Umgehungsstraßen: Warum mehr Busse die bessere Alternative sind
Reinhard Hahn, Vorstandsmitglied des VCD Südbaden, erklärt in seiner Ortenau-Kolumne, warum es im Landkreis mehr Busse und weniger Straßenbau braucht.
Wer an einer vielbefahrenen Straße wohnt, weiß, dass das kein Vergnügen ist. Abgase belasten die Atemluft, Lärm führt zu Schlafmangel, erhöht das Infarktrisiko. Geschäften bleiben die Kunden weg, weil Einkaufen keinen Spaß macht. Fußgänger*innen und Radfahrer*innen haben Schwierigkeiten, die Straße zu überqueren. Die Häuser an der Straße verlieren an Wert: Wer es sich leisten kann, zieht weg.
Gleich zwei Projekte
Vielerorts werden darum Umgehungsstraßen gefordert, geplant, gebaut, erweitert. Im Raum Lahr gibt es aktuell gleich zwei Projekte: In Reichenbach und Kuhbach wird verstärkt über Möglichkeiten der sogenannten Schutterparallele diskutiert. Und der Ortenaukreis möchte eine Kreisstraße von Ringsheim nach Lahr bauen, die vor allem die B3-Ortsdurchfahrt Kippenheim entlasten soll. Die Folgen solcher Umfahrungen sind klar: Mit dem Auto kommt man schneller vorwärts, darum fahren Autos weitere Strecken und die Verkehrsprobleme an den Stellen ohne Umfahrung (in dem Fall zum Beispiel in der Stadt Lahr) wachsen an. Geht es auch besser?
Wenn ich mir zu Weihnachten etwas wünschen darf, dann sind es Luxemburger Verhältnisse. Dort hat man im Verkehrsministerium erkannt, dass die meist mit nur einem Menschen besetzten Pkws mit Sicherheitsabstand im Verkehr ungefähr 35 Quadratmeter pro Person benötigen.
Demgegenüber braucht ein Fahrgast in einem gut besetzten Bus oder Zug nur ein bis zwei Quadratmeter. Das heißt, den Verkehrsinfarkt kann man am besten durch einen guten öffentlichen Verkehr vermeiden. Und das nicht nur in der Stadt: In Luxemburg haben im ländlichen Raum auch viele 2000-Einwohner-Dörfer von 5 bis 24 Uhr eine mindestens stündliche Anbindung zu den nächsten größeren Orten, wo dann möglicherweise noch ein Stadt- oder Rufbussystem die Feinverteilung übernimmt. Und wenn das Angebot stimmt, dann steigen viele Leute um – gerade wenn die Alternative ist, mit dem Auto im Stau in Kippenheim oder Reichenbach zu stehen.
Das ist viel zu teuer? Nein, das ist nachhaltig! Das ist die Art von Anstrengungen, die wir jetzt unternehmen müssen, damit es nicht nur in Kippenheim, Reichenbach und Kuhbach, sondern überall angenehmer zu leben wird. Und nebenbei haben wir damit auch die Chance, unseren Teil zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels beizutragen. Eine 50-Millionen-Euro-Kreisstraße und eine vielleicht noch viel teurere Schutterparallele helfen dabei ganz sicher nicht.