Ortenau

Millionenbetrug: Autoschieber hat gestanden

Thomas Reizel
Lesezeit 4 Minuten
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13. Februar 2014
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Die 2. Große Strafkammer des Offenburger Landgerichts verhandelt unter Vorsitz des Richters Herbert Schmeiser (rechts) gegen einen 60 Jahre alten Mann wegen krummen Geschäften mit Autos der gehobenen Kategorie. Erster Staatsanwalt Gerhard Vallendor (3. von links) hat 30 Straftaten mit einem Gesamtschaden von rund 1,78 Millionen Euro angeklagt. ©Mittelbadische-Presse.TV

Ein 60 Jahre alter Mann muss sich vor Gericht wegen Betrügereien mit Autos verantworten. Die Anklage geht von einem Schaden in Höhe von rund 1,784 Millionen Euro aus. Auch ein Mitglied der Lahrer Hells Angels wurde demnach übers Ohr gehauen.

Offenburg. Der Motorradclub hat eigentlich mit dem Betrugsverfahren nichts zu tun. Nur damit, dass der Autohändler im Zuge der Ermittlungen um das Ende November 2012 erschossene Mitglied Tommy G. aufgeflogen war. Pikant: Auch ein führendes Mitglied der Hells Angels soll er betrogen haben, um Schmuck im Wert von 213 000 Euro. Weitere 25 000 Euro ergatterte er, um angeblich vom Finanzamt veranlasste Konto­sperrungen rückgängig zu machen. »Das geschah unter Vorspiegelung falscher Tatsachen«, sagte der Erste Staatsanwalt Gerhard Vallendor gestern vor der 2. Strafkammer des Offenburger Landgerichts.

Die Geschichte des heute 60-Jährigen beginnt am 21. Juli 2008. An jenem Tag wurde er nach 18 Jahren Haft wegen Mordes entlassen. »Die Einkünfte aus seinem Kfz-Handel waren äußerst dürftig«, trug Vallendor vor. Doch plötzlich war der Mann liquide. Im November 2008 erhielt er von der im August 2013 aufgelösten Firma »Pagan Projects« (Palma de Mallorca) ein Darlehen über 1,2 Millionen Euro. Im September 2009 sattelte das Unternehmen 400 000 Euro drauf. Vallendor sagte, dass insgesamt noch rund 1,2 Millionen offen seien, was der Angeklagte aber bestritt. Das ist auch nicht Gegenstand des Prozesses.

Geld unterschlagen

Angeklagt sind indes Autoschiebereien. Im Verbund mit einem renommierten Autohaus in der Ortenau hat er zahlreiche Autos der gehobenen Art teils mit Rabatten bis zu 40 Prozent bezogen, um sie gewinnbringend zu verkaufen, obwohl er dazu Strohmänner brauchte. Den Verdienst sollten sich der Angeklagte, der Verkaufsleiter und eine Angstellte des Autohauses teilen. Doch der Angeklagte verkaufte auf eigene Rechnung, blieb dem Autohaus Geld schuldig. Auch habe er von Kunden Zahlungen angenommen, ohne Fahrzeuge zu liefern. Irgendwann muss das Autohaus misstrauisch geworden sein, forderte entweder Geld oder die Autos zurück.

Also gab er dem Unternehmen Schmuck im Wert von rund 213 000 Euro, den ihm das führende Hells-Angels-Mitglied damals als Sicherheit gegeben hatte – offenbar im Glauben, dass er ihn in wenigen Wochen zurückerhält. »Aber den hat das Autohaus zum Schleuderpreis von 90 000 Euro verkauft«, sagte Gerhard Vallendor. Dem hatte der Angeklagte offenbar ohne Wissen des Eigentümers zugestimmt.

Gerhard Vallendor listete von 2008 bis April 2013 insgesamt 30 rechtlich selbstständige Straftaten mit 117 Autos auf, darunter auch Urkundenfälschungen und Betrugs einer Autobank. Den Gesamtschaden bezifferte Erster Staatsanwalt Gerhard Vallendor auf 1,78 Millionen Euro.

Auf Strafe verständigt

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Auf Antrag des Verteidigers kam es schließlich zu einem »Deal«: Weil der Angeklagte gestanden hat, wird er zwischen fünf Jahren und neun Monaten und sechs Jahren und sechs Monaten bestraft. Durch diese Verständigung verkürzt sich das Verfahren erheblich. Das Gericht erwägt jetzt bis morgen, Freitag, 9 Uhr, auf welche der 28 vorgesehenen Zeugen verzichtet werden kann.

Für den Angeklagten bedeutet das Urteil unter Umständen, dass er trotz der Vereinbarung länger ins Gefängnis muss. »Nach der Entlassung wegen Mordes stand er fünf Jahre unter Bewährung. Nach Verbüßung der Haftstrafe wegen der Autogeschäfte müsse gepüft werden, wie der Verstoß gegen die Bewährung bestraft wird.

Gegen die Beteiligten des Autohauses wird separat ermittelt. »Anklagen sind aber nicht erhoben«, sagte Vallendor nach der Verhandlung.

Hintergrund: §257c Strafprozessordnung

Als Verständigung im Strafverfahren, auch als »Deal« bezeichnet, wird im Strafverfahren eine auf ein Rechtsgespräch folgende Absprache bezeichnet, bei der die Folgen einer Verurteilung zwischen den Beteiligten abgestimmt werden sollen.

Das Interesse des Gerichtes und der Staatsanwaltschaft besteht dabei darin, dass der Angeklagte sich bei einer gelungenen Verständigung zu einem Geständnis bereitfinden wird, wodurch der Aufwand des Verfahrens stark reduziert werden kann.

Der Vorteil des Angeklagten besteht darin, dass er einerseits eine gewisse Sicherheit über den Ausgang des Verfahrens erlangt, andererseits eben durch das Ablegen des Geständnisses zu seinen Gunsten einen erheblichen Strafmilderungsgrund herbeiführt.

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