Landrat für Lockerungen

Die Kapazitäten des Ortenau-Klinikums reichen wohl aus

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22. April 2020

Das Kreisgesundheitsamt versucht durch Teste Mitarbeiter und Bewohner von Pflegeheimen vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu schützen. ©Iris Rothe

Landrat Frank Scherer und Klinikchef Christian Keller haben sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz überzeugt gezeigt, dass die Kapazitäten des Ortenau-Klinikums für die Behandlung von Corona-Patienten ausreichen werden. Scherer sprach sich darüberhinaus für weitere Lockerungen aus. 

In einer Pressekonferenz haben Landrat Frank Scherer, Klinikgeschäftsführer Christian Keller, Evelyn Bressau, die Leiterin des Kreisgesundheitsamts, Reinhard Kirr, beim Landratsamt Dezernent für Sicherheit und Ordnung und Doris Reinhardt, Hausärztin und Vertreterin der kassenärztlichen Vereinigung über den Stand der Corona-Pandemie in der Ortenau informiert. Die Mittelbadische Presse hat die wichtigsten Punkte zusammengefasst.

Mögliche Lockerungen: 

Angesichts immer weniger Personen, die positiv auf das Coronavirus getestet werden, hält Scherer „Lockerungen der Maßnahmen im Ortenaukreis für gerechtfertigt“. Der Landrat glaubt, dass auch in Restaurants und Gaststätten mit entsprechenden Hygiene-Maßnahmen ein Betrieb bald wieder möglich sei. „Wenn das in Boutiquen geht, dann dort auch.“

Die Kapazitäten des Ortenau-Klinikums: 

Das Ortenau-Klinikum hat die Zahl seiner Beatmungsplätze von 39 auf zwischenzeitlich 120 erhöht. Das hat sich offensichtlich ausgezahlt. „Das Klinikum ist nie an seine Belastungsgrenze gekommen. Und wenn es so weitergeht, werden wird auch nicht dorthin kommen“, sagte Landrat Frank Scherer. Zu Beginn der Krise hatte es zunächst geheißen, die Kapazitätsgrenze des Klinikums könnte an Ostern, später dann Ende April erreicht sein. Klinikchef Christian Keller betonte aber auch: „Mit normaler Kapazität hätten wir die aktuelle Situation nicht bewältigt. Es war daher gut, mehr Intensivplätze einzurichten. Das Thema wird uns aber immer wieder beschäftigen, wir rechnen im Laufe der nächsten Monate mit einer zweiten und dritten Infektionswelle.“

Wie es am Klinikum weitergeht: 

Momentan ist am Ortenau-Klinikum alles auf die Versorgung von Covid-19-Patienten ausgerichtet. Alle planbaren Operationen wurden auf unbestimmte Zeit verschoben. Klinikchef Christian Keller hat jetzt laut dem Landrat Maßnahmen zum Hochfahren der Klinik ergriffen. Voraussetzung sei, dass weiterhin 30 Prozent der Beatmungskapazitäten für Corona-Patienten freigehalten werden. Keller will deshalb deutlich mehr als die ursprünglich 39 Beatmungsplätze aufrechterhalten. Die Klinik müsse jederzeit die Möglichkeit haben, ihre Kapazität wieder auf die momentan vorhandenen 120 Beatmungsplätze hochzufahren. 

Sorgen bereitet Keller aktuell, dass  immer noch deutlich weniger Menschen als zu normalen Zeiten die Notaufnahmen aufsuchen. Wer in die Klinik kommt, sei deutlich besser geschützt als woanders, so der Geschäftsführer. Man solle nicht aus Angst vor einer Erkrankung das Krankenhaus meiden, insbesondere bei Notfällen. „Wir können es sauber trennen.“ Der Besuchsverkehr wird aber weiterhin stark eingeschränkt bleiben. „Da müssen wir uns an landes- und bundespolitische Vorgaben halten.“ 

Die aktuelle Strategie:

„Es ist eine erfreuliche Entwicklung. Die Zahl der Neuinfektionen geht zurück, wir können wieder zurück an den Anfang zur Containment-Strategie. Das heißt, wir verfolgen Kontaktketten zurück und können auch wieder Erkrankte außerhalb systemrelevanter Berufe testen“, machte Bressau deutlich. Dazu gehören in erster Linie Kontaktpersonen von Infizierten. Der Fokus liege aber nach wie vor auf dem Schutz von Mitarbeitern und Bewohnern von Pflegeheimen. 

