Benefizaktion "Leser helfen"

"Die Chemotherapie hat zwei Jahre gedauert"

red
Lesezeit 5 Minuten
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21. Dezember 2019
„Ich habe meine Freunde vermisst“: Der damals fünfjährige Vincent ist im Herbst 2017 an Leukämie erkrankt. Hier sitzt er im Bistro des Elternhauses.

„Ich habe meine Freunde vermisst“: Der damals fünfjährige Vincent ist im Herbst 2017 an Leukämie erkrankt. Hier sitzt er im Bistro des Elternhauses. ©Förderverein für krebskranke Kinder

Deutschlandweit erkranken jährlich rund 550 Kinder an Leukämie. Vincent Hof aus Offenburg ist einer von ihnen. Der heute Achtjährige hat mit uns über die Zeit seiner Krankheit gesprochen.

Erinnerst du dich noch an den Tag, als du erfahren hast, dass du krank bist?

Vincent Hof: Ja, das war an meinem dritten Schultag. Ich war so schwach, und meine Lehrerin und meine Eltern fanden, dass ich blass bin. Also sind wir zum Kinderarzt gefahren. Er hat mir Blut abgenommen, weil er dachte, dass ich zu wenig Eisen habe. 

Hat er gleich gesagt, dass du Leukämie hast?

Vincent: Nein. Er ist am nächsten Tag zu uns nach Hause gekommen und hat uns in die Kinderklinik nach Freiburg geschickt, obwohl es schon spät am Abend war. Er sagte, wir sollen nicht bis zum nächsten Tag warten. Also sind wir alle gefahren, meine Eltern, meine Brüder und ich.

Musstest du direkt im Krankenhaus bleiben?

Vincent: Ja. Sie haben uns auf die Krebsstation gebracht und meine Mama hat eine Liege neben meinem Bett bekommen. Ich wusste gar nicht, was los ist. Wir mussten flüstern, weil das andere Kind im Zimmer schon geschlafen hat. Ich habe dann mitten in der Nacht Bluttransfusionen bekommen.

Wann hast du erfahren, dass du länger im Krankenhaus bleiben musst?

Vincent: Am nächsten Tag. Da hat der Arzt mit meinen Eltern gesprochen. Und sie haben mir erklärt, dass mein Blut krank ist. Dass da böse Zellen sind, die sich ausbreiten. Es war September. Sie haben gesagt, dass ich im Frühling oder Sommer wieder gesund sein werde.

Musstest du so lange im Krankenhaus bleiben?

Vincent: Nicht immer, aber die meiste Zeit. Nach neun Monaten durfte ich aber wieder in die Schule gehen, Freunde treffen, auf den Spielplatz oder ins Schwimmbad gehen.

Warst du im Sommer dann wieder richtig gesund?

Vincent: Nein, die Chemotherapie hat zwei Jahre gedauert. Aber das zweite Jahr war nicht mehr so schlimm, da konnte ich zu Hause sein und fast alles normal machen. Das erste Jahr war viel schlimmer.

Was war denn das Schlimmste?

Vincent: Es ist einfach insgesamt blöd, Krebs zu haben, die vielen Untersuchungen, die Schmerzen und die Langeweile ... Ich habe meine Brüder und meine Freunde vermisst. Und ich habe es vermisst, in die Schule zu gehen oder ganz normale Sachen zu machen, mit zum Einkaufen zu gehen.

Gab es im Krankenhaus auch schöne Momente?

Vincent: Ja. Es war schön, wenn die Clowns kamen oder der Zauberer. Und die Feste waren schön. Einmal kam sogar der Nikolaus. Manchmal haben wir Lieder gesungen mit der Gitarre. Und meine Mama hat mir viel vorgelesen. Es war auch schön, wenn meine Kliniklehrerin kam. Sie hat mit mir Lesen und Schreiben geübt. Aber nur, wenn es mir gut ging. Oft war ich zu schwach.  

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Hast du viel Besuch bekommen?

Vincent: Leider durften nur meine Brüder und Erwachsene zu Besuch kommen.

Wer hat sich daheim um deine Brüder gekümmert?

