Epilepsieklinik: Hier finden die Kinder Wohlbefinden und Entspannung
„Leser helfen“: Snoezelen leistet einen wichtigen Beitrag bei der Therapie von Epilepsiekranken. Die Epilepsieklinik in Kork für Kinder und Jugendliche benötigt nun einen Snoezelen-Wagen.
Snoezelen ist eine ganz besondere Art, um Wohlbefinden zu erzeugen und sich zu entspannen. Dieses aus den Niederlanden stammende Konzept soll im Epilepsiezentrum Kehl-Kork ausgebaut werden. Die Station Berger in der Epilepsieklinik für Kinder und Jugendliche benötigt einen mobilen Snoezelen-Wagen. Ein Teil des Erlöses aus der Benefizaktion „Leser helfen“ ist dafür gedacht.
Psychologin Marion Kämpf ist auch auf der Station Berger tätig. Mit Heilerziehungspflegerin Dagmar Rahn von der Kruse-Kinderstation erläutert die Psychologin, welchen wichtigen Beitrag eine Snoezelen-Therapie bei epilepsiekranken Menschen leisten kann.
Kuscheln und dösen
„Snoezelen, Ende der 1970er in den Niederlanden entwickelt, ist ein Angebot, das Wohlbefinden erzeugen soll und unter anderem der Verbesserung der Reizverarbeitung und der Entspannung dient“, erklärt Marion Kämpf. Es ist ein Kunstwort, das aus „snuffelen“ (kuscheln) und „doezelen“ (dösen) zusammengesetzt ist. Snoezelen werde meist als Anwendung, als therapeutisches Medium verstanden, das in der medizinischen und medikamentösen und auch in der heilpädagogischen und psychotherapeutischen Behandlung einen wichtigen Platz im Behandlungskonzept einnimmt.
Üblicherweise werde hierfür ein Snoezelen-Raum eingerichtet. „Die Fenster werden abgedeckt, es herrscht gedimmtes Licht, leise Musik oder angenehme Klänge laufen, Lichteffekte werden zum Beispiel durch Lavalampen, Faseroptik-Stränge oder Projektoren erzeugt, und es gibt eine gemütliche Sitz- oder Liegelandschaft. Um das wohlige Raumgefühl zu komplettieren, können Duftlampen eingesetzt werden“, ergänzt Dagmar Rahn.
„Menschen mit Epilepsie leiden häufig an zusätzlichen psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen, die teilweise als Folgeerscheinung der chronischen Epilepsie auftreten“, erklärt die Psychologin. Da könne Snoezelen einen wichtigen Beitrag zur Therapie leisten, indem es zur Entspannung beitrage, angenehme Gefühle wie Freude und Zufriedenheit hervorbringe, die viele schon länger nicht mehr empfunden hätten.
„Auch kann es bei sehr angespannten Patienten zu Beruhigung und Verminderung von Angst führen“, beschreibt Dagmar Rahn und nennt beispielsweise Patienten mit schwerer geistiger Behinderung und jüngere Kinder, die sehr unter dem Krankenhausaufenthalt leiden und wenig Möglichkeiten hätten, um „herunterzufahren“.
Ebenso wirken die Reize des Snoezelens positiv bei körperlichen Beeinträchtigungen wie der Spastik. „Es lösen sich körperliche Verspannungen“, weiß die Heilerziehungspflegerin. Und nicht zuletzt könne es schwer beeinträchtigten Menschen mit Epilepsie dabei helfen, Sinneseindrücke in einer kontrollierten und stressfreien Umgebung zu erleben und zu verarbeiten, was zu einer besseren Lebensqualität beitrage.
„Therapeutisch geht es beim Snoezelen aber nicht nur um Entspannung und das Erlernen von Entspannungsmethoden, sondern auch um Beziehungsaufbau und die Möglichkeit zur Reizverarbeitung“, betont Marion Kämpf. Es sei zudem ein Mittel, um die therapeutische Bindung zum Behandler zu verbessern. Eine entsprechende Ausbildung mit heilpädagogischen Elementen sei dabei sicher sinnvoll. In Berufsausbildungen wie in der Heilerziehungspflege würden Theorie und Praxis von Snoezelen ebenfalls vermittelt, sagt Dagmar Rahn.
Ganz individuell
Die Dauer der Anwendung wird beim Snoezelen ganz unterschiedlich und individuell auf den Patienten und dessen Bedürfnisse angepasst. „Es kann einmalig oder wöchentlich erlebt, auch spontan gemacht werden, wenn man bemerkt, dass ein Patient immer gereizter wird, oder es kann fest eingeplant werden. Alles ist möglich“, spricht die Psychologin aus Erfahrung.
Auf der Station für Grundschulkinder sowie in der Séguin-Klinik für Erwachsene mit schwerer geistiger oder mehrfacher Behinderung gibt es jeweils einen Snoezelen-Raum. „Diese werden sehr viel genutzt“, sagt Rahn. Bislang gebe es aber keine Möglichkeit für die Jugendlichen zu snoezelen. Deshalb soll für die Station Berger ein Snoezelen-Wagen angeschafft werden. „Der Vorteil eines solchen Wagens ist, dass kein zusätzlicher Raum benötigt wird und der Patient snoezelen kann, ohne sein Zimmer, sein Bett oder seinen Rollstuhl verlassen zu müssen. Das ist insbesondere für schwerbehinderte Jugendliche, die oft umstellungserschwert sind, eine große Erleichterung“, erläutert die Psychologin. Organisatorisch sei man mit einem Wagen zudem viel flexibler.
Robust muss er sein
Jeder Wagen kann dabei individuell bestückt werden. „Jedoch sollte man darauf achten, dass Elemente eingebaut werden, die alle Sinne ansprechen, wie etwa eine besondere Lichtquelle, ein CD-Player, etwas zum Fühlen wie ein Vibrationskissen“, zählt die Heilerziehungspflegerin auf. „Er muss beständig und robust, gut zu reinigen und zu desinfizieren sein, damit möglichst viele Patienten möglichst lange etwas davon haben“, sagt Dagmar Rahn. Unbestückt kostet ein Snoezelen-Wagen etwa 5000 Euro. Für das Material werden weitere 5000 Euro benötigt.
Marion Kämpf und Dagmar Rahn
Marion Kämpf ist seit 2009 als Psychologin in der Klinik für Kinder und Jugendliche der Diakonie Kork tätig. Seit 2018 leitet sie den Bereich Psychologie der Kinder-und Jugendklinik.
Heilerziehungspflegerin Dagmar Rahn arbeitet seit 1984 in der Diakonie Kork und seit 1988 in der Kinderklinik auf der Station Kruse des Epilepsiezentrums. Sie ist Übungsleiterin für Rehasport von Menschen mit Behinderung und ADHS.
"Leser helfen" in den sozialen Medien
Folgen Sie unserer diesjährigen Spendenaktion in den sozialen Medien, um über aktuelle Spendenbeiträge und Hintergrundberichte auf dem Laufenden zu bleiben.