"Svea ist kein Exot, Menschen wie sie gibt es hier einige"
Seit dem 29. November ist Svea Patzak stationär in der Kinder- und Jugendklinik im Epilepsiezentrum in Kork. Wahrscheinlich werde die Neunjährige vor Weihnachten entlassen. Dies hoffen zumindest ihre Eltern Tanja und Christian Patzak, auch wenn es eventuell nur für eine Pause mit einer Anschlussbehandlung im Januar ist. Für das Mädchen mit einer genetischen Veränderung, die zu einer Entwicklungsstörung und Epilepsie führt – in diesem Rahmen bestand am Gehirn eine Fehlanlage des linken Stirnlappens, die epilepsiechirurgisch entfernt wurde – sowie atypischem Autismus und geistiger Behinderung, ist der Aufenthalt in Kork nichts Neues. Denn dort ist sie ständig in Behandlung, stationär auch schon mal für eine Dauer bis zu zehn Wochen.
Sorgen darum, wie es weitergeht
Erstmals ist Vater Christian Patzak als Begleitperson alleine dabei. „Eine schwierige Situation für uns alle, wir leiden unter der Trennung“, sagt Mutter Tanja Patzak. Hinzu käme die Sorge, wie es weitergehe. „Die Gedanken kreisen.“ Mehrmals täglich telefoniert die Familie miteinander oder schickt sich Videos. „Zuhause ist es sehr ruhig“, beschreibt Tanja Patzak. Viel Zeit bleibe da für Sveas kleine Schwester Juna. Die Mutter unternimmt mit der Fünfjährigen Dinge, die zusammen mit Svea nicht so gut möglich wären. An den Wochenenden fahren die beiden von ihrem Wohnort im bayrischen Lohr am Main nach Kork und verbringen so viel Zeit wie möglich zu viert. Doch Corona mit seinen Einschränkungen erschwere die Situation sehr.
Der Alltag ist für die Familie anstrengend. Svea besucht eine Schule mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Das Mädchen schläft nachts nicht durch, ist oft unruhig. „Svea liebt es, wenn wir ihr vorsingen, sie klatscht und lacht dann“, berichtet die Mutter. Stets müsse es eine direkte Betreuung geben, weil sie keine Gefahren einschätzen könne. „Die Pflege ist aufgrund ihres Abwehrverhaltens sehr anstrengend und kostet viel Kraft.“
Anfälle schränken ein
„Sveas Erkrankung und vor allem ihre geistige Behinderung bestimmen einfach alles“, berichten die Eltern. Es werde alles darauf ausgerichtet und abgestimmt. „Mein Mann und ich teilen uns häufig auf, damit auch Juna ihren Hobbies nachgehen kann. Sie tanzt Ballett, möchte auf den Spielplatz gehen und ihre Freunde treffen“, berichtet Tanja Patzak. Sveas starke Unruhe, ihr Schreien sowie die Anfälle schränken die Familie stark ein. „Juna nimmt ihre Schwester wie sie ist, sie kennt sie nur so“, sagt der Vater. Beide würden sich „auf ihre Art“ lieben. Die Eltern bleiben dabei stets auf der Hut, „Svea entwickelt starke Kräfte und ist sehr grob“.
Svea galt als gesund, bis sie 13 Monate alt war
„Unsere Tochter galt als gesund, bis sie 13 Monate alt war, erst dann traten die ersten epileptischen Anfälle auf“, berichtet Tanja Patzak. „Sie saß im Hochstuhl, ihr Oberkörper kippte mehrmals nach vorne um. Wir wussten nicht sofort, dass es sich um ein Anfallsleiden handelt“, erinnert sie sich. Das war im September 2013. Erst während des ersten Aufenthaltes in Kork von Juli bis September 2014 wurden beim MRT die Dysplasien gefunden. Vorher waren die Eltern mit ihrem Kind mehrere Monate im Universitätsklinikum Würzburg sowie im Klinikum Kassel in Behandlung. Das Syndrom wurde erst im November 2015 entdeckt. Immer wieder war das Mädchen zur Medikamentenumstellung im Epilepsiezentrum in Kork. „Es wurden Medikamente ein- und ausdosiert“, zählt der Vater unter anderem auf, dass Diagnostik wiederholt und ergänzt, MRT, Lumbalpunktion und unzählige EEGs geschrieben wurden. Zudem sei die modifizierte Atkins-Diät eingestellt, samt Einweisung für die Eltern mit Kochkursen, und auch wieder ausdosiert worden.
Im Januar 2015 folgte in der Uniklinik Freiburg eine Operation. „Es wurde der linke Frontallappen entfernt“, blicken die Eltern zurück. Leider ohne Erfolg. „Svea gilt als therapieresistent, sie hatte bereits 16 Medikamente, die Diät, Cortisonstoßtherapien und die OP“, so der Vater.
