Was Turnen für Uschi Hamerski aus Achern bedeutet

©Regina de Rossi
In unserer Serie „Ortenauer Originale“ porträtieren wir Menschen mit dem gewissen Etwas. Heute (33): Uschi Hamerski aus Achern. Die 74-Jährige ist seit 1949 Mitglied beim TV Achern und vielfältig engagiert – und dabei nach wie vor fit wie ein Turnschuh.
Drei Jahre alt war Uschi Hamerski, als sie in den Turnverein der Stadt Achern aufgenommen wurde. Ein kleines Mädchen an der Hand ihres Vaters, Hermann Schuh. Dieser hatte die erste Frauen-
und Mädchenturngruppe nach dem Krieg gegründet. Ein Turner durch und durch. Und ein Vorbild für seine Töchter, denn neben Uschi Hamerski ist auch ihre Schwester Christel Riehle bis heute aktiv als Übungsleiterin dabei.
„Turnen ist mein Leben“, sagt die rüstige 74-Jährige. Wenn Bewegung wirklich jung hält, ist diese Dame ein Paradebeispiel dafür. Flink und quirlig ist sie geblieben, voller Ideen, Inspiration für Neues und ein Vorbild für Tochter und Enkelinnen. Denn auch hier setzt sich die Familiengeschichte fort. „Meine Tochter Tanja wohnt in Schlins/Vorarlberg. Doch alle 14 Tage steigt sie nach der Arbeit ins Auto und fährt mit den Töchtern Maria, 12 Jahre, und Karla, 9 Jahre, in viereinhalb Stunden nach Achern, um abends ihre Trainingsstunden für die Mädchengymnastikgruppe abzuhalten, die sie seit vielen Jahren betreut!“ Da ist ein gewaltiger Funke übergesprungen, denn zeitgleich gestaltet und pflegt Tanja Marlin, neben ihrer Vorstandstätigkeit, die Homepage des TV 1861 Achern e.V.
Im Haus der Hamerskis ist der Turnverein allgegenwärtig. Alte Schautafeln, Bilder und jede Menge Wimpel von den unterschiedlichsten Turnfesten schmücken allein das Büro. In der Ecke steht, gut verpackt, die alte, bestickte Fahne des Turnvereins. Zum 150-jährigen Bestehen vor zehn Jahren wurde sie entrollt und durfte über einer Jubiläumsfeier wehen, die mit Superlativen aus dem Turnermilieu bis über die Grenzen des Heimatlands hinaus glänzte.
Uschi Hamerski, Turn-Übungsleiterin und im Vorstand des TV Achern
„Wir haben alles, was Rang und Namen hatte, eingeladen, und es war ein einmaliges Erlebnis, wunderbare Darbietungen und ein gelungenes Fest“, sagt Uschi Hamerski mit glänzenden Augen.
Gymnastik war interessanter
Eigentlich hatte Vater Hermann Schuh seine kleine Tochter lieber im Bereich des Geräteturnens gesehen. Stufenbarren und Reck, Schwebebalken und Ringe fanden aber bei seiner Tochter weniger Anklang. „Mich hat die Gymnastik immer am meisten interessiert!“ so die junggebliebene Turnerfrau. 1963 ließ sie sich zur Übungsleiterin in diesem Gebiet ausbilden und gründete die Gymnastikabteilungen im TV Achern. Und dass hier noch Damen aktiv sind, die gar die 90 überschritten haben, spricht für eine perfekte Anleitung der Übungsleiterinnen. „In diesem Jahr gibt es drei Frauen im Verein, die 100 Jahre alt werden.“ Und manche seien dabei sprichwörtlich „fit wie ein Turnschuh“, fügt sie lachend dazu. „Wissen Sie“, wirft ihr Ehemann Rudi Hamerski ein, „es isch nicht nur der Sport, es isch au die G'sellschaft“. Die Zugehörigkeit zu einem Verein, das wüssten die Mitglieder zu schätzen. Und nicht zuletzt lasse sie die Geselligkeit, das Dazugehören bis ins hohe Alter fit bleiben.
Uschi Hamerski und ihr Team tun alles für diesen Verein. Ihr Programm für eine Mitgliedschaft von 0 bis 100 Jahren lässt staunen. Da gibt es die Babys in Bewegung, das Eltern-Kind- und Spielturnen. Geräteturnen, Rhythmische Sportgymnastik, Gymnastik und Tanz und vieles mehr. Natürlich können sich Kinder und Jugendliche in Wettkämpfen messen. Schwimmen und Walken dürfen die Frischluftfanatiker, und ganz stolz ist die 74-Jährige auf ihre Gymwelt.
