Ortenau
Kraftprobe der Fitness-Studios
Klaus Körnich
11. August 2007
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Die »Geiz ist geil«-Welle hat die deutsche Fitness-Branche
erfasst. Die Discounter-Studios sind auf dem Vormarsch, wirbeln den Fitness-Markt durcheinander und heizen den Wettbewerb an. Auch in der Ortenau locken sie mit »Schnäppchen«-Preisen. Die Konkurrenz reagiert ihrerseits mit neuen Angeboten. Die großen Gewinner könnten die Fitness-Begeisterten sein: Nie war die Auswahl größer, nie die Preise günstiger. Doch Vorsicht ist geboten: Nicht nur im Preis, auch in der Ausstattung und im Service unterscheiden sich die Anbieter sehr.
Ortenau. Die Luft ist schlecht.
Es riecht nach Männerschweiß. An der Decke Neonröhren. An der Wand ein Spiegel. Davor ein Mann. Er stemmt Gewichte. Manchmal stöhnt er, während hinter der Theke ein Muskelberg Eiweiß-Cocktails mixt. Es ist die Horrorvision von anno dazumal, als Fitness-Studios noch Krafträume hießen. Heute sind rund fünf Millionen Deutsche Mitglied in einem Fitness-Studio. Ein großer Imagewandel lockt die Massen an: Von der muffigen »Muckibude« zum modernen Gesundheitszentrum für Körper und Geist, das Lifestyle und Dienstleistung bietet.
Der große Boom der Branche liegt allerdings einige Zeit zurück. In den vergangenen Jahren hatte bundesweit ein Studio-Sterben eingesetzt. Doch die Talsohle scheint durchschritten: Für Experten markiert 2006 das Jahr der »Trendwende«. Der Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheitsanlagen (DSSV) hat erstmals seit vier Jahren wieder einen Zuwachs bei den Studios und steigende Mitgliederzahlen zu vermelden. »Die allgemeine Erholung der Konsumnachfrage hat die Fitness-Branche erreicht«, erklärt ein Sprecher des DSSV.
Vor allem ein Trend bestimmt dabei die Branche: Discounter-Studios schießen nahezu überall wie Pilze aus dem Boden. Auch in der Ortenau ist die »Geiz ist geil«-Mentalität angekommen. Gleich mehrere Anbieter mischen den Markt auf und sorgen für ein intensives Kräftemessen der Studios. Die Discounter versprechen viel Fitness für wenig Geld. Sie bieten eine große Geräte-Auswahl zu günstigen Preisen. Dafür wird an anderer Stelle gespart: beim Service, bei der Betreuung und beim Kurs-Angebot.
Neuester »Kraftprotz« auf dem Ortenauer Fitness-Markt ist »Easy Sports«. Die Kette mit 20 Filialen – vor allem in Baden-Württemberg – hat in den vergangenen Monaten zwei Studios in Offenburg und Lahr eröffnet. Offensiv wirbt die Kette mit ihrem Angebot: »Fitness ab 4,99 Euro«. Gemeint ist der Wochenpreis, wie durch eine kleiner geschriebene Abkürzung dahinter deutlich wird: »Viele Kunden schauen aufs Geld und wollen nicht die hohen Beiträge anderer Studios bezahlen«, sagt Peter Moser, Leiter der Offenburger Filiale. Er verweist auf die gute Qualität der Geräte und die Möglichkeit, Trainerstunden zusätzlich buchen zu können. Seit dem Start im April hätten sich allein in Offenburg »etwa 700 Mitglieder« vom Angebot überzeugen lassen, berichtet Moser.
