Prozess in Lahr
Ortenauer Polizist verrät Dienstgeheimnisse an Hells Angels
Thomas Reizel
29. Oktober 2015
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Wie die Staatsanwaltschaft Offenburg erst jetzt mitteilt, wurde vergangene Woche ein Bundespolizist vom Amtsgericht Lahr wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses verurteilt. Pikant: Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er die Informationen über einen Bekannten an zwei Mitglieder des Rockermilieus weitergeben hat.
Das Amtsgericht Lahr hat am 21. Oktober einen Ortenauer Beamten der Bundespolizei wegen Verletzung von Dienstgeheimnissen in einem Fall und Privatgeheimnissen in zwei Fällen zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das teilte die Staatsanwaltschaft Offenburg am Donnerstag mit. Außerdem müsse der Beamte 5000 Euro an zwei gemeinnützige Organisationen bezahlen.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er im Frühjahr 2013 Erkenntnisse, die er bei seiner dienstlichen Tätigkeit über ein zu diesem Zeitpunkt noch verdeckt geführtes Ermittlungsverfahren erlangt hatte, einem Bekannten mitteilte, heißt es in der Pressemitteilung.
Dieser habe die Informationen weitergegeben, die die Ermittlungen, unter anderem gegen zwei Rocker, gefährdet hätten. Weitere Hintergründe nannte die Staatsanwaltschaft auf Anfrage der Mittelbadischen Presse nicht.
»Geht nicht um Mord«
Nach unserer Zeitung vorliegenden Informationen geht es um Ermittlungen im Umfeld des Ende November 2012 in Friesenheim-Oberschopfheim erschossenen Hells-Angels-Mitglieds Tommy G. Der Fall ist noch nicht geklärt. Doch wie die Mittelbadische Presse weiter erfuhr, sei es bei den Dienstgeheimnissen nicht um den Mord gegangen, sondern um einen Hinweis, dass auch gegen Lahrer Hells-Angels-Mitglieder wegen Betrugs in Zusammenhang mit hochwertigen Autos ermittelt wird.
Weitere Vergehen
Unabhängig davon hat der Bundespolizist nach Auffassung des Lahrer Amtsgerichts zudem im Polizeisystem Informationen zu mehreren Personen recherchiert und weitergegeben. In einem zweiten Fall habe er diese Informationen genutzt, um über einen Rechtsanwalt eine Forderung einzutreiben. Auch habe es von ihm weitere dienstlich nicht gerechtfertigte Datenbankabfragen gegeben, die aber nicht weiterverfolgt würden, weil die Betroffenen auf Strafanzeigen verzichtet hätten.
Der Verteidiger des Polizisten habe gegen das Lahrer Urteil Rechtsmittel eingelegt, somit wird es eine Berufungsverhandlung am Offenburger Landgericht geben. Der Bundespolizist sei wegen des Verfahrens unter Kürzung seiner Bezüge vorläufig vom Dienst suspendiert.