Ortenaukreis reagiert auf wieder steigende Flüchtlingszahlen

(Bild 1/4) Bis 2020 wurden insgesamt 4.928 Plätze in der Vorläufigen Unterbringung (VU) abgebaut, insbesondere schwer zu betreuende Objekte, Sporthallen sowie Containerunterkünfte. ©Armin Weigel/Symbolbild
Die Geflüchteten-Zahl im Ortenaukreis steigt. Vorläufige Unterbringungen in Oberschopfheim und Hofweier werden daher reaktiviert. Die Auslastung der Auffangstätten liegt aktuell bei über 80 Prozent.
Aufgrund steigender Flüchtlingszahlen baut der Ortenaukreis seine Kapazitäten wieder aus. Das ehemalige Pfarrhaus in Friesenheim-Oberschopfheim und das ehemalige Hotel Engel in Hohberg-Hofweier sollen erneut als vorläufige Unterbringung für Geflüchtete genutzt werden, teilt das Landratsamt mit.
Die erste Belegung der Einrichtungen ist im Laufe des Monats Februar geplant. Neben einer Heimleitung werden Sozialarbeiter und Hausmeister des Migrationsamts regelmäßig als Ansprechpartner vor Ort sein.
Rund 80 Prozent Auslastung
Das ehemalige Hotel und Gästehaus Engel in Hohberg-Hofweier war von März 2016 bis Oktober 2019 schon einmal eine Einrichtung des Landratsamts zur vorläufigen Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Durch die hohen Flüchtlingszahlen hat das Migrationsamt den Hoteltrakt nun wieder für zwei Jahre angemietet. Die Kapazität liegt bei 49 Plätzen, die in der Regel zu etwa 80 Prozent ausgelastet sind.
Auch das ehemalige Pfarrhaus in Oberschopfheim hatte das Landratsamt von November 2015 bis Oktober 2017 schon einmal angemietet, um dort Flüchtlingen im Rahmen der vorläufigen Unterbringung ein Obdach zu geben.
14 Einrichtungen in sieben Kommunen
Nach Rückgang der Zugangszahlen und Beendigung des Mietverhältnisses hatte die Gemeinde Friesenheim das Gebäude zur Anschlussunterbringung genutzt, bis es zuletzt leer stand. Nun wird das Landratsamt dort bis zu 22 Geflüchtete unterbringen. Der Mietvertrag läuft für zwei Jahre.
Zusammen mit der neuen Unterkunft in Zell am Harmersbach mit 70 bis 80 Plätzen und dem kürzlich reaktivierten Riedhof in Meißenheim mit 41 Plätzen betreibt der Ortenaukreis damit aktuell 14 Einrichtungen in sieben Kommunen mit 929 Plätzen.
Weitere Einrichtungen
Die Kapazitäten sind zu rund 85 Prozent ausgelastet. Bei der Quotenberechnung für die Anschlussunterbringung werden die Plätze in der vorläufigen Unterbringung voll angerechnet, sodass einzelne Kommunen nicht überproportional belastet werden.
Zu weiteren Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung in Friesenheim: Im April 2016 wurde der Neubau Am Bahnhof in Friesenheim erstmals belegt. Die Kapazität beträgt 93 Plätze, die aktuell mit 78 Personen aus Afghanistan, Albanien, China, Georgien, Irak, Nigeria, Syrien und der Türkei belegt sind.
Die Nationalitäten in der vorläufigen Unterbringung, 31. Januar:
Flüchtlingszugänge in den Ortenaukreis:
Verteilungen in die Anschlussunterbringung im Ortenaukreis:
Dreistufiges Unterbringungssystem
Für die Unterbringung von Flüchtlingen gibt es in Baden-Württemberg ein dreistufiges Unterbringungssystem, das im Flüchtlingsaufnahmegesetz geregelt ist:
1. Unterbringung der Flüchtlinge in einer Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA), die vom Land Baden-Württemberg betrieben wird. Hier werden die Flüchtlinge registriert, gesundheitlich untersucht und sie stellen ihren Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die Standorte der Erstaufnahmeeinrichtungen können der Internetseite des Ministeriums für Justiz und Migration entnommen werden.
2. Verlegung der Flüchtlinge in die Vorläufige Unterbringung (VU), die in der Verantwortung der Stadt- und Landkreise liegt. Hier bleiben die Antragsteller während ihres laufenden Asylverfahrens. Durch Erstorientierungskurse, Sprachkurse, Kindergarten, Schule, ärztliche Versorgung machen sie erste Integrationsschritte. Die VU endet nach Anerkennung oder rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrages, aber nach maximal 24 Monaten.
3. Als dritte Stufe folgt die Anschlussunterbringung (AU) der Flüchtlinge in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Die Geflüchteten werden durch Integrationsmanager betreut. Der Ortenaukreis berechnet halbjährlich die Verteilungsquote, damit sich die Ortenauer Kommunen frühzeitig darauf einstellen können.
Auf- und Abbaukonzept im Ortenaukreis
In der Zuwanderungswelle 2015/2016 dienten unter anderem Containeranlagen, Sporthallen und ehemalige Hotels im Ortenaukreis als Gemeinschaftsunterkünfte.
Mit verschiedenen Miet- und Kaufmodellen hat sich der Kreis von Anfang so aufgestellt, dass er einerseits über einen sicheren Basisbestand an Unterkünften verfügt, andererseits aber auch flexibel auf Rückgänge reagieren kann.
Im Mai 2016 war der Höchststand mit 5.771 Plätzen in der vorläufigen Unterbringung (VU) erreicht. Angesichts des Rückgangs der Neuzugänge hat der Landkreis in den Jahren 2017 bis 2020 insgesamt 4.928 Plätze in der VU nach und nach abgebaut, insbesondere kleine, organisatorisch schwer zu betreuende Objekte, Sporthallen sowie Containerunterkünfte. Der starke Abbau erfolgte nach den Vorgaben des Landes Baden-Württemberg, das zuletzt eine Mindestauslastungsquote von 80 Prozent forderte.
Im Januar 2020 verfügte der Ortenaukreis mit 843 Plätzen über weniger Kapazitäten als zu Beginn der großen Zuwanderungswelle im September 2014 (1.090 Plätze).