Obdachlose bekommt zu Weihnachten ein neues Lächeln
Neue Zähne? Davon träumt Petra Kirchner (51) seit Jahren. Ihr Wunsch geht im Dezember in Erfüllung: Die Bewohnerin des Offenburger St.-Ursula-Heims für die sich die Spendenaktion »Leser helfen« in diesem Jahr engagiert, bekommt in drei Wochen einen künstlichen Zahnersatz.
»Bekomme ich denn noch vor Weihnachten neue Zähne?«, hakt Petra Kirchner, Bewohnerin im Offenburger St.-Ursula-Heim, bei der Zahnärztin nach. Sie wirkt ruhig und ist nicht aufgeregt. »Vor dem Zahnarzt habe ich keine Angst. Ich hab ja fast keine Zähne mehr«, sagt sie und lacht. Und tatsächlich: Sie hat nur noch fünf untere Zähne.
Kirsten Holst bejaht die Frage ihrer Patientin, die vor ihr auf einem Stuhl sitzt. Die 56-Jährige ist Zahnärztin in Bühl und behandelt ehrenamtlich im St.-Ursula-Heim die Bewohner. Während sie mit Susanne Mai, gelernte Krankenschwester, die Paste für den Abdruck des Kiefers vorbereitet, erzählt Petra Kirchner, dass sie sich schon seit Jahren neue Zähne wünscht. »Dann küsst es sich besser«, sagt sie und die Zahnärztin und Krankenschwester können sich ein Lachen nicht verkneifen.
Kirchner ist zwar krankenversichert, aber den Eigenanteil, den sie bei so einer Behandlung aufbringen müsste, hat sie nicht. Durch Spendenbeiträge bekommt sie jetzt neue Zähne. »Bitte Mund aufmachen«, fordert Holst die 51-Jährige auf. Sie drückt die pinkfarbene Paste nach oben. Wo anderen Patienten schlecht wird oder Panik bekommen, reagiert Kirchner gelassen. Nach 15 Minuten hat die Zahnärztin zwei Abdrücke gemacht. »Sieht gut aus«, sagt die Frau, die auch ohne Zähne gerne lacht.
»Ich bekomme eine Prothese!«, sagt sie stolz. Kirsten Holst zeigt der Patientin anschließend noch eine Zahnpalette: »Welche Zahnfarbe hätten sie denn gerne?« Kirchner überlegt. Es sollte nicht zu weiß sein, denn es soll natürlich wirken. Sie zeigt auf das Zahnmodell »A 4« – »Die Farbe soll es sein!«
Kein Alkohol mehr
In drei Wochen bekommt Kirchner den künstlichen Zahnersatz. Aber nur für die oberen Zähne. Im Januar folgt dann der untere Teil. Einem neuen Lächeln steht bald nichts mehr im Weg.
Die 51-Jährige ist seit fünf Jahren trockene Alkoholikerin. Durch den Alkohol habe sie weniger gegessen, die Zähne litten darunter. Ein Wohnmobil, um Obdachlose vor Ort medizinisch oder auch nur sozial zu behandeln, wäre eine Bereicherung, ist Kirchner, die schon seit zehn Jahren im St.-Ursula-Heim zu Hause ist, überzeugt. »Große Städte wie Hamburg oder Frankfurt haben ja schon so eine mobile Hilfstation«, weiß Kirchner.
Eva Christoph, Leiterin der Obdachlosenunterkunft, bezeichnet das Wohnmobil als Chance: »Wir könnten gezielt zu Obdachlosen fahren, das erleichtert die Arbeit. Dort können sie sich auch kurz aufwärmen oder mit jemandem reden – das tut schon gut.«
Es geht noch um zwei Fahrzeuge
Die »Leser helfen«-Aktion der Mittelbadischen Presse bittet für drei Projekte um 130 000 Euro Spenden. Ein Mannschaftsbus für das Offenburger Jugendrotkreuz ist bereits finanziert. Es geht aber noch um einen Kombi für den DRK-Kreisverband Kehl, mit dem mindestens vier Rollstuhlfahrer gleichzeitig befördert werden können, sowie ein Wohnmobil, in dem Obdachlose medizinisch und sozial betreut werden können.