Polizeichef appellierte an Yves R.: "Nehmen Sie Kontakt auf"
Die Polizei arbeitete am Freitag weiter mit Hochdruck an der Suche nach Yves R. nach bisherigem Muster, es gab aber eine neue Strategie: Verhandlung.
UPDATE: Wenige Stunden nach der Pressekonferenz ist Yves R. gefasst worden. Unsere aktuelle Berichterstattung lesen Sie deshalb hier.
Usprüngliche Meldung von Freitagnachmittag:
In einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz am Freitagnachmittag hat die Polizei ihren Strategiewechsel bei der Fahndung nach Yves R. vorgestellt. Seit Sonntagmorgen befindet sich der 31-Jährige mit vier geraubten Dienstpistolen auf der Flucht, Polizeipräsident Reinhard Renter vermutet, dass sich der zuletzt wohnsitzlose R. noch immer in einem 8,6 Quadratkilometer großen Waldgebiet rund um Oppenau aufhält.
„Ich will eine unkontrollierte und direkte Kontaktaufnahme mit der Polizei vermeiden“, sagte Renter am Freitag. Stattdessen wendet er sich mit einem Appell an den Flüchtigen: „Ich bitte Sie inständig, Kontakt mit uns aufzunehmen, natürlich unbewaffnet.“ R. soll sich bei seiner Familie oder Freunden melden, die sich dann wiederum mit der Polizei in Verbindung setzen, unterbreitet Renter dem Flüchtigen ein Kooperationsangebot.
Gespräche mit Bekannten und der Mutter des Flüchtigen, der vier Polizisten bei einer Kontrolle in einer Gartenhütte bedroht und ihnen die Waffen abgenommen hat, hätten zudem in den vergangenen Tagen zu einer geänderten Einschätzung geführt, was die von R. ausgehende Gefahr anbelangt. „Die Gefährlichkeit des Täters, von der wir zu Beginn ausgegangen sind, kann ich heute so nicht mehr bestätigen“, sagte Renter. Der vorbestrafte R., der zuletzt drei Monate im Wald lebte, sei als hilfsbereit und freundlich charakterisiert worden. „Aber Einschätzungen sind keine Tatsachen“, warnt der Polizeipräsident im selben Atemzug.
Die geänderte Gefährdungseinschätzung ist in dem 5000 Einwohner zählenden Städtchen Oppenau bereits sichtbar geworden, die hohe Polizeipräsenz im Ort reduziert worden. „Wir wollen eine Entspannung im Raum Oppenau erreichen, aber auch bei ihm und seiner Familie“, begründet Renter das Vorgehen. Unverändert bleibt indes laut Renter die hohe Zahl an Beamten, die mit der Fahndung nach dem Bewaffneten beschäftigt sind. Zwischen 200 Polizisten nachts und bis zu 400 untertags seien nach wie vor im Einsatz und das soll in den kommenden Tagen auch so bleiben.
„Ich gehe davon aus, dass was Effektivität und Effizienz angeht, ich noch auf dem richtigen Weg bin“, analysiert Renter den Einsatz. Inzwischen sei die Polizei rund 300 Hinweisen zum Aufenthaltsort des Gesuchten nachgegangen, habe 14 Waldhütten, Erdlöcher und alte Bunkeranlagen durchsucht, daran seien Spezialkräfte aus ganz Baden-Württemberg beteiligt gewesen, insbesondere Profiler, Zielfahnder sowie Mantrailer, speziell ausgebildete Spürhunde zur Personensuche. In der Nacht auf Montag sei auch eine Wohnung in Offenburg durchsucht worden. Neu ins Team dazugestoßen ist Detlef Erny, der Kriminaloberrat aus Freiburg soll die Verhandlungsgruppe leiten, wenn es zur Kontaktaufnahme mit Yves R. kommen sollte. „Er kann sich entfernt haben, wir gehen aber davon aus, dass er sich da aufhält, wo er sich sicher fühlt und auskennt, wo er Wasser und Essen findet“, meint Renter.
Hoher Freiheitsdrang
In welchem Zustand sich der Gesuchte befindet, darüber könne derzeit nur spekuliert werden. „Das Geschehen wirkt auf ihn“, ist sich der Polizeipräsident sicher. Die kreisenden Hubschrauber und das große Polizeiaufgebot im Wald übten einen Druck aus. „Wir hoffen, dass er aus diesem Druck raus will.“ Demgegenüber stehe der hohe Freiheitsdrang des Flüchtigen, der in der Vergangenheit gegenüber Bekannten geäußert hatte, nie wieder inhaftiert werden zu wollen.
Verärgert zeigt sich Renter über die Resonanz, die der Fall in den sozialen Medien erhält. Hier seien bereits Fanclubs für den Flüchtigen eingerichtet worden, Beleidigungen gegenüber der Polizei würden geäußert, teilweise hätten diese gar eine strafrechtliche Bedeutung. Noch irritierender für Renter ist das Verhalten einiger Menschen vor Ort in Oppenau. So gebe es den ein oder anderen, der bewusst in Tarnkleidung im Wald herumlaufe, um die Aufmerksamkeit der Polizei auf sich zu ziehen. „Das ist irritierend für uns und uns ist nicht klar, was dahinter steckt.“
Jagdverbot erlassen
Um zu verhindern, dass die Polizei durch Schüsse aufgeschreckt wird und falschen Fährten nachgeht, hat die Stadt Oppenau bis einschließlich nächster Woche ein Jagdverbot erlassen. Die Geschäftsbetreiber haben Hinweise erhalten, wie sie sich verhalten sollen, falls der Gesuchte bei ihnen auftaucht.