Die Mitarbeiter des Ortenau-Klinikums sind verunsichert
Das Ortenau-Klinikum befindet sich im Umbruch. Die Mittelbadische Presse hat die Mitarbeiter gefragt, wie sie damit umgehen. Die Reaktionen schwanken zwischen Angst und Erleichterung.
Noch hat der Kreistag nichts beschlossen. Es müsste aber schon mit dem Teufel zugehen, wenn das Ortenau-Klinikum und damit auch viele seiner über 5000 Mitarbeiter nicht vor tiefgreifenden Veränderungen stehen werden. Kurzfristig sollen alle neun Standorte, wenn auch mit teils deutlich reduziertem Angebot, erhalten werden. Langfristig könnte es aber nur drei oder vier Standorte geben.
Nicht überrascht
Einer unserer Gesprächspartner ist Arzt am Standort Kehl. Ihn hat die Entwicklung nicht überrascht. Schon Anfang des Jahres hat Klinikum-Geschäftsführer Christian Keller ihm zufolge bei einer Personalversammlung strukturelle Veränderung für Kehl angekündigt. Der Geschäftsführer bestätigt die Aussage insofern, als er auf Nachfrage dieser Zeitung durch seinen Sprecher mitteilen lässt, er sei nach der Übernahme seines Amtes zur Überzeugung gelangt, dass das Klinikum zur Sicherung seiner Zukunft organisatorische und strukturelle Änderungen angehen muss. Das habe er gegenüber den Mitarbeitern auch stets so kommuniziert.
Jetzt herrscht Erleichterung
Anfang Mai wurden die Pläne für die neue Struktur des Klinikums dann öffentlich. »Danach waren die Leute dann sehr verunsichert«, erinnert sich unser Informant. Mittlerweile ist dieses Gefühl aber in Teilen der Belegschaft der Erleichterung gewichen. Die Orthopädie soll von Gengenbach nach Kehl verlagert werden. »Darüber sind wir froh.«
Trotzdem überwiege die Skepsis. Die Mitarbeiter seien zu oft von der Klinikleitung enttäuscht worden. »Ein Großteil der Ärzte sucht sich etwas Neues«, hat er von seinen Kollegen erfahren.
Reformen sind Gesprächsthema
Ein Mitarbeiter aus Offenburg, der namentlich nicht genannt werden will, sagt, dass die Zukunft des Klinikums Gesprächsthema in den Pausen ist. In einer der vergangenen Teambesprechungen sei die Pflegedirektorin dazugekommen. »Sie hat versucht, uns die Angst vor einem Jobverlust zu nehmen«, erzählt der Mitarbeiter aus Offenburg. In den kommenden drei bis vier Jahren werde ohnehin nichts passieren, eventuell in 15 bis 20 Jahren, soll die Pflegedirektorin gesagt haben.
Klinikum-Geschäftsführer Keller betont derweil noch einmal, dass sich die Mitarbeiter keine Sorgen um ihre Jobs zu machen brauchen. Das Klinikum werde in den kommenden Jahren eher mehr Personal benötigen.
Ältere mit Sorgen
Offenkundig nicht beruhigt haben Aussagen wie diese eine Pflegekraft aus Oberkirch. Jeder habe Angst, seinen Arbeitsplatz zu verlieren oder irgendwo neu anfangen zu müssen. Die Jobgarantie, die seitens der Klinik-Führung ausgesprochen worden war, habe die Lage nicht beruhigt. Vor allem ältere Mitarbeiter, die schon lange in Oberkirch arbeiten, hätten Angst vor einer Veränderung. Die Mitarbeiterin erzählte unserer Zeitung von einer Kollegin, die seit Jahren zu Fuß zur Arbeit läuft. Bei einem Arbeitsplatzwechsel, so befürchte die Kollegin, sei sie auf ein Auto angewiesen.
Keller vorsichtig
Zu diesem Thema äußert sich Keller vorsichtig. Er verweist darauf, dass der Kreistag über die Klinikreform erst am 25. Juli abstimmen wird. »In welchem Umfang die Standorte neu strukturiert oder zusammengelegt werden und damit Arbeitsplatzwechsel notwendig machen, müssen die weiteren Beratungen zeigen«, so Keller.
Der Arzt aus Kehl rechnet als Konsequenz der Reformen mit einer steigenden Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter des Klinikums. In ihrem Strategiepapier, die sie für das Klinikum entwickelt hat, geht die Beratungsgesellschaft CMK von einem jährlichen »Optimierungspotenzial« von zwei bis vier Millionen Euro aus. Keller will das unter anderem durch die Optimierung der Organisation sowie von Arbeitsabläufen erreichen. Außerdem setzt er auf Zentralisierung und Spezialisierung.
Die Entscheidung fällt bald
Der Kreistag berät in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause am 25. Juli über das Modell »Landrat«, das den Erhalt aller neun Klinikstandorte in den nächsten Jahren vorsieht. Ettenheim und Oberkich wären dann nur noch Portalkliniken. Gegenbach würde mit der Orthopädie eine seiner wichtigsten Abteilungen nach Kehl verlieren.
Möglichst bald soll das Gremium dann auch über die langfristige Struktur des Klinikums beraten. Die Geschäftsführung um Christian Keller hat deshalb vom Krankenhausausschuss den Auftrag erhalten, Vor- und Nachteile von drei, vier und neun Standorten zu erarbeiten.