Interview zum Valentinstag: Was ist Verliebtsein überhaupt?
Von Schmetterlingen im Bauch und »Glücks-Postboten« im Gehirn: Es ist Valentinstag, der Tag der Verliebten. Die Journalismus-AG hat mit dem Kinder- und Jugendpsychotherapeuten Tobias Braun, der seit zwei Jahren als Berater in der Psychologischen Beratungsstelle Haslach arbeitet, gesprochen und ihn gefragt, was Verliebtsein eigentlich bedeutet und was man bei Liebeskummer tun kann.
Liebe ist ein großes Thema bei Jugendlichen. Wann geht das denn normalerweise los mit dem Verliebtsein?
Tobias Braun: Eigentlich kann man sich schon als Kindergartenkind ein bisschen verlieben. Verliebt sein bedeutet dann vielleicht so etwas wie: »Ich mag dich sehr gerne und verbringe mit dir noch lieber als mit anderen Freunden viel Zeit.« Das Verliebtsein im eigentlichen Sinne beginnt dann in der sogenannten Pubertät, also in der Lebensphase, in der bestimmte Hormone deinen Körper, deine Gefühle, Stimmungen und Interessen stark beeinflussen und verändern. Du fühlst dich zu anderen Mädchen oder Jungs jetzt auch körperlich sehr stark hingezogen. Dies geschieht ungefähr zwischen dem elften und 15. Lebensjahr, wobei Mädchen meistens etwas früher in die Pubertät kommen als Jungs.
Was genau ist Verliebtsein eigentlich?
Braun: Zunächst einmal handelt es sich beim Verliebtsein um ein schönes Gefühl, das allmählich oder auch sehr plötzlich auftreten kann. Du fühlst dich dann sehr stark zu der Person, in die du dich verliebt hast, hingezogen und du willst ganz viel Zeit mit dem Mädchen oder dem Jungen verbringen. Wahrscheinlich findest du die Person sehr attraktiv oder sexy, einfach »umwerfend« eben, weil auch alles, was die Person sagt und macht einfach super-cool ist! Gleichzeitig passieren in deinem Körper viele sehr komplizierte Sachen. In deinem Kopf zum Beispiel werden von einem bestimmten Teil deines Gehirns Botenstoffe losgeschickt, die bei dir das Gefühl von Glück auslösen. Dopamin zum Beispiel ist ein solcher »Glücks-Postbote«.
Was hat es mit den Schmetterlingen im Bauch auf sich?
Braun: Das hat damit zu tun, dass wir Menschen auch im Bauch eine Region haben, die der des Gehirns sehr ähnlich ist. Diese Region »spürt und zeigt« das Verliebtsein auch. Manche Forscher sagen, dass wir Menschen eine Art zweites Gehirn haben, nämlich das Bauchgehirn. Du kannst es zum Beispiel auch am Kribbeln merken, wenn du aufgeregt bist oder dich auf etwas freust.
Kann man mit zwölf schon so empfinden wie mit 20 Jahren?
Braun: Das Ab- oder Zunehmen von Verliebtheit hat mit dem Alter eher weniger zu tun, sondern hängt von vielen anderen Umständen ab. Ob ich zum Beispiel die Freundin oder den Freund eher nach ihren Schwächen beurteile oder die Stärken und sympathischen Seiten schätze, dürfte für das Ausmaß an Verliebtheit entscheidender sein als das Alter. Gleichzeitig fällt auf, dass Jugendliche insgesamt mehr wechselnde Beziehungen haben als Erwachsene, was wohl auch damit zusammenhängt, dass man sich als Jugendlicher generell noch mehr ausprobiert als im Erwachsenenalter. Aber Beziehung ist ja auch etwas anderes als Verliebtsein. Prinzipiell kann man mit zwölf Jahren wohl so empfinden wie mit 20 Jahren, allerdings würde ich davon ausgehen, dass die wenigsten Zwölfjährigen das auch so tun. Denn Teenagern sind ja auch andere Dinge wichtig als 20-Jährigen. Und das ist auch gut so.
Nicht immer werden Gefühle erwidert. Was passiert bei Liebeskummer?
