Erdbeererzeuger demonstrieren gegen Importware aus Spanien
Rund 50 Erdbeererzeuger machten am Donnerstagmittag beim Netto in Ortenberg auf ihre Situation aufmerksam: Sie verschenkten Erdbeeren, weil der Markt stagniert. Schuld seien ausländische Ware und Preise, die nicht an die Verbraucher weitergegeben werden.
»Das ist einfach nicht fair«, sagt Franz Müller, Präsident des Landesverbandes Erwerbsobstbau Baden-Württemberg. Er unterstützte die Aktion von rund 50 jungen Erdbeerbauern, die am Donnerstagvormittag am Ortseingang von Ortenberg auf ihre Situation aufmerksam machten. Und die ist derzeit dramatisch, so Müller: »Die Verkaufserlöse liegen gleichauf mit den Produktionskosten – und die Preise werden weiter fallen.«
Grund dafür sei, dass die spanischen Erdbeeren wegen kühler Witterung eben jetzt zum Saisonstart in die Supermarktregale drängen und das zu deutlich günstigeren Preisen als die heimische Ware. Müller sagt: »Unsere günstigen Preise werden nicht an den Kunden weitergegeben.«
Händler würden zu teuer verkaufen
Im Großmarkt erlösen die Erdbeerbauern 1,10 Euro für die Schale. »Das deckt gerade noch die Kosten«, so Müller. Allerdings würden die Erdbeeren im Lebensmitteleinzelhandel nach wie vor für 3 Euro verkauft. »Der könnte mit einer Tonnage von 90 Cent zufrieden sein, denn das Produkt dreht sich schnell«, ärgert sich Müller über den Preisaufschlag. Mit zwei oder 2,50 Euro wären die Erdbeeren aus Deutschland konkurrenzfähig gegenüber Importware, ist er überzeugt.
»Wir liefern nämlich, was die Kunden wünschen«, sagt Müller. Neben einer 1a-Qualität und einem guten Geschmack sei das ein unbelastetes Produkt. »Wir führen regelmäßig Rückstandskontrollen durch.«
Mindestlohn hebt den Verkaufspreis
Was die deutschen Erdbeeren allerdings teurer mache als die ausländischen, sei der Mindestlohn. Der gilt seit 2015. »Dadurch können die deutschen Erdbeererzeuger preislich nicht mehr mithalten«, erklärt Patrick Elsner, Pressesprecher des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV). Er zeigte sich aber überzeugt davon, dass der Verbraucher das mitträgt, weil es um die Qualität vor Ort und das Lebensgefühl der Region geht: »Wer gezielt regional einkauft, unterstützt den Erhalt unserer Kulturlandschaft.«
Folglich führten viele Faktoren in diesem Jahr dazu geführt, »dass wir schon den Marktstart nicht richtig hinbekommen haben«, bedauert ein Erzeuger. Die beiden Feiertage werden ihr Übriges tun: Ein Überangebot läuft auf.
Derweil verteilten die Aktionsteilnehmer steigenweise Erdbeeren an die Autofahrer, die den Netto-Parkplatz ansteuerten. Sie berichteten vom stagnierenden Absatz, vom Überhang und baten darum, heimische Erzeugnisse zu unterstützen. Meist erklärten die Leute, dass sie bei den Erdbeeren ohnehin warten, bis die hiesige Ware reif sei
»Erzeuger stehen unter Druck«
Die Situation sie fatal, sagt BLHV-Bezirksgeschäftsführer Stefan Schrempp. Viele Betriebe hätten sich verschuldet, um Tunnel und entsprechende Bewässerungssysteme anzuschaffen. »Aber schon im letzten Jahr waren die Erlöse durch die Frostschäden gering«, sagt er. Ob sie nun ernten oder nicht, »sie bleiben immer auf den Kosten sitzen«. Für Schrempp ist es ein leises Sterben, das begonnen hat: »Die Nachfolger machen maximal noch im Nebenerwerb weiter.« Er findet es wichtig, öffentlich zu machen, »dass die Erzeuger unter Druck sind«.
Schrempp hofft, dass die Verbraucher genau hinschauen: »Alle Welt spricht vom ökologischen Fußabdruck – da kommen die einheimischen Beeren doch genau richtig.«
Edeka begrüßt Fokus aufs Regionale
Christhard Deutscher, Pressesprecher der Edeka Südwest, begrüßt es, dass bei der Aktion der Fokus auf regionale Produkte gelegt werde: »Aber wir gehen fest davon aus, dass wir als einer der größten Vermarkter regionaler Produkte und maßgeblicher Unterstützter der heimischen Erzeuger von der Kritik der Landwirte explizit ausgenommen sind.«
»Wir bezahlen faire Preise.« Allerdings seien die Verhandlungspartner des Unternehmens die Großmärkte. »Was da bei den Erzeugern ankommt, wissen wir nicht.«
Edeka bekennt sich laut Deutscher klar zu »Meine Heimat«: »Sobald der deutsche Markt ausreichende Mengen liefern kann, importieren wir nicht mehr.« Unterstützung für die einheimischen Erzeuger gebe es bei der gemeinsamen Vermarktung. Um den Verkauf regionaler Erdbeeren zu fördern, habe Edeka gleich zu Saisonbeginn mit einer großen Werbeaktion regionale Ware prominent in den wöchentlichen Anzeigen in regionalen Tageszeitungen platziert und damit – anders als der Wettbewerb – flächendeckend geworben. Deutscher sagt: »Die Märkte können seit diesem Zeitpunkt über die Logistikzentren keine Import-Ware mehr beziehen.«