Vincent: Mein Papa, er hat nur noch ganz wenig gearbeitet. Und meine Mama hat gar nicht mehr gearbeitet, weil sie bei mir war. Meine Großeltern sind dann oft aus der Nähe von Stuttgart nach Offenburg oder Freiburg gekommen.

War deine Mutter immer bei dir im Krankenhaus?

Vincent: Ja, sie hat immer bei mir geschlafen. Und am Wochenende manchmal mein Papa. Dann war meine Mama mit meinen Brüdern im Elternhaus.

Warst du auch manchmal im Elternhaus?

Vincent: Ja, manchmal wurde ich „abgestöpselt“ von den Kabeln und Schläuchen und durfte für zwei Stunden raus. Ich war aber meistens zu schwach, um spazieren zu gehen. Und ich durfte nicht unter Menschen oder auf den Spielplatz. Deshalb waren wir mit dem Rollstuhl im Park oder wir sind ins Elternhaus gegangen.

Was hast du im Elternhaus dann gemacht?

Vincent: Ich habe mich auf dem Bett ausgeruht oder Lego gespielt. Da war es immer so gemütlich. Mein kleiner Bruder war erst zwei Jahre alt und hat manchmal auch unter der Woche mit meiner Oma im Elternhaus geschlafen, weil er in unserer Nähe sein wollte. Manchmal haben wir dort gekocht. Denn wegen der Medikamente hatte ich oft gar keine Lust auf das Krankenhausessen. 

Hast du eine ganz bestimmte Erinnerung ans Elternhaus?

Vincent: Mein Papa hat mir dort am Anfang meine Haare ganz kurz abrasiert, weil sie angefangen haben auszufallen. Und meinen 6. Geburtstag haben wir da gefeiert. Ich durfte ausnahmsweise für eine Stunde ins Elternhaus, obwohl ich eine Lungenentzündung hatte und isoliert sein musste. Meine Großeltern waren da, meine Familie und Freunde von uns. Sie haben den Gemeinschaftsraum für mich geschmückt und es gab Geschenke und eine Pfannkuchentorte wie bei „Petterson und Findus“. Aber ich konnte nichts essen, weil mir so schlecht war.

Waren deine Eltern tagsüber oft im Elternhaus?

Vincent: Ganz am Anfang nicht, mir ging es so schlecht und ich hatte ein bisschen Angst, alleine zu bleiben. Aber als ich mich ans Krankenhaus gewöhnt hatte, ist meine Mama morgens zum Duschen, Wäschewaschen oder Frühstücken rübergegangen. 

Als du wieder zu Hause warst: Wie oft musstet ihr noch nach Freiburg fahren?

Vincent: Ich hatte Glück, weil ich manche Chemos in Offenburg bekommen konnte. Sonst hätten wir jeden Tag nach Freiburg fahren müssen. Im zweiten Jahr musste ich noch alle zwei Wochen nach Freiburg und jetzt nur noch alle sechs Wochen zur Nachsorge. In drei Jahren bin ich richtig geheilt, aber mir geht es jetzt schon gut.

Info

Wohnortnahe Versorgung

Das Projekt „Kinderonkologie im badischen Raum“ („KOBRA“) wurde von Professor Niemeyer, Ärztliche Direktorin der Uni-Kinderklinik Freiburg, ins Leben gerufen. Es ermöglicht die wohnortnahe Versorgung von krebskranken Kindern in elf Kliniken zwischen Freiburg, Singen und Karlsruhe. Dank regelmäßiger Fortbildungen für Ärzte der lokalen Kliniken können ambulante Kontrolluntersuchungen wohnortnah statt wie zuvor nur in den spezialisierten Zentren stattfinden.  

Der Förderverein für krebskranke Kinder in Freiburg stellt für die Fortbildungen kostenlos Räume zur Verfügung und übernimmt anfallende Personalkosten.

Hintergrund

Neues Elternhaus

Der Förderverein für krebskranke Kinder in Freiburg plant in unmittelbarer Nähe zur neuen Kinderklinik ein neues Elternhaus. Dieses muss zu hundert Prozent aus Spenden finanziert werden. Die Benefizaktion „Leser helfen“ der Mittelbadischen Presse sammelt für das neue Elternhaus.

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