Mitgeschaut in Meißenheim: Das »Ufo« wurde zum Tatort-Star
Den Sinn für Realität schärfte der Tatort »HAL« am Sonntagabend auf besondere Weise. Beim Verwirrspiel um einen gefilmten Mord suchten auch die Meißenheimer Spuren: Sie schauten nach ihrem »Ufo« – und mussten sich lange gedulden.
Freunde, Knabbereien, ein Glas Rosé: Jacqueline Zürcher aus Meißenheim schaltete am Sonntagabend seit Langem wieder einmal beim Tatort zu – wie bestimmt viele im Ort. Der Grund ist schnell genannt: Beim Sonntagabend-Krimi mit dem Titel »HAL« war das Meißenheimer »Ufo« Drehlocation. Einst ein Firmengebäude, zieht bald die Gemeindeverwaltung dort ein.Im Tatort wurde das futuristische »Ufo« zur Firmenzentrale von »Bluesky«, bei dem der Hauptverdächtige David Bogmann als Programmierer arbeitete. Ken Duken spielt Bogmann, was Tino (14) freut. »Den mag ich«, betont das Patenkind von Jacqueline Zürcher. In den vergangenen Tagen hatte sich Tino mit mehreren alten Tatort-Filmen auf den Fernsehabend eingestimmt.
Ernüchterne Suche nach Bekanntem
Die Suche nach Lokalkolorit ist für die Meißenheimer ziemlich ernüchternd: Im Vorspann sieht man ein Mädchen, das an einem Fluss die Leiche findet. »Das wurde aber nicht hier gedreht. So einen Uferabschnitt gibt es bei uns nicht«, sagt Sieghilde Zürcher mit Kennerblick. Die Mutter der Gastgeberin hat es sich auf einem Stuhl bequem gemacht, um ein bisschen nach Meißenheim im Tatort zu suchen.
Einer speziellen Szene fieberte Tino entgegen: der mit dem Auto. Als auf dem Bildschirm zwei Autos durch die Nacht brausen, scheint sie gekommen. »Sie müssen gleichzeitig aussteigen«, sagt Tino. Doch noch ist es nicht so weit, Lannert trifft sich vorerst nur mit Bogmann auf dem Parkdeck des Stuttgarter Flughafens. Dort versucht der Hauptverdächtige, ihn von seiner Unschuld zu überzeugen – was natürlich nicht gelingt.
Am Schluss kam das »Ufo«
Ziemlich am Schluss kommt der Meißenheimer Auftritt: Lannert und Bootz fahren beim »Ufo« in ihren Autos vor. Gleichzeitig. Ebenfalls synchron steigen sie aus, schlagen die Türen zu… »Das wurde beim Dreh zig Mal wiederholt«, sagt Tino. Er hatte an jenem Abend Ende Februar, als diese Sequenz in den Kasten kam, am Schlafzimmerfenster gestanden und zugeguckt: »Ich wohne ja gerade gegenüber!« Es seien immer viele Zuschauer da gewesen. berichtet Zürcher, die natürlich auch vorbeigeschaut hatte. Manche wurden auch unfreiwillig zu Zaungästen – die Filmcrew sperrte die Straße immer wieder ab.
Der Inhalt des Filmes war starker Tobak: Das Callgirl Elena Stemmle war mit einer Plastiktüte erstickt worden – ein Film im Film, der vielleicht einmal zu oft wiederholt wurde. Weil der Film von Bogmanns Account aus in der Datingbörse »Love Adventure« landete. Diese wurde übrigens rege genutzt – von Bogmann, seiner Geschäftsführerin Mea und der Staatsanwältin. Dass die jungen Leute zugleich als Charakter für »Bluesky« arbeiteten, machte die Ermittlungen nicht einfacher. Die künstliche Intelligenz, die das Unternehmen entwickelt hatte, hat sich verselbstständigt.
Fazit: »Spannend gemacht!«
Auch in Zürchers Wohnzimmer weiß man bis zum Ende nicht genau, was man vom »Meißenheimer« Tatort halten soll. Immerhin stand für die Gastgeberin fest: »Der Film war spannend gemacht!« Ein Freund der Familie fasst die Quintessenz des Krimiabends zusammen: »Wir werden alle mehr überwacht als wir es glauben.« Und: Die filmische Realität ist eine ganz andere. Da sieht es teilweise ganz so aus, als befände sich das Meißenheimer »Ufo« in Stuttgart.
Das Beste war das "Ufo"
Von Anja Rolfes, Lokalredakteurin für Meißenheim
Meißenheim im Fernsehen – zumindest ein ganz kleines Stück davon. Das »Ufo«, der künftig Sitz der Gemeindeverwaltung, war Teil des »Tatorts« am Sonntag. Allerdings war das markante Gebäude nach Stuttgart »geflogen« worden. Klar, die Kommissare Lannert und Bootz ermitteln in der Landeshauptstadt. Trotzdem – die ganzen 90 Minuten suchte ich nach mehr Meißenheim. Und das hielt mich dann auch bis zum Schluss bei der Stange. Sonst hätte ich, ein eingefleischter »Tatort«-Fan, diese Folge vermutlich nach der ersten halben Stunden weggedrückt.
Seltsam seelenlos war die Geschichte. Ein Computerprogramm (»Bluesky«), das ein Eigenleben entwickelt – das kann glaubwürdig sein. Die Figuren waren es nicht. Zu kalt, zu grell wirkten sie. Das »Ufo« dagegen machte eine gute Figur als megabyte-kühler Firmensitz. Meißenheim jedoch wurde ausgeblendet. Im wahrsten Sinn. Die meiste Zeit gab es nur Innenansichten. Da waren die Rollos entweder unten oder das Licht draußen war so hell, dass die Außenwelt verschwamm.
Fazit meines Abends: Es war zwar nur ein sehr kleines Stück von Meißenheim im Fernsehen zu sehen – aber dieser Teil war der beste am ganzen Film!