So kann man laut dem Verein "Aufschrei" sexuellem Missbrauch vorbeugen
"Wissen macht stark" - dies kann "Aufschrei" nur unterstreichen. Mit seinen Fortbildungen und Präventionsmaßnahmen bestärkt der Ortenauer Verein gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Erwachsenen Institutionen, sich der Problematik und ihrer Verantwortung bewusst zu werden und klare Signale nach außen zu senden. Die vorbeugende Beratung ist neben der Hilfe für die Missbrauchsopfer der zweite große Einsatzbereich des Vereins, den wir in diesem Bericht näher darstellen wollen.
Nun zur Präventionsarbeit des "Aufschrei" mit seinem Therapeutenteam: "Viele Personen, die in Familie, Beruf und Ehrenamt mit Kindern in Kontakt kommen, haben sich bereits Gedanken über das Thema des sexuellen Missbrauchs an Kindern gemacht", informieren die Fachberater von "Aufschrei". Der Wunsch sei groß, sexuellen Missbrauch an Kindern vorzubeugen. Ein entscheidender Baustein für eine wirksame Prävention sei die Fortbildung von pädagogischen Fachkräften und Eltern.
Das ist sehr schwierig
"Für Kinder und Jugendliche ist es schwierig, sich allein vor sexuellem Missbrauch zu schützen. Dafür brauchen sie die Hilfe von Erwachsenen", sagt Carolin Heuwerth von "Aufschrei". Die Sozial- sowie Sexualpädagogin und Sexualberaterin leitet neben Präventionsmaßnahmen und Beratungen auch Fortbildungen.
So zuletzt im Evangelischen Kindergarten Elisabeth in Kehl, als das komplette Team um Kindergartenleiterin Karola Thellmann mit den pädagogischen Fachkräften, Auszubildenden, FSJlern sowie nichtpädagogischen Kräften an der rund dreistündigen Fortbildung teilnahm. Dabei kreisten die Themen unter anderem darum, was kindliche Sexualität in Abgrenzung zu sexualisierter Gewalt und sexuellem Missbrauch ist, die Strategien von Täterinnen und Tätern sowie den Umgang mit Missbrauchsvermutung. Außerdem wurden Fallbeispiele erläutert und Präventionsmaßnahmen dargestellt. "Solche internen Fortbildungen mit dem gesamten Team sind sehr wichtig und wertvoll", findet Karola Thellmann. Alle hätten dann den gleichen Wissensstand und man könne sich mit seinen Erfahrungen und Gedanken austauschen. "Das Thema ist im Allgemeinen sehr aktuell und ist immer mal wieder präsent", nennt die Kindergartenleiterin "Körpererkundungsspiele" als Beispiel.
Auch wenn es in früheren Zeiten schon Kontakt zu "Aufschrei" gab, habe es diesmal zur allgemeinen Information gedient, informiert Karola Thellmann.
Seit 20 Jahren ist Nelli Müller Erzieherin. Inzwischen arbeitet sie seit rund sieben Jahren in der Krippe mit Kindern im Alter zwischen einem und drei Jahren, zuvor arbeitete sie mit Kindern im Alter zwischen zwei und sechs Jahren. Momentan sind es zehn Kleinkinder, um die sie sich in der Elisabeth-Kita in Kehl kümmert.
Nach allen Seiten offen
Es ist bedeutend, dass sie und ihre Kolleginnen und Kollegen gut geschult, sich weiterbilden und nach allen Seiten hin offen sind. Nelli Müller nahm zum ersten Mal an einer Fortbildung von "Aufschrei" teil. "Dieses Thema kommt in den letzten Jahren immer wieder zur Sprache, deshalb entschieden wir, uns im Team gemeinschaftlich weiterzubilden. Denn der Körper umgibt uns täglich".
"Auch um sexuelle Gewalt von Ausdrucksformen kindlicher Sexualität unterscheiden zu können, müssen wir uns mit kindlicher Sexualität und unserer eigenen Lerngeschichte beschäftigen", ergänzt Carolin Heuwerth.
Nelli Müller findet solche Fortbildungen sehr wichtig. "Eine Sensibilisierung, einheitliche Aufklärung und Thematisierung im gesamten Team oder für Personen, die mit Menschen arbeiten, gibt allen Beteiligten eine gewisse Sicherheit mit diesem Thema umzugehen und bei Bedarf auch Hilfestellung zu leisten."
Missbrauch: Mehr Schutzkonzepte und mehr Opferhilfe
Die Mittelbadische Presse unterstützt mit ihrer 28. Benefizaktion "Leser helfen" den gemeinnützigen Verein mit Sitz in Offenburg, der sich in den Jahren seines Bestehens einen exzellenten Ruf erarbeitet hat, jetzt jedoch große Kapazitätsprobleme hat. Weil das Thema sexuelle Gewalt bzw. Missbrauch vor allem aufgrund in der jüngeren Vergangenheit bekannt gewordenen zahlreicher Skandale zu einer größeren Sensibilisierung in der Öffentlichkeit geführt hat, hat auch der Gesetzgeber reagiert. So müssen alle Einrichtungen, die in der Kinder- und Jugendhilfe tätig sind, seit 2021 konkrete Maßnahmen zur Gewährleistungen der Rechte junger Menschen auf Schutz nachweisen. Diese Schutzkonzepte entwickelt der "Aufschrei", kann dies aber nur mit deutlich höherem personellen Einsatz. Und genau dafür sammelt "Leser helfen".
Aber auch um die vielen Anfragen von Missbrauchsopfern bzw. deren Umfeld bearbeiten zu können, was oft sehr zeitintensiv ist. Mit dem Spendengeld kann also ganz konkret von Missbrauch Betroffenen geholfen werden, weil diese überhaupt die Möglichkeit zu einem Erstgespräch erhalten bzw. dieses Gespräch ohne die bisher oft langen Wartezeiten stattfinden kann.