Die Unterschiede zur Grippewelle 2018: 

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Evelyn Bressau, die Leiterin des Kreisgesundheitsamts, hat Sterbezahlen in der Ortenau aus den vergangenen beiden Jahren mit den aktuellen verglichen. Im März 2018 sind während der Grippe-Welle insgesamt 500 Menschen in der Ortenau gestorben, 2019 waren es 472, dieses Jahr nur 432. „Wir haben also weniger Tote in diesem März zu beklagen“, so Bressau. Außerdem könne man sagen, dass die meisten Menschen mit aber nicht an dem Virus gestorben seien. 

In ganz Deutschland starben 2018 über 20 000 Menschen an der Grippewelle. Momentan geht das Robert-Koch-Institut für Deutschland von 4598 Todesopfern im Zusammenhang mit Covid-19 aus. Sie habe sich auch schon gefragt, wieso damals nicht schon ähnlich weitreichende Maßnahmen ergriffen worden seien, gab die Medizinerin auf eine entsprechend Nachfrage zu. Die Grippewelle damals sei anders aufbereitet worden und nicht so an die Öffentlichkeit gekommen, nannte sie als einen der Gründe. Bei der Corona-Krise habe es dagegen dramatische Bilder aus anderen Ländern gegeben. 

Sie wies aber auch einen großen Unterschied zu einer normalen Grippewelle hin: Bei der sei klar, dass sie irgendwann auch wieder aufhöre. „Bei der Corona-Pandemie wissen wir dagegen, dass wir nichts wissen“. Drastischer formulierte es der Klinikchef: „Dieses Virus ist ein Miststück.“ Das Virus sei sehr schlecht einzuschätzen. Der Zustand von Patienten könne sich in sehr kurzer Zeit verschlechtern.

Die Versorgung mit Schutzkleidung:

Die Lage war anfangs unübersichtlich, „es gab im Grunde gar nichts“, erläuterte Reinhard Kirr, beim Landratsamt Dezernent für Sicherheit und Ordnung. Man habe daher eigene Versorgungsstrukturen aufgebaut. Das Klinikum beschafft Material selbst, ebenso sind die niedergelassenen Ärzte versorgt. Die weiteren Bedarfsgruppen werden vom Landratsamt versorgt. Dafür wurden Kontakte nach China ausgebaut, Unterstützung komme auch von Unternehmen und den Großen Kreisstädten wie Offenburg. Inzwischen konnten unter anderem mehrere Millionen Atemschutzmasken beschafft werden. Noch sind nicht alle Lieferungen angekommen, aber auf dem Weg, sagt Kirr.

Die Testkapazitäten in Südbaden:

Über 200 Ortenauer können momentan laut Bressau täglich getestet werden. Das sei weniger als in anderen Regionen. Scherer forderte deshalb die Landesregierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Laborkapazitäten landesweit gleichmäßig verteilt werden. 

Die Hausärztin Doris Reinhardt hat nicht die Erfahrung gemacht, dass man mangels Kapazitäten nicht testen kann. Scherer berichtete dagegen von Pflegeheimen, deren Leiter bei ihm anrufen und auf Tests drängen. Diesem Eindruck widersprach Reinhardt. Sie verwies auf ein Pflegeheim, in dem erst am Wochenende 50 Pfleger und Bewohner getestet worden seien. Bressau hingegen berichtete von Laboren, die Probleme haben, ausreichend Labormaterial zu beschaffen. 

Die mit 76 landesweit höchste Zahl von Toten im Zusammenhang mit dem Coronavirus:

Auf 100 000 Bewohner gerechnet liegt der Ortenaukreis bei den Todesfällen in Baden-Württemberg an zehnter Stelle, sagte Bressau. Man habe sich laut der Medizinerin früh auf die älteren Patienten bei den Erkrankten konzentriert und diese vorrangig getestet. Bei jungen Menschen sei hingegen teilweise bewusst auf einen Test verzichtet worden. So erklärt man sich die höhere Zahl an Todesfällen im Vergleich zu anderen Landkreisen und Großstädten. 

Die Forderungen nach einer Gratifikation für die Mitarbeiter des Ortenau-Klinikums: 

Landrat Frank Scherer hat am vergangenen Freitag die Corona-Station des Ortenau-Klinikums in Lahr besichtigt. Die Rahmenbedingungen seien schwierig, vor allem was die Betreuung der Patienten angeht. Psychisch und aufgrund der Schutzkleidung sei die Arbeit „äußerst anspruchsvoll“. Er wünscht sich deshalb auch eine finanzielle Anerkennung für das Personal. Der Klinik-Ausschuss werde sich am 28. April mit dem Thema Corona-Zulagen beschäftigen. Wie hoch diese ausfallen sollen ,wollte er aber noch nicht sagen.

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