Prozess: Polizeischüler soll Kollegin begrapscht und bedroht haben
Vor dem Freiburger Landgericht wird am Montag gegen einen 20-Jährigen wegen Vergewaltigung in mehreren Fällen, sexueller Belästigung, Nötigung und Freiheitsberaubung verhandelt. Bei dem Angeklagten handelt es sich um einen ehemaligen Polizeischüler.
Ein heute 20-jähriger ehemaliger Schüler der Polizeischule in Lahr wird sich ab Montag, 12. April, vor der Jugendkammer des Landgerichts Freiburg verantworten müssen. Fünf Verhandlungstage sind bis zum 22. April reserviert, an denen sich der deutsche Staatsangehörige laut Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Freiburg wegen Vergewaltigung in mehreren Fällen, sexueller Belästigung, Nötigung, Freiheitsberaubung mit Beleidigung sowie zweifachen sexuellen Übergriffs in Tateinheit mit Körperverletzung verantworten muss.
Im eigenen Zimmer
Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, Ende 2018 während seiner damaligen Ausbildung zum Polizeidienst in seinem Zimmer auf dem Gelände der Polizeischule in Lahr eine Kollegin, zu der er eine freundschaftliche Beziehung gehabt habe, in sexuell motivierter Weise berührt zu haben. Anschließend soll er versucht haben, sie am Verlassen seines Zimmers zu hindern.
Außerdem soll der junge Mann laut Anklage auch einer weiteren Frau Leid zugefügt haben: Laut Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Freiburg habe er während eines Urlaubs auf der italienischen Insel Ischia im April 2019 seine damalige Lebensgefährtin am Verlassen der Duschkabine gehindert. Anschließend soll er sie laut Anklage körperlich gedemütigt haben.
Zum Sex gedrängt?
Der Angeklagte soll laut Anklage die Geschädigte zudem während des gemeinsamen Urlaubs mehrfach gewaltsam zur Duldung sexueller Handlungen veranlasst haben. Diese ehemalige Freundin des Angeklagten trete auch als Nebenklägerin auf, sagt der Erste Staatsanwalt Ralf Langenbach auf Anfrage unserer Zeitung. Wie auch die Polizeischülerin sei die Ex-Freundin als Zeugin geladen.
Wie Langenbach mitteilt, sei der Angeklagte nicht geständig. Er bestreite die Tatvorwürfe, weshalb im Prozess viel auf die Zeugenaussagen ankommen werde. Inwieweit objektive Beweise vorliegen, konnte Langenbach am Mittwoch nicht abschätzen, er vermutet aber, dass es nicht viele sein werden. „Entscheidend werden wohl die Aussagen der Zeugen sein“, sagt der Staatsanwalt.
Für das Strafmaß wird im Falle einer Verurteilung der Reifegrad des Polizeischülers eine Rolle spielen. Ob Jugend-oder Erwachsenenstrafrecht zur Anwendung kommen sollte, sei im Moment noch nicht absehbar, sagt Langenbach. In Haft sei der Angeklagte bislang nicht gewesen, da keine Fluchtgefahr bestehe und er einen festen Wohnsitz habe. Vom Polizeidienst sei der junge Mann, wie Langenbach sagt, mit Beginn des Verfahrens freigestellt worden.
Anzeige vor zwei Jahren
Im Frühjahr 2019 sei die Anzeige eingegangen, im Dezember 2019 sei dann Anklage erhoben worden. Dass der Fall jetzt erst verhandelt wird, hat laut Langenbach wohl mit dem Großverfahren wegen Vergewaltigung gegen elf junge Männer zu tun, der die Jugendkammer Freiburg 2020 beschäftigt hatte (wir berichteten).
Das Verfahren vor der Jugendkammer ist auf fünf Verhandlungstage angesetzt. Los geht es am Montag, 12. April, um 8.30 Uhr im Landgericht Freiburg, Salzstraße 17, im Sitzungssaal IV.
Eine Fortsetzung ist vorgesehen für Dienstag, 13., Montag, 19., Dienstag, 20. und Donnerstag, 22. April, jeweils ab 8.30 Uhr.
Schlagzeilen zur Polizeischule
Die Polizeischule Lahr ist durch diesen Gerichtsprozess gegen einen 20-Jährigen vor der Jugendkammer in Freiburg nicht zum ersten Mal in den Schlagzeilen.
Im Februar 2020 war bekannt geworden, dass sich sieben Lahrer Polizeischüler per WhatsApp nationalsozialistische, antisemitische und frauenfeindliche Inhalte zugespielt haben. Sie waren wegen ihrer »erheblichen charakterlichen Mängel« mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert und damit von der Ausbildung ausgeschlossen worden. Zudem seien Verfahren eingeleitet worden, um sie endgültig aus dem Polizeidienst zu entfernen. Auch Polizeischüler stehen in einem Dienstverhältnis.
Im November dann wurde die Kriminalpolizei auf eine Chatgruppe aufmerksam, in der Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen geteilt wurden. Wie sich herausstellte, handelte es sich um drei Polizeikommissaranwärter der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg. Auch sie wurden vom Studienbetrieb ausgeschlossen.