»Mit den Discountern werden neue Zielgruppen angesprochen«, sagt ein Sprecher des Arbeitgeberverbandes DSSV. Dagegen warnt der frühere Zehnkämpfer Siegfried Wentz, heute Chefarzt in Bad Peterstal-Griesbach, vor den Gefahren eines Trainings ohne fachliche Betreuung: »Damit machen Sie oft mehr kaputt. Es sei denn, Sie haben schon entsprechende Erfahrungen im Fitnessbereich und brauchen keinen Trainer.« Die meisten Fitness-Studio-Inhaber in Offenburg – wie Bernd Rosenstiel vom »Life Fitness« – sind überzeugt, dass sich »Qualität durchsetzen« wird. Für ihn sind Billig-Studios eine »super Geschichte«, wie er sagt: »Der Kunde braucht sie, um zwischen Schrott und Gutem zu vergleichen.«
Der Druck wächst
Acht Studios in Offenburg kämpfen inzwischen um die Gunst der Fitness-Fans. Die Konkurrenz wird größer, der Druck wächst: »Jeder Neue nimmt etwas vom Kuchen weg«, sagt Thomas Seiler, der gleich zwei Anlagen in Offenburg betreibt. Als Antwort auf »Easy Sports« hat er im Frühjahr in derselben Straße eine Filiale seiner Günstig-Kette »Mc-Fitness-King« er-öffnet. Der frühere Kampfsportler bietet Fitness sogar für 4,98 Euro die Woche an – einen Cent günstiger als die Konkurrenz von der anderen Straßenseite. Norbert Spring, Studioleiter des »Highlight«, will seine Anlage dagegen weiter als »Premiumstudio« profilieren. »Im Gegensatz zu den Discountern bieten wir viele Kurse, viel Service und haben einen großen Mitarbeiterstab.«
Doch die Offenburger Fitness-Studios haben bei weitem nicht die härteste Kraftprobe beim Buhlen um die fitnessfreudige Kundschaft zu bestehen. Das an Einwohnern kleinere Lahr hat derzeit – benachbarte Gemeinden eingeschlossen – mehr als zehn Studios zu bieten. Auch hier tobt der Kampf zwischen Discountern und »Qualitätsstudios«, allerdings noch intensiver als in Offenburg. Gleich mehrfach locken die Inhaber dort mit Angeboten von knapp unter fünf Euro in der Woche. »Der Markt ist so dicht, dass einige Läden schließen müssen«, glaubt Jens Fehrenbach, Leiter des »Sportparks« in Lahr, einem »Qualitätsstudio«. Sein Chef, Rüdiger van der Vliet, betreibt neben dieser Anlage auch noch einen Discounter in Lahr: »Dort gibt es nicht den Mitglieder-Run, wie wir ihn von unseren anderen Discounter-Filialen, wie zum Beispiel in Freiburg, kennen«, sagt Fehrenbach. Der Physiotherapeut führt das auf den verschärften Wettbewerb in Lahr zurück. Zudem würde sich die Fitness-Kundschaft dort eher für qualitativ hochwertige Studios entscheiden.
Beispiel Zell am Harmersbach: In der 7900-Einwohner-Gemeinde lassen es gleich drei Studios auf eine Kraftprobe ankommen. »Um gesund leben zu können, ist hier einer zuviel«, glaubt Peter Nirmaier vom »Sportzentrum Gasselhalde« in Zell. Neben dem Fitnesstraining können die Sportbegeisterten bei ihm noch Tennis, Badminton und Squash spielen: »Nur als Fitness-Studio allein hätten wir keine Überlebens-Chance«, ist er sicher.
Ein Ende des Preiskampfes ist für ihn noch lange nicht in Sicht. Vor allem im Kinzigtal werde sich der Konkurrenz-Druck noch erhöhen, schließlich seien weitere Studios in Gengenbach und Haslach geplant: »Die werden sich mit Rabattschlachten überbieten. Das ist schlimm«, sagt Nirmaier.
Konkurrenz der Vereine
Branchen-Experten im Kinzigtal sprechen von einem »ruinösen Wettbewerb«. In den vergangenen Jahren haben bereits Studios schließen müssen. »Vielen geht es nur ums Kohlemachen«, sagt Klaus Anselm, Besitzer des »IQ-Fitness im Quartier« in Renchen. Dabei gäbe es durchaus noch Potential, um neue Kunden anzulocken. Nur etwa vier bis fünf Prozent der Bevölkerung im Kinzigtal trainieren in Studios, in Offenburg sind es etwa elf Prozent. In der gesamten Republik trainieren sechs von hundert Bundesbürgern in einem Studio.
Allerdings könnte sich die Konkurrenzsituation künftig auch noch verschärfen: Einige kommerzielle Betreiber ärgern sich – wenn auch oft nur hinter vorgehaltener Hand – über Sportvereine, die unter dem Dach des staatlich geförderten Vereinswesens Kurse oder Gerätetraining anbieten – und das zu einem sehr
günstigen Jahresbeitrag: »Manche Übungsleiter wurden in Fitness-Studios ausgebildet und wandern dann in die Vereine ab, wo sie ein ähnliches Programm anbieten«, sagt Norbert Spring vom »Highlight« in Offenburg. Jedoch sieht er in den Vereinen »keine ernstzunehmende Konkurrenz«, da die Studios »wesentlich vielfältigere Möglichkeiten bieten«.
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