An Epilepsie erkrankt: So hat die Diakonie Kork Jana Riedl geholfen
Es sind Menschen wie Jana Riedl, für die die Mittelbadische Presse die Spendenaktion „Leser helfen“ ins Leben gerufen hat. Von den Einnahmen profitiert die Diakonie Kork. Das Epilepsiezentrum hat Riedl geholfen, besser mit ihrer Krankheit leben zu können.
„Leser helfen“, die Benefizaktion der Mittelbadischen Presse, unterstützt in diesem Jahr die Arbeit des Epilepsiezentrums der Diakonie in Kehl-Kork. Jana Riedl hat enorm von der Arbeit der Experten dort profitiert. Seit ihrem siebten Lebensjahr weiß die junge Frau, dass sie an Epilepsie erkrankt ist. Bei der heute 25-Jährigen wirkt sich die Krankheit auf besondere Art und Weise aus. Bis zu 40 kleine Absencen, die zwischen 10 und 15 Sekunden dauern, treten täglich auf. „Diese äußern sich, indem ich beispielsweise meine Arme in die Luft hebe“, erklärt die junge Frau. Die sogenannten Myoklonien, bei denen es zu kurzen Muskelzuckungen kommt, würden verstärkt in den morgendlichen Stunden auftreten. „Tagsüber habe ich oftmals einen leeren Blick und bekomme das, was um mich herum geschieht, kaum bis gar nicht mit“, beschreibt sie.
Neben ihrer schweren Erkrankung, die ihren Alltag enorm einschränkt, stand und steht sie immer wieder vor Enttäuschungen im Umgang mit ihren Mitmenschen. Schon in ihrer Kindheit hatte die Krankheit großen Einfluss auf ihr Umfeld. „Ich selbst war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Lage, die Krankheit auch als solche wahrzunehmen“, blickt Jana Riedl zurück. Drei Kinder waren für sie wie Geschwister, „die Schulfreunde waren nur Schein“. Mit dem Bekanntwerden ihrer Krankheit hätten sich auch diese zurückgezogen. Dieses Verhalten sei hauptsächlich von deren Eltern ausgegangen, denn: „Kinder im Grundschulalter wollen alles, was neu ist, ausprobieren und wissen.“
In der weiterführenden Schule gingen die Mobbing-Probleme erst richtig los. Sogar ihre scheinbar beste Freundin aus der Kindergartenzeit habe zu denen gehört, die sie mobbten. Selbst ein Schulwechsel brachte keine Besserung. „Dort meinten dann andere, die Krankheit als gefährlich einzustufen, und der Teufelskreis begann von vorne.“ In der Oberstufe hatte sie das Glück, eine Freundin zu finden, der sie vertrauen konnte.
Leidenschaftlich gern spielte Jana Riedl Volleyball, mit den Vereinskameradinnen sei es immer sehr gut gelaufen. Zudem war sie drei Jahre in einem „Christlichen Verein für Junge Menschen“ (CVJM), „wo aber Mobbing vom Chef her wieder ganz groß geschrieben wurde“.
Längere Aufenthalte
Zwei Mal besuchte sie für längere Aufenthalte das Epilepsiezentrum Kork. „Es gibt keinen Tag, an dem ich nicht an diese schöne Zeit zurückdenke“, schwärmt sie. In der Kinder- und Jugendklinik fand sie „richtige“ Freunde, die ähnliche Probleme hatten. „Zusammen haben wir die Station Berger unsicher gemacht und – wie pubertierende Teenies das halt so tun – allem und jedem widersprochen und auf niemanden gehört“, erinnert sie sich lachend. Im Epilepsiezentrum seien erstmals eine für sie und ihre Eltern lebenswerte Einstellung der Medikamente gefunden worden. „Dies war ein langwieriger und experimenteller Weg.“
Ihre letzten beiden Schuljahre im Antoniushaus Hochheim, eine Schule für Körperbehinderte, in denen Menschen mit und ohne Behinderung unterrichtet werden, seien die besten gewesen. Dort schloss sie ihr Fachabitur mit Schwerpunkt Wirtschaft und Verwaltung ab und absolvierte anschließend ein FSJ in einer Kindertagesstätte und Grundschule. „Genau wie im Studium hatte meine Krankheit einen besonderen Einfluss auf meine Noten, aber ich durfte kennenlernen, dass es Menschen mit Verstand gibt, denen es egal ist, dass ich Epilepsie habe.“ Sie schloss ihr Studium Soziale Arbeit an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden ab. Noch heute stehe sie mit einigen Kommilitonen in Kontakt.
