„Leser helfen“: Geld fließt in Elternhaus für Kinderklinik

Hell und freundlich soll das neue Elternhaus sein: Lichtführung, Haptik und natürliche Materialien spielen für den Neubau eine große Rolle. Der dunkler abgesetzte Sockel des Erdgeschosses soll Stabilität symbolisieren. Das Bild zeigt den Eingang des Elternhauses zur Breisacher Straße hin. ©Renderbar 3D
45 Zimmer auf drei Wohngeschossen, 2726 Quadratmeter Nutzungsfläche, Tiefgarage und Dachgarten: Das neue Elternhaus soll für Eltern krebskranker Kinder ein Ort der Stabilität sein. Die Pläne für den Neubau stehen und der Spatenstich soll im kommenden Jahr erfolgen.
In Freiburg entsteht das größte Elternhaus in Europa. Der Vorstand des Fördervereins für krebskranke Kinder will für Familien damit einen Ort schaffen, der Geborgenheit, Sicherheit und Ruhe ausstrahlt, aber auch Raum für Begegnungen und Austausch öffnet. Errichtet wird das Gebäude direkt neben dem Neubau der Kinderklinik auf dem Gelände des Universitätsklinikum, aber mit separatem Zugang von der Breisacher Straße aus. „Für die optimale Pflege und Versorgung der kleinen Patienten sind kurze Wege unverzichtbar“, erläutert Johannes Bitsch vom Vorstand des Fördervereins die Entscheidung für den Neubau. „Denn eine bundesweite Umfrage hat gezeigt, dass Eltern bis zu zehnmal täglich zwischen Klinik und dem Elternhaus pendeln.“ Die regelmäßige Nutzung des Elternhauses erfolge jedoch nur, wenn die Unterkunft nicht weiter als 500 Meter vom Klinikum entfernt sei – sonst blieben die Eltern Tag und Nacht am Krankenbett, notfalls auch ohne Schlaf.
„Zuhause auf Zeit“
Schon seit über 39 Jahren unterstützt der Förderverein Familien, die vornehmlich aus der Region, viele aber auch aus Deutschland und der ganzen Welt kommen. Im Elternhaus finden die Angehörigen der kleinen Patienten während der gesamten Behandlungsdauer ein „Zuhause auf Zeit“. Pro Jahr verzeichnet der Verein derzeit mehr als 19 000 Übernachtungen. „Jede einzelne Übernachtung steht für ein Schicksal, eine Nacht voller Bangen, Angst oder Erschöpfung“, weist Bitsch auf die menschlichen Tragödien hin, die sich im Elternhaus Tag für Tag und Nacht für Nacht abspielen. Doch auch Freude und Optimismus hätten im Elternhaus ihren Platz. Eine ganze Bandbreite extremer Emotionen seien dort zu Hause, weiß Bitsch, der das Elternhaus nach eigenen Angaben jedes Mal „geerdet und demütig“ verlässt.
Wichtig für die Planung des Neubaus war es, dass das Elternhaus „optisch ganz anders“ aussieht als die Klinik. Geplant sind deshalb helle, natürliche Baustoffe. Die Architekten beschäftigen sich viel mit Lichtführung, auch Haptik und Nachhaltigkeit der Materialien spielen eine große Rolle im Konzept. „Im Vergleich zu den umliegenden Klinikgebäuden ist das Elternhaus klein“, ordnet Architektin Anette Hähnig den geplanten Bau ins Gesamtkonzept ein. Damit symbolisiere es eine gewisse Bodenständigkeit. Das Erdgeschoss, in dem eine Caféteria und Veranstaltungsräume sowie die Geschwisterspielstube Platz finden werden, sei bewusst offen und großzügig gestaltet. Die Wohngeschosse dagegen sollen ein Gefühl von Geborgenheit erzeugen und Rückzug und Privatsphäre ermöglichen.
„Keine Drittmittel“
Finanziert wird das neue Elternhaus durch Spenden. Zwölf Millionen Euro sind veranschlagt. Eine solide Grundlage für die Finanzierung soll der Verkauf des heutigen Elternhauses schaffen. „Wir schätzen, dass rund ein Drittel der benötigten Summe allein aus dem Verkauf der Immobilie erwirtschaftet werden kann“, gibt sich Vorstandsmitglied Bernd Rendler optimistisch. Erste Verhandlungen mit der Universität als Kaufinteressent seien bereits gelaufen. „Wir bekommen keine Drittmittel oder Hilfsmittel von Land oder Bund“, erläutert Johannes Bitsch. Glaubwürdigkeit und Transparenz spielen beim Förderverein nach eigenen Angaben eine große Rolle. Deshalb sei man Träger des DZI-Spendensiegels und verpflichte sich freiwillig, die hohen Qualitätsansprüchen innerhalb der DZI-Standards zu erfüllen. Doch mehr als das: Der Verein verwende derzeit unter drei Prozent des Spendenaufkommens für Verwaltungszwecke – obwohl nach DZI-Vorgaben bis zu 30 Prozent akzeptiert würden. Der Rest der Gelder, also rund 97 Prozent, fließt damit in die direkte Hilfe für die Familien. „Wir arbeiten sehr effizient, der achtköpfige Vorstand absolut ehrenamtlich und das Elternhaus-Team mit Herzblut und sehr viel persönlichem Einsatz“, so Bitsch. Eine solide Basis stellten Einzelspenden zwischen einem und 200 Euro dar. „Diese Spender sind unser Schatz, auf sie baut unsere Arbeit auf“, zeigt sich Bitsch dankbar.
Charlotte Niemeyer, die als Ärztliche Direktorin der Kinderklinik vom Förderverein profitiert, betont dessen Vorreiterrolle. „Wir hoffen, indem wir die Arbeit des Fördervereins bekannt machen, dass es die Elternhäuser irgendwann einmal als Standard in Deutschland gibt“, so Niemeyer. Schließlich gebe es keine größere Aufgabe, als die Kinder und die Familien in dieser vulnerablen Situation zu unterstützen.
Daten rund ums neue Elternhaus
- Bauherr: Förderverein für krebskranke Kinder e.V. Freiburg
- Standort: Breisacher Straße, Freiburg
- Planung: Hähnig-Gemmeke Architekten, Tübingen
- Bauleitung: Architekturbüro Müller und Huber
- Visualisierung: Renderbar 3d-Visualisierungen, Stuttgart
- Anzahl der Elternzimmer: 45, davon 9 Appartements, 27 Einzelzimmer und 9 Familienzimmer.
- Gesamtnutzungsfläche: rund 2726 Quadratmeter
- Baukosten: 12 Millionenn Euro
- geplante Fertigstellung: 2022
Die ersten Spender
Andrea Ritter, Hans-Heinrich und Monika Klingenberg, Martin und Monika Kimmig (Oberkirch), Ulrike Ell, Beate Schütt, B. und K. Meier, Dorit Kern, Waltraud und Baldur Wolfschmitt, Hanspeter und Roswitha Arlt, Daniel Müller, Wilfried und Waltraud Walter, Christel Klinkosch, Petra Wolter (Schutterwald), Rita Eichner, Franz Spinner (Oberkirch), Almuth Maureen (Offenburg), Helga Berger, Maria Tittel