Braun: Vielleicht kann man Liebeskummer als eine starke Form von Traurigkeit bezeichnen. Traurigkeit darüber, dass der Mensch, in den man sich verliebt hat, diese Gefühle nicht wie erhofft erwidert. Auch Wut und Enttäuschung über die Zurückweisung kann Bestandteil von Liebeskummer sein. Vielleicht ist es gut zu wissen, dass Liebeskummer zwar ein total unangenehmes Gefühl ist, andererseits jedoch vor allem ein sehr »gesundes«. Die Traurigkeit hilft uns nämlich oft dabei, wieder glücklich zu werden. Klingt komisch, ist aber so.
Was kann man gegen Liebeskummer machen?
Braun: Liebeskummer kann manchmal die stärksten Kerle »umhauen«. Das ist normal. Liebeskummer geht fast immer weg. Hilfreich dabei kann sein, dass du mit deinem besten Freund oder deiner besten Freundin, oder wenn du willst, auch mit deinen Eltern oder anderen Menschen, denen du vertraust, über deinen Kummer sprichst. Sprechen hilft fast immer mehr, als die Sachen in sich »reinzufressen«. Du kannst auch dafür sorgen, dass du dich weiterhin mit deinen Hobbys und mit schönen Dingen beschäftigst, auch, wenn du vielleicht gar keine Lust dazu hast. Ablenkung kann nämlich auch gut helfen. Und wenn du dich einfach mal ins Bett verkriechen willst, weinst oder schimpfst ist das auch total in Ordnung. Und dann gibt es ja auch noch Menschen wie mich, die vielleicht den einen oder anderen Tipp für dich hätten, wenn dir alles über den Kopf wächst. In eine Beratungsstelle kannst du jederzeit gerne kommen.
Was kann ich tun, wenn eine Freundin Liebeskummer hat?
Braun: Dir Zeit für deine Freundin nehmen, sie ernst nehmen und ihr natürlich zuhören. Du kannst ihr sagen, wie leid dir das für sie tut und sie vielleicht auch fragen, was du für sie tun kannst. Versuche deine Freundin zu trösten. Sage besser nicht, dass das doch alles nicht so schlimm ist! Gehe eher davon aus, dass deine Freundin den Liebeskummer total schlimm findet. Deine Freundin könnte sich andernfalls nicht ernst genommen fühlen.
Ich würde jedem Jugendlichen raten, der seine beste Freundin vermisst, das nicht persönlich zu nehmen.
Meine beste Freundin ist verliebt und hat keine Zeit mehr für mich. Was nun?
Braun: Das ist eine wirklich nervige Angelegenheit und gar nicht mal so selten. Vielleicht warst du ja selbst auch schon mal verliebt und hast deine beste Freundin nicht mehr so oft wie vorher getroffen? Auch hier gilt: Das ist in gewissem Umfang normal, oftmals findet deine beste Freundin oder dein bester Freund nach einiger Zeit des Verliebtseins wieder mehr Zeit für dich. Ich würde jedem Jugendlichen raten, der seine beste Freundin vermisst, das nicht persönlich zu nehmen. Meldet sich die beste Freundin gar nicht mehr, würde ich sie aber, ohne ihr Vorwürfe zu machen, schon darauf ansprechen, um ihr mitzuteilen, dass du das schade findest. Vielleicht ist es der verliebten Person ja gar nicht so aufgefallen, weil sie den Kopf natürlich so voll mit anderen Dingen hatte.
Was mache ich, wenn ich die Freundin meines Freundes nicht leiden kann?
Braun: Auch hier beschreibst du einen Zusammenhang, der ganz schön häufig vorkommt. Stell dir mal vor, es kommt sogar so weit, dass du selbst in die Freundin deines Freundes verliebt warst und jetzt ist ausgerechnet die mit deinem besten Kumpel zusammen. Wie konnte sie sich ausgerechnet an den ranmachen! So eine Enttäuschung! Hier würde ich dazu raten, dich vorerst etwas zurückzunehmen und abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln. Natürlich kannst du aber auch zu deinem Freund gehen und ihm sagen, dass du es mit seiner neuen Freundin aus bestimmten Gründen etwas schwer hast, dich aber umso mehr freuen würdest, wenn eure Freundschaft darunter nicht leiden würde. Oftmals stellt sich auch heraus, dass die Freundin des Freundes gar nicht so blöd ist. Ich rate aber auf jeden Fall dazu, die Freundin deines Freundes nicht zu beleidigen oder herabzusetzen. Prinzipiell nicht, vor deinem Freund nicht und auch nicht vor Dritten. Schnell gibt es da Gerüchte und Mobbing und da schauen dann meistens alle traurig aus der Wäsche. Mit der guten Freundschaft war’s das dann in aller Regel auch. Und das wäre doch schade.