Häufige Anfälle
Ab Dezember wird Jana Riedl in einer Kindertagesstätte in Wiesbaden arbeiten. Vier Monate war sie woanders tätig, bevor ihr noch in der Probezeit, ohne Angabe von Gründen, gekündigt wurde. Sie könne sich aber schon vorstellen, dass es aufgrund ihrer Krankheit war, denn immer wieder seien diesbezüglich Äußerungen gefallen. Die Morgenstunden sind für sie wegen ihrer häufigen Anfälle sehr schwierig und Termine vor 9 Uhr kaum wahrnehmbar. Ständig um 8 Uhr oder früher mit der Arbeit zu beginnen ist auf Dauer nicht möglich.
Die Erfahrungen, die sie und vor allem ihre Eltern in den vergangenen 15 Jahren mit den Ämtern gemacht haben, seien schlimm gewesen. „Da meine Form der Epilepsie dort nicht bekannt war, wurden unsere Anträge auf Bedarfshilfen immer wieder abgelehnt“, berichtet Jana Riedl. Jana Riedl befürchtet, dass es immense Schwierigkeiten geben wird, wenn sie in eine eigene Wohnung ziehen möchte und dann eine Begleitassistenz benötigt.
Es sollte für Menschen mit Behinderung einfacher werden, Hilfen zu beantragen und diese zu bekommen. Sie wünscht sich mobile und flexible Integrationsdienste, die zu bestimmten Zeiten vor Ort sind, Freizeitassistenzen, die ihre Arbeit mit Liebe machen und sie nicht nur als Job ansehen, Haushalts- und Alltagshilfen, die entsprechend ihrer Arbeit bezahlt werden und nicht mit 6,50 Euro in der Stunde abgestempelt werden, verschiedene Fördermaßnahmen, vor allem körperliche, die einfach und nach Bedarf genutzt werden können und die Bereitstellung von Geldern für eben diese Dienstleistungen.
Keine glückliche Kindheit
Eine glückliche Kindheit, was ihre Krankheit betrifft, hatte Jana Riedl „definitiv nicht“. „Von meiner Seite aus hab ich die Epilepsie nicht vererbt“, hieß es im Familienkreis. Ihre Eltern habe die Krankheit kaputt gemacht. „Der zusätzliche Druck, trotzdem perfekt zu sein und mir eine schöne Kindheit zu geben, war extrem belastend für sie.“ Ihre Behinderung wird Jana Riedl auf den ersten Blick nicht angesehen. „Das ist mit ein Grund, weshalb ich oft als gesunde Kategorie abgestempelt werde.“
Um dem entgegenzuwirken, wegen einer Krankheit stigmatisiert zu werden, sollte man ihrer Meinung nach klein anfangen. „Mit Freunden sprechen, sie aufklären, in der Schule Referate halten, Thementage machen“, zählt sie auf. Zudem könnten an Epilepsie erkrankte Prominente, wie beispielsweise Zoe Wees, befragt sowie mehr Fernsehsendungen, Dokumentationen oder Reportagen zu diesem Thema gebracht oder in mehreren Zeitschriften regelmäßig über tabuisierte Krankheiten berichtet werden
Dafür sammeln wir
◼ für ein neues Therapiepferd für die Hippotherapie,
◼ einen mobilen Snoezelen-Wagen (Snoezelen ist eine Entspannungsmethode aus den Niederlanden),
◼ die erstmalige Anschaffung digitaler Aufklärungsmittel wie Videos für Betroffene und Angehörige
◼ und die Existenzsicherung der einzigen Epilepsieberatungsstelle in Baden-Württemberg.
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