Das ist eine Marke, die vom Deutschen Turner-Bund eingeführt wurde. Hier werden qualitativ hochwertige Fitness- und Gesundheitssportangebote zusammengefasst. Die Lizenz für Rehasport zu erwerben war ein weiterer Meilenstein im Leben der aktiven Turnerin. Hamerski betreut noch heute eine Wirbelsäulengruppe, die sich zwei Mal im Jahr für zehn Abende trifft. Regelmäßig geht sie zwei Mal die Woche in die städtische Jahnhalle. Am Donnerstag zu den 60 bis 80-Jährigen. Und am Montagabend zu den Frauen zwischen 45 und 75 Jahren – „die hab ich scho betreut, als meine Kinder noch klein ware und ich erst um halb neun aus dem Haus konnt!“
Man darf selbst rechnen wie viele Jahre Gemeinsamkeit hier vorherrschen, und noch immer ist so manchen dieser Montag-/Donnerstagabend heilig. „Aber mir hän au Fraue, die fange erst mit 80 an“, ergänzt sie in ihrem frischen Dialekt. Wer glaubt, dass hier im Stuhlkreis Softbälle hin und her geworfen werden, täuscht sich: „Bei mir gehts uff de Bode.“ Oh, oh denkt man da, doch Uschi Hamerski passt auf ihre Schützlinge auf. „Rote Köpf´ dürfe sie habe, aber keine bleiche Gsichter.“ So viel ehrenamtliches Engagement, 50 Jahre Übungsleiterin im Verein, das wurde 2011 honoriert, als die Stadt Achern Hamerski zur Ehrenamtsträgerin ernannte. Sie wurde vom Deutschen Turnerbund als Repräsentantin dazu auserkoren, von Angela Merkel im Kanzleramt in Berlin als eine von 200 Ehrenamtlichen empfangen zu werden. „Ein einmaliges Erlebnis“, erinnert sie sich allzu gerne an diesen besonderen Tag.
Immer mit der Zeit gegangen
Doch ihr Leben ist und bleibt die Bewegung. Und die am besten mit Musik. Dass sie in ihren Turnerjahren immer mit der Zeit mitgegangen ist, ließ sie nicht nur zahlreiche Qualifikationen erwerben und die Steinbacher Sportschule besuchen. An ihr ging auch der Aerobic-Hype der 1980er-Jahre nicht vorbei. Was Hollywood-Ikone Jane Fonda konnte, das war auch bald im Repertoire von Uschi Hamerski, und nur zu gerne hört man ihr zu, wenn sie von Leggins, Stirnband, Legwarmers und Stulpen in grellen Neonfarben berichtet, um die sie und ihre Mädels bei dieser Popgymnastik nicht herumgekommen sind.
Begeisterte Fasnachterin
Bei so viel Liebe zu Musik und Bewegung bleibt eines nicht aus – die Fasnacht. Was wäre die Narrhalla Achern ohne Uschi Hamerski. Hier ist sie im Elferrat und verantwortlich für die Garden, die von ihrem Vater gegründet wurden. Von 1970 bis 2004 sorgte sie für den Marsch der Garde der Narrhalla und Showeinlagen ihrer Mitglieder aus den Gymnastikgruppen.
2005 übernahm Tochter Tanja zusammen mit den Übungsleiterinnen aus dem TV Achern das Einstudieren der Tänze mit den großen Garden mit 50 Kinder- und Jugendlichen. Die Kinderfasnacht haben Uschi und Rudi Hamerski in Achern zu einer festen Veranstaltung am Fasnachtssonntag gemacht.
Fit und beweglich ist diese Frau geblieben. Ihre Lebensfreude wirkt ansteckend. Ihre Offenheit für Neues lässt zu, dass immer wieder neue Angebote das Programm des Turnvereins bereichern. „Wenn ich nach Pilates oder Feldenkrais gefragt werd, wink ich ab!“, lacht sie. Denn das sei alles mit in ihrem Übungsprogramm dabei, „und de herabschauende Hund usm Yoga, den mache mir scho 100 Johr long.“
Uschi Hamerski
Uschi Hamerski wohnt in Achern. Sie wurde am 26. Juli 1946 geboren, ist verheiratet, hat einen Sohn, eine Tochter und zwei Enkelkinder im Alter von neun und zwölf Jahren. Von Beruf ist sie Verwaltungsangestellte und hat unter anderem bei der Stadtverwaltung Achern im Bereich Stadtkasse, beim Personalmeldeamt und am Gymnasium in Achern gearbeitet. Seit 1949 ist Ursula Hamerski Mitglied im TV Achern und hier gemeinsam mit ihrer Tochter und Irina Huber aus Sasbachwalden in der Vorstandschaft als Dreigestirn aktiv.
25 Jahre lang war Ehemann Rudi Hamerski Vorstand und ist heute Ehrenvorstand. Seit 1970 ist sie Mitglied bei der Narrhalla Achern, von 1999 bis 2010 war sie stellvertretende Gauvorsitzende im Ortenauer Turngau und von 2002 bis 2016 war sie stellvertretende Vorsitzende im Sportausschuss der Stadt Achern.