Hexen als neues Jahresthema
Der Historische Verein für Mittelbaden hat am Dienstag im Gengenbacher »Prälatenturm« seinen 95. Jahresband »Die Ortenau« vorgestellt. Das Schwerpunkt-Thema »Alte und neue Quellen zur Hexenforschung« dürfte diese 634-seitige Vereinszeitschrift populärer machen, ist sich Redaktionsleiter Martin Ruch sicher.
Redaktionsleiter Martin Ruch, Präsident Klaus G. Kaufmann, Geschäftsführer Alexander Vallendor und Pfarrer Christian Würtz, Gastgeber und Mitglied, präsentierten den brandneuen Jahresband.
Zwischen Himmel und Hölle bewegt sich die 95. Auflage dieses Ortenauer Geschichtsbuchs, schließlich wurden »Alte und neue Quellen zur Hexenforschung« als Schwerpunkt-Thema gewählt. Dabei traten neue Erkenntnisse auf, weil die umfangreichen Recherchen auch zu alten Ratsprotokollen führten, die bislang ein Schattendasein führten oder in denen Neues gefunden werden konnte, zum Beispiel in Offenburg und Oppenau. Neben »all den fürchterlichen Sachen im 16. und 17. Jahrhundert«, so Ruch, habe sich ergeben, dass vielerlei Aussagen im Zuge der Hexerei nicht stimmen, »vor allem aber wurde klar, dass viel mehr Männer und Kinder unter den Opfern waren.« Zwischen 20 und 30 Prozent liege die Quote der Kinder und Jugendlichen unter den Opfern der Hexenverfolgung.
22 Autoren kommen im Jahresband zum Schwerpunkt-Thema zu Wort – in unterschiedlichsten Facetten. Manfred Merker schreibt zum Beispiel über »Canidia, ein groteskes Hexengedicht aus der Antike in der Offenburger Humanistenbibliothek«, Weinexperte Winfried Köninger »nicht ganz so ernst«, wie Ruch lächelte, über »Eine Hexe im Bann des Marketings« in den Reben von Kappelrodeck. Manfred Hammes, bekannt als Geschäftsführer der Wirtschaftsregion Ortenau/Offenburg, setzte sich mit »Ursachen und Verfahrensgrundsätzen der Hexenprozesse« auseinander.
Mit Beginn des Dreißigjährigen Krieges wurden die Hexenprozesse, so Hammes, »zu einer wichtigen Einnahmequelle der Prozessbeteiligten, denen Honorare und Prozesskosten, aber auch die konfiszierten Vermögen und Immobilien der Verurteilten zufielen. Hexenkommissare, Folterknechte, Kerkermeister, Theologen, Richter, Henker und Landesherren zogen ihre Vorteile aus den Verfahren.«
»Geheime Post«
Mit dem Dreißigjährigen Krieg hat auch einer der »freien Beiträge von elf Autoren zu tun. Martin Ruch beschreibt die »Geheime Post des Fürsten von Fürstenberg 1647 in das Kinzigtal«, genauer nach Haslach. Der Fürst habe eine Geheimschrift für eine sichere Kommunikation mit Verwalter Simon Fink gewählt, der die Entschlüsselung notiert und so der Nachwelt ein historisches Geschenk beschert habe.
»Stirbt mit dem letzten Zeugen die Erinnerung?« Mit Antworten auf diese Frage beschäftigten sich Florian Hellberg und Tina Schadt mit ihrer Schulklasse als Arbeitsgemeinschaft Jüdischer Friedhof Freistett am Anne-Frank-Gymnasium Rheinau. Diese »jungen Autoren« seien natürlich sehr willkommen, betonte Kaufmann und verwies auf die Möglichkeit, die bisher digitalisiert herausgegebenen Schriften (1910 bis 2009) im Internet unter http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau abrufen zu können.
Geografisch entspreche das Gebiet des Historischen Vereins etwa dem Gebiet der ehemals fränkischen Grafschaft »Mortenowe« von Rastatt bis Ettenheim, von Kehl bis Hornberg und Triberg.
Ab jetzt erhältlich
Für die rund 2800 Mitglieder in 29 Mitgliedsvereinen ist »Die Ortenau« zugleich die Einladung zur Mitgliederversammlung (diesmal am 25. Oktober in Renchen) und im Jahresbeitrag inklusive. Im freien Verkauf ist »Die Ortenau« für 26 Euro im Buchhandel oder in den Geschäftsstellen der Mittelbadischen Presse erhältlich.