Eine junge Frau berichtet: „Mein Herzfehler ist ein Teil von mir“
Mit einem angeborenen Herzfehler lebt Rebecca Huth. Die junge Frau aus Emmendingen hat einen besonderen Bezug zur Elterninitiative „Herzklopfen“, die nun die Wohnmöglichkeiten für Familien erweitern möchte. Die Benefizaktion Aktion „Leser helfen“ der Mittelbadischen Presse soll bei der Finanzierung mithelfen. Das ehrgeizige Ziel: ein sechsstelliger Betrag.
Rebecca Huth leidet an einer Fallot’schen Tetralogie. „Das ist ein angeborener Herzfehler, der vier – deshalb tetra – Defekte am Herzen besitzt: Ventrikelseptumsdefekt, Einengung der rechtsventrikulären Ausflussbahn, „reitende“ Aorta und Rechtsherzhypertrophie“, erklärt sie.
Zwei Mal wurde Rebecca Huth in der Uniklinik Freiburg am offenen Herzen operiert. Im Alter von zehn Monaten, als eine „Korrektur-OP“ durchgeführt, und mit zehn Jahren, als ihre Pulmonalklappe durch eine Rinderherzklappe ersetzt wurde. „Mein Herzfehler ist ein Teil von mir, ich kenne kein „normales Leben“, sagt sie.
Vor ihrer zweiten Operation sei sie sehr oft krank und müde gewesen, auch ihre Leistung war sehr stark eingeschränkt. „Nach meiner Operation hat sich das zwar kurzfristig verbessert, allerdings kämpfe ich mit fortschreitendem Alter wieder mit genau denselben Problemen“, sagt die 24-Jährige. Grund hierfür sei, dass „ihre“ Rinderherzklappe immer undichter werde und in Zukunft auch ersetzt werden müsse. Trotzdem habe sie Glück gehabt. Eine tierische Klappe würde etwa zehn Jahre halten, hieß es damals. „Meine arbeitet jetzt seit 14 Jahren für mich und hat mit mir meine Endokarditis durchgestanden.“
2016 musste sie wegen dieser bakteriellen Entzündung der Herzinnenhaut vier Wochen stationär aufgenommen und intravenös mit Antibiotikum behandelt werden. „Die Bakterien können sich besser am toten Gewebe einer eingesetzten Herzklappe ansammeln, als an gesunden Herzen“, erklärt sie. Bei ihr schlug die Therapie sofort an. Auch wenn die Endokarditis heute nicht mehr direkt ihren Körper tangieren würde, habe sich die Leistung ihrer Herzklappe dadurch verschlechtert, zudem ihr Allgemeinzustand und ihre Leistungsfähigkeit.
Das kleine Sorgenkind
„Mein Herzfehler hat viele Menschen in meinem Umfeld direkt oder indirekt beeinflusst. Meine Familie wahrscheinlich am meisten.“ Sie kam als vierte Tochter zur Welt und sei immer „das kleine Sorgenkind“ gewesen. „Ich frage mich mittlerweile oft, wie es für meine Schwestern gewesen sein muss. Sie haben oft viel eingesteckt, vermutlich mehr als sie heute zugeben würden. Vergleicht man sie mit anderen, war ihre Kindheit, angekoppelt an meine, nicht so sorglos“, blickt Rebecca Huth zurück. Viele ihrer Freunde kennt sie seit ihrer Kindheit. „Ich hatte nie Probleme, offen mit meiner Krankheit umzugehen.“ Alle hätten Verständnis gehabt und geholfen, so gut es ging. „Ich wurde nie alleine zurückgelassen und es wurde immer sehr viel Rücksicht auf mich genommen.“
Problematischer wurde es, nachdem sie 2019 für ihr Umweltbiowissenschafts-Studium nach Trier zog. „Ich ging regelmäßig zu meinen Kontrollen und sprach mit meinen Ärzten offen über Probleme wie Müdigkeit und Konzentrationsschwäche. Allerdings wird man als junger, chronisch kranker Mensch oft nicht wirklich ernst genommen“, bedauert sie. So kam es meistens vor, dass die Arztberichte blumiger und positiver ausgeschmückt gewesen seien, als es der Realität entspräche. Ein Schwerbehindertenausweis sei ihr deshalb nach ihrem 18. Geburtstag verwehrt worden.
Auch in der Freizeit habe sie Probleme, da Gruppenaktivitäten für sie sehr ermüdend sind. „Da ich früh gelernt habe aufzuhören, wenn ich nicht mehr kann und mich ausruhe, ist das für mich in Ordnung. Was mich hier vor allem in den letzten Jahren belastet hat, ist, dass junge Erwachsene nicht genug Unterstützung erhalten.“ Umso wichtiger sei deswegen die Initiative „Herzklopfen“ für sie, da sie hier Erfahrungen austauschen, neue Anstöße und Ideen erhalten kann.
