der Elternverein Leben mit Behinderung Ortenau.
Zwei der durchsuchten Wohnungen befinden sich im Ortenaukreis. 
31.10.2024
Ortenau
Hunderte Speichermedien hat die Polizei bei 28 Tatverdächtigen gefunden. Auch im Ortenaukreis. Der älteste Tatverdächtige sei 75 Jahre alt.
Beim Prozess um die Geiselnahme und Vergewaltigung in Steinach sagte die rechtsmedizinische Gutacherin aus.
31.10.2024
Ortenau
Eine Rechtsmedizinerin gab beim Geiselnahme-Prozess mit mutmaßlichem Missbrauch durch einen 23-Jährigen die Ergebnisse ihrer Untersuchung bekannt und ordnete diese ein.
Konrad Schneider wurde bei dem mutmaßlich islamistisch motivierten Angriff am 31. Mai in Mannheim schwer verletzt.
31.10.2024
Ortenau
Beim Messerangriff im Mai in Mannheim wird der Polizist Rouven Laur getötet – Konrad Schneider schwer verletzt. Bis heute kämpft der Zell am Harmersbacher mit den Folgen der Terrorattacke.
„Das Potential dieses Motors wurde nie richtig genutzt“, sagt Thomas Vogt über den Wankel-Motor, der seinen Mazda RX-7 FB antreibt.
30.10.2024
Ortenau
Mehr als Felgen, Fahrwerk, Farbe: In der Serie "Mein Auto und ich" stellen wir Menschen und ihre besondere Beziehung zu Autos vor. Folge 12: Thomas Vogt aus Kehl-Goldscheuer besitzt seit 40 Jahren einen Mazda RX-7 FB, der einen Wankel-Motor unter der Haube hat.
29.10.2024
Ortenau
Rosemarie Kienzler (61) aus Friesenheim-Oberweier begleitet seit 18 Jahren trauernde Menschen. Im Interview erzählt sie, warum Männer anders trauern als Frauen und warum der Verlust unser täglicher Begleiter ist.
Ein Kapuzineraffe wie dieser hier wurde dieses Jahr vom Veterinäramt in Einzelhaltung vorgefunden, obwohl sie als hochsozial eingestuft werden. 
29.10.2024
Ortenau
Einmal am Tag wird in der Ortenau ein Tierschutzverstoß gemeldet. Amtstierärzte gehen der Sache dann bei Hausbesuchen auf den Grund. Dabei kann es zu Drohungen und Übergriffen kommen.
Um seiner schwangeren Tochter zu helfen, hat Herbert Maier mit ihr Kinder-, Eltern- und Bürgergeld beantragt – und ist dabei an einem Dschungel aus bürokratischen Hürden beinahe gescheitert. 
29.10.2024
Ortenau
Herbert Maier ist frustriert. Seit Monaten kämpfen er und seine 16-jährige Tochter, die im April selbst Mutter wurde, um Sozialleistungen. Doch die Bürokratie macht ihnen das Leben schwer.
Viele Besucher des Europa-Parks reisen mit dem Auto an. Jetzt will der Freizeitpark mehr Parkmöglichkeiten für sie schaffen.
29.10.2024
Parkhaus mit sieben Ebenen hinter dem Camp-Resort
Weil sehr viele Besucher des Europa-Parks individuell mit dem Auto anreisen, wächst der Bedarf an Parkfläche. Für ein neues Parkhaus hinter dem Camp-Resort liegt jetzt ein Bauantrag vor. Eine Bebauungsplanänderung wird für das Projekt wohl nicht notwendig.
Sparen für den Führerschein oder eine Spielekonsole: Kinder und Jugendliche haben noch immer gern konkrete Sparziele. Doch auch langfristiges Denken gewinnt an Bedeutung: Jugendliche fragen sich schon früh, ob sie sich später Wohneigentum oder eine sorgenfreie Rente ermöglichen können.
29.10.2024
Ortenau
Der Landessparkassenpräsident rechnet nicht mit einer neuen Nullzinsphase. Sorge bereitet ihm aber, dass 13 Prozent der Menschen gar nichts zur Seite legen können.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • Das Team der Schreinerei Ferdinand Lehmann arbeitet an modernsten Maschinen und stellt ein. Gesucht wird ein Schreinermeister oder Holzbautechniker.  
    01.11.2024
    Schreinerei Ferdinand Lehmann verstärkt das Team
    Plameco-Spanndecken, Möbel nach Maß, Küchen, Fenster oder Türen aus Schreinerhand: Die Schreinerei Ferdinand Lehmann in Zell a. H. steuert mit einem großen Portfolio und vielen Plänen in die Zukunft. Im ersten Schritt soll das Team um einen Holzprofi wachsen.
  • Zieht viele Besucher an: Die Afterwork-Partys im Offenburger LIBERTY Hotel sind beliebt.
    30.10.2024
    7. November: XXL-Afterwork – Season-Closing
    LIBERTY und reiff medien laden am 7. November zur LIBERTY XXL-Afterwork-Party ein! Freu dich auf herausragende Weine, tolle Cocktails, ein einzigartiges Ambiente und beste musikalische Unterhaltung – die ideale Gelegenheit für entspannten Feierabend-Businessaustausch.
  • Richard Schuler (links) ist Bank- und Finanzfachwirt (FH) und verfügt über 40 Jahre Kapitalmarkterfahrung. Samuel Kärcher, Betriebswirt (FH) und SRI Advisor (EBS), war vor der Gründung des gemeinsamen Unternehmens als Portfoliomanager und Kapitalmarktanalyst tätig.
    29.10.2024
    Kärcher & Schuler Capital Management GmbH erkennt Potenziale
    Unabhängigkeit von Staat, Kunden, Arbeitgeber – finanzielle Freiheit ist die Basis für ein selbstbestimmtes Leben. Die Finanzexperten der Kärcher & Schuler Capital Management GmbH wissen, wie sie gelingen kann.
  • Geschäftsführer Sebastian Hildbrand: "Wir sind ein bodenständiges Kinzigtäler Unternehmen und fühlen uns der Region stark verbunden."
    22.10.2024
    Mit der Kienzler Stadtmobiliar GmbH immer flexibel
    Die in Hausach ansässige Kienzler Stadtmobiliar GmbH entwickelt moderne Infrastrukturlösungen für Bus- und Bahnlinien sowie Fahrradparksysteme.