Ortenau-Klinikum:»Versuchen das Bestmögliche«
Wie hoch ist die Arbeitsbelastung für das Pflegepersonal des Ortenau-Klinikums? Nachdem Linken-Kreisrat Lukas Oßwald die Zustände an den Standorten Kehl und Lahr heftig kritisiert hatte, geht der Adressat in die Offensive. Bei einem Pressegespräch am Donnerstag beschrieb Geschäftsführer Manfred Lörch die Situation aus Sicht des Klinikums.
Dass die finanzielle Ausstattung für Kliniken verbessert werden muss, darüber sind sich alle einig – Landrat Frank Scherer, sämtliche Kreistagsmitglieder und auch die Geschäftsführung des Ortenau-Klinikums. Worin Linken-Kreisrat Lukas Oßwald allerdings nicht konform geht, ist die Frage, wie angespannt die Lage für das Pflegepersonal in den Ortenauer Kliniken tatsächlich ist und inwieweit es Aufgabe des Landkreises ist, für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen.
Nachdem Oßwald im Februar vermeintliche Misstände in Kehl und diese Woche nun auch in Lahr öffentlich angeprangert hatte, wurde die Thematik am Dienstag im Krankenhausausschuss nichtöffentlich beraten. Das Ergebnis der Sitzung: Die Verwaltung konnte all jene Behauptungen widerlegen, die von Oßwald nicht ohnehin zurückgenommen wurden. Dem Kreisrat der Linkspartei zufolge gibt es in Kehl Teilzeitbeschäftigte, die ungefragt als 100-Prozent-Kraft verplant werden, einen extrem hohen Krankenstand und äußerst kurzfristige Dienstplanungen.
Zudem, wie er am Beispiel Lahr verdeutlichte, seien Pläne untragbar, wonach etwa von durch Pfleger begleitete Visiten ausgesetzt, die Vitalzeichenkontrollen reduziert und nur noch Einmalwaschtücher statt Wasser für die Ganzkörperpflege verwendet werden sollen. Hinzu kommen Oßwald zufolge unverhältnismäßig viele Überstunden des Personals sowie Sparmaßnahmen an falscher Stelle und mangelndes Verantwortungsbewusstsein des Ortenaukreises als Klinikträger.
»Schlichtweg falsch«
Am Donnerstag lud die Klinikleitung zu einem Pressegespräch in die Offenburger St. Josefsklinik ein. Das Ziel: Die öffentliche Richtigstellung der Oßwald’schen Behauptungen. »Deutschlandweit sind Kliniken seit vielen Jahren zum Sparen gezwungen«, sagte Klinikgeschäftsführer Manfred Lörch. Das Pflegepersonal sei deshalb wie alle anderen Klinikangestellten sehr stark belastet. »Trotz des schwierigen Umfelds unternehmen wir am Ortenau-Klinikum aber alles, um bestmögliche Arbeitsbedingungen zu schaffen«, betonte Lörch. Die Arbeitsbelastung habe nichtsdestotrotz eine Schmerzgrenze erreicht. »Das Budget hält nicht Schritt mit den Personalkosten.« 2015 erhöhe sich das Budget um ein Prozent, die Personalkosten aber um drei Prozent. »Bei wachsenden Patientenzahlen steigt so auch die Arbeitsbelastung.«
Oßwalds Vorwürfe, die – auf den Standort Lahr bezogen – Thimo Giedemann, Verdi-Beauftragter am Ortenau-Klinikum Lahr, in einem Interview mit der Mittelbadischen Presse gestern weitgehend bestätigte, seien jedoch schlichtweg falsch. »Die Kritik ist inhaltlich nicht korrekt und trifft außerdem den falschen Adressaten.« Die Ausfallquote am Ortenau-Klinikum zum Beispiel liege unter dem Landesdurchschnitt. Und auch der von Oßwald angeführte »Überstundenberg« sei nicht vorhanden. Im Gegenteil: »Die Mehrarbeitsstunden sind in den letzten Jahren zurückgegangen.«
»Völliger Quatsch«
Auch die Behauptung, man baue lieber als Stellen zu schaffen, sei »völliger Quatsch: Zur Finanzierung von Personal sind die Krankenkassen zuständig.« Es brauche mehr Geld, aber der Druck bezüglich der finanziellen Ausstattung von Kliniken sei an den Bund zu richten. »Die Kreisumlage ist dafür nicht da.«
Schon jetzt würden Stellen dennoch teils selbst finanziert: »Am Standort Offenburg/Gengenbach lagen 2014 die Personalkosten bei 27 Millionen Euro. Von den Kassen vergütet wurden aber nur 23 Millionen Euro.« Und im Invest-Bereich, für den der Kreis zuständig ist, werde ebenfalls gehandelt: »6,5 Millionen Euro werden binnen zweieinhalb Jahren investiert.«
Das momentan diskutierte Versorgungsstärkegesetz werde Lörch zufolge indes wohl nicht viel ändern. Einzig das enthaltene Pflegestellenförderprogramm in Höhe von 660 Millionen Euro von 2016 bis 2018 mache Hoffnung. »Das würde pro Standort 0,8 bis 1,5 zusätzliche Stellen ermöglichen.«