Was mache ich, wenn ich weiß, dass der Freund meine Freundin betrügt oder belügt?
Braun: Das ist auch für Fachleute schwierig generell zu beantworten. Letztlich musst du eine Entscheidung treffen, das deiner Freundin zu sagen oder nicht. Ich denke, es wäre auf jeden Fall sinnvoll, einen weiteren guten Freund oder eine gute Freundin ins Vertrauen zu ziehen, um gemeinsam zu überlegen, wie mit der Situation umzugehen ist. Wenn du eine gute Beziehung zu dem Freund deiner Freundin hast, kannst du ihn ja auch vorsichtig darauf ansprechen, ob er denkt, ob seine Handlungen fair sind. Aber auf keinen Fall liegt es in deiner Verantwortung, da irgendetwas zu regeln oder zum »Guten« wenden zu müssen. Auch für solch spezielle Situationen sind übrigens Beratungsstellen gute Adressen, um sorgfältig zu besprechen, welche Schritte und Maßnahmen sinnvoll sein könnten. Die dürfen dort im Übrigen auch keine Geheimnisse weitererzählen. Ist doch gut, oder?
Der Valentinstag
Am 14. Februar wird seit Ende des Zweiten Weltkriegs auch in Deutschland der Valentinstag als Tag der Liebe gefeiert. Doch was hat es mit dem Tag auf sich?
Der Legende nach wurde Bischof Valentin zu Terni in Umbrien 273 nach Christus als Märtyrer heiliggesprochen. Der sogenannte Wunderheiler bezahlte die Heilung eines römischen Bürgers jedoch mit seinem Leben. Die Legende erzählt auch, dass Valentin trotz des Verbots von Kaiser Claudius II. Paare kirchlich getraut hat. Eine weitere Vorlage für den Tag der Verliebten am 14. Februar bietet wohl die Natur, denn in dieser Zeit beginnt die Paarungszeit der Vögel.
In England gibt es seit dem 15. Jahrhundert viele überlieferte Bräuche, die durch Auswanderer in die USA gekommen sind. In Deutschland, Frankreich und Belgien wird, umrankt von vielen Legenden und natürlich den Marketingmaßnahmen von Floristen und Pralinenherstellern, der Valentinstag groß beworben.
Überhaupt gibt es einige Bräuche an diesem Tag: Früher glaubte »Mann«, dass er einmal die Frau heiraten wird, die ihm am Valentinstag als erste über den Weg läuft. Aus Amerika wurde die Tradition des Blumenverschenkens übernommen. In Japan hingegen sollen Frauen ihrem Chef Schokolade schenken.
Eine Berechnung zeigt, wie viel Umsatz ein Blumengeschäft an diesem Tag etwa macht: Wenn vier Kunden pro Stunde den Blumenladen aufsuchen und einen Strauß für 30 Euro kaufen, sind das am Ende des Tages 960 Euro Umsatz. Dazu kommen Onlinegeschäfte, die riesige Umsätze machen, die niemand genau nachvollziehen kann. Laut Wirtschaftsprognosen betrug der Umsatz 2012 rund 120 Millionen Euro.
Der Anteil an Fair-Trade-Produkten steigt dabei kontinuierlich. Leider aber auch der Anteil an Sträußen, die im Ausland gebunden werden. Dabei bleibt natürlich für den Einzelhändler und die gelernte Floristin im Ort nicht mehr so viel übrig. 134 Millionen Rosen wurden im Februar 2017 nach Deutschland eingeführt. Diese sind um den Valentinstag herum rund acht Prozent teurer als sonst.
Von Lisa Welle