Ihre Mutter Petra Huth ist Geschäftsführerin von „Herzklopfen“. Von der Fürsorge der Mutter sei sie „hin und wieder mal genervt“, merkt sie augenzwinkernd an. „Aber im Endeffekt ist und war die Unterstützung meiner Mutter immer eine große Hilfe, für die ich sehr dankbar bin und die ich auch heute noch bei wichtigen Fragen in Anspruch nehme“, betont sie.
Die Elternwohnung von „Herzklopfen“ sei sehr wichtig. Rebecca Huth empfindet es als „großes Geschenk“, dass sogar ganze Familien da wohnen dürfen. Einerseits müssten sich die Eltern so weniger Sorgen um die Kinder zu Hause machen, andererseits könne sie aus eigener Erfahrung sagen, dass es eine fast therapierende Wirkung habe, wenn man seine Geschwister um sich herum hat, da dadurch ein Stückchen Normalität und Heimat direkt bei den kranken Kindern sei.
Aufklärung tut not
Damit eine Krankheit wie ihre nicht stigmatisiert wird, sollte ihrer Meinung nach ein besserer Austausch im Vordergrund stehen. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Menschen, die ich kennen lerne, alle sehr hilfsbereit und verständnisvoll sind, wenn man erklärt, was man genau hat und wo die eigenen Grenzen liegen.“ Schon früh sollten Krankheiten als Gesprächsthema mit aufgenommen werden. „Die meisten wissen einfach oft nicht, wie sie mit Menschen mit Behinderung umgehen sollen, da sie es nie gelernt oder erlebt haben.
Deshalb findet sie auch die Aktion Leser helfen „toll“. Dadurch werden Menschen, die nicht selbst von einer Herzerkrankung im Umfeld oder bei sich betroffen sind, auf das Thema aufmerksam gemacht. „Aufklärung ist sehr wichtig. Gerade was das Elternhaus angeht. Es ist einigen Menschen einfach nicht bewusst, wie notwendig eine Einrichtung wie diese ist. Es wäre sehr traurig, wenn das Elternhaus aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln nicht länger haltbar wäre. Die Aktion ‚Leser helfen‘ ist hierbei eine sehr große Hilfe.“
Ein größeres Elternhaus
Auch viele Ortenauer Familien waren in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten betroffen: Ihre Kinder waren und sind herzkrank, mussten oft mehrfach in der Uniklinik in Freiburg operiert werden und lagen monatelang im Klinikum.
Für den Heilungsprozess enorm wichtig ist die permanente Anwesenheit der Eltern, was die Selbsthilfegruppe „Herzklopfen“ ermöglicht. Aber nur in einer Wohnung und einem Einzelzimmer. Jetzt hat die Elterninitiative die Möglichkeit, ein Haus in der Nähe zu kaufen, um mehr Eltern ein Heim auf Zeit bieten zu können. Und genau dafür sammelt „Leser helfen“ der Mittelbadischen Presse den Grundstock – idealerweise eine sechsstellige Summe.
Spendenkonten und Spender
Volksbank – die Gestalterbank
IBAN DE03 664 900 00 000 2771403
Sparkasse Offenburg/Ortenau
IBAN DE89 664 500 50 0000 530700
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Die Spender:
Wilma Stöckel, Erna Klehenz, Irmgard Bross, Jutta und Helmut Weigel, Elke Sum, Gisela Schilling, Michael u. Ulrike Lehmann, Ulrike u. Karl Bau, Meinrad Hurst, Irmgard Roth, Ingeborg Lockwaldt, Christa Baumann, Josef u. Christina Blümel, Franz u. Gudrun Fritz, Monika u. Kurt Dodzweit, Dieter Borresch, Elisabeth Hug, Emil u. Inge Heizelmann, Christine Wöhrle, Werner u. Ulrike Netter, Klaus Bühler, Maria Fischer, Harald Grampp, Berta Bauer, B. und K. Meier, Karin Kuhlicke, Roswitha Leible, Rudolf u. Lieselotte Schmidt, Monika Streif, Wendelin u. Monika Hug, Siegfried Weiss, Inge Lieser, Rolf u. Michael Litterst, Ulrike Henk, Heidi u. Jochen Herzbach, Eva Haag, Elisabeth Cziollek, Richard u. Hannelore Junke, Erwin u. Claudia Heidt, Herbert u. Angelika Brüderle, Gabriele Herrenleben, Günther u. Waltraud Huber, Ulrich u. Regina Scheer, Johann u. Ilse Schneider, Walter Steinebrunner, Egon u. Ursula Hildenbrand, Rita Dilger, Leonore Fettig, Katja Maier, Markus Zeil, Hans Ringwald.