"Eiskalte, feuchte Hände"
Aktuell krampft das Mädchen drei bis vier Mal in sogenannten tonischen Serien von jeweils fünf bis 15 Minuten, bei denen die einzelnen Anfälle zwar nur ein bis zwei Sekunden dauern, sich aber aneinanderreihen. „Svea bekommt eiskalte, feuchte Hände, sie starrt und macht Kaubewegungen, ihr Bewusstsein ist getrübt und je nachdem wie stark die Anfälle sind, weint sie. Ihre Arme und Beine werden steif, der Oberkörper kippt nach vorne“, beschreibt Tanja Patzak.
Aktuell erfolge eine Medikamentenumstellung, weil Sveas Anfälle immer länger und intensiver würden. „Sie bekommt ein neues Medikament eindosiert, Cannabidiol. Da dieses Wechselwirkungen mit einem ihrer aktuellen Medikamente hat – Nitrazepam, es stammt aus der Reihe der Benzodiazepine und verursacht Entzugsanfälle – , müssen wir eben dieses senken. Beim Senken drohen Entzugsanfälle“, erklärt der Vater. Doch Svea sei in Kork in guten Händen und es könne direkt reagiert werden, wenn es dazu komme, „das könnten wir zu Hause nicht stemmen“.
Hippotherapie zu Hause
In Kork bekommt Svea Physiotherapie sowie regelmäßige Termine bei der Unterstützten Kommunikation. „Die erste Hippotherapie hatte Svea hier im Frühjahr 2015, seither auch zu Hause einmal wöchentlich“, berichtet die Mutter. Diese Therapieform werde von der Krankenkasse zwar nicht bezahlt, ist für das Mädchen aber sehr wichtig, da es die Rumpfmuskulatur trainiert. „Mittlerweile nimmt sie das Pferd auch als Tier wahr und freut sich. Sie schnalzt mit der Zunge, wenn es losreiten soll. Das ist sehr beeindruckend, da Svea sehr in ihrer eigenen Welt feststeckt und sich bisher überwiegend durch Blicke oder Klopfen bemerkbar macht. Fremde Menschen nehmen ihre Bedürfnisse kaum wahr.“
"Fröhlich und gewohnt laut"
Für die Familie ist die Diakonie Kork sehr wichtig. „Svea ist kein Exot, Menschen wie sie gibt es hier einige.“ Sie sei mobil, kann zwar nicht sprechen, aber man würde ihr die Behinderung auf den ersten Blick nicht ansehen. „Sie hat starke Weglauftendenzen, schreit immer wieder. Man kennt hier Menschen wie Svea. Das ist wichtig und so was wie ein geschützter Raum“, sind sie dankbar. Auch wenn es Svea nicht immer gut ginge, und sie wegen der Untersuchungen traumatisiert sei. „So lange man sie in Ruhe lässt, ist sie aber fröhlich und gewohnt laut.“
Die aktuellen Spendernamen
Der gemeinnützige Förderverein „Leser helfen“ verschickt bei Spenden ab 300 Euro automatisch Spendenbescheinigungen. Wichtig dafür ist die vollständige Anschrift auf dem Überweisungsträger oder dem Einzahlungsbeleg. „Leser helfen“ nennt übrigens jeden Spender in der Zeitung und auf Baden Online (bo.de). Wer dies nicht möchte, sollte dies unbedingt vermerken.
Hubert und Lucia Heizmann, Brigitte Karcher, Wilfried und Roswitha Eggs, Brunhilde Armbruster, Rudolf Buchholz, Manfred Huber, Jens, Claudia und Linus Rothe, Marianne und Jürgen Wärter, Manfred und Lore Grampp, Bruno und Doris Halter, Klaus und Hedwig Quellmalz, Rudi und Ursula Maurer, Gabriele Wittmeier, Wilfried und Inge Bierer, Erika Armbruster, Heinrich und Gerda Kirn, Anneliese Müller-Harter, Kurt und Sophie Schwenk, Maria und Wendelin Burger, Manfred und Elfriede Wegel, Friedrich Albrecht und Angelika Albrecht-Braun, Marlene Rappenecker, Klaus-Peter Schindler, Baumschule Eugen Huber, Günter Harr, Franz Lutz, Anneliese Schubert, Volker und Helga Koch, Rosa Oberle, Rita Bauer, Bernhard Schmid, Monika Matus, Ditmar Gasse, Eva Busam, Michael Sturm, Elisabeth Hummel, Eleonore Buchta, Helga Molitor, Jutta und Ulrich Hartmann, Katholische Frauengemeinschaft Ortenberg.