Ortenau

Ungeliebte Neulinge: Waschbären in der Ortenau

Bettina Kühne
Lesezeit 3 Minuten
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05. Juli 2017

Waschbären sehen niedlich aus, sind aber für Niederwild und Bodenbrüter gefährlich. Außerdem plündern sie die Felder von Landwirten. Jäger wollen jetzt gegensteuern. ©dpa

Jüngst klagte ein Landwirt im nördlichen Ortenaukreis, dass sich ein Waschbär an sein Kartoffelfeld herangemacht habe. Das Problem: Der Waschbär ist längst hier angekommen – aber keiner sieht ihn. Die Jäger versuchen, gegenzusteuern. 

Waschbären haben in der nördlichen Ortenau einen Kartoffelacker geplündert. Das konnte man anhand einer Wildtierkamera feststellen, so die Pressesprecherin der Jägervereinigung Kehl-Achern, Sieglinde Rösch. Und deshalb wollen sie und ihre Jagdkameraden wachrütteln. »Der Waschbär wandert aus dem Norden bei uns ein«, sagt sie.

Kreisjägermeister Rainer Hempelmann sieht darin ein erstes Alarmzeichen: Er und seine Kollegen wollen diese Invasion nämlich so gut es geht verhindern. »Die Waschbären haben als Zuwanderer keine Fressfeinde, setzen aber vielen heimischen Tierarten zu«, sagt er. Betroffen seien unter anderem das Niederwild, aber auch die Bodenbrüter. Als ob diese nicht schon Probleme genug hätten: Immer größere Ackerflächen, wachsende Baugebiete und nicht zuletzt die einheimischen Raubtiere wie Marder, Wiesel oder Iltis setzen Rebhuhn, Fasan und Co. zu.

Er weist darauf hin, dass die Jagdstrecke im vergangenen Jagdjahr in Baden-Württemberg über 1200 Exemplare aufweist. »Das sind 29 Prozent mehr als im Vorjahr«, erklärt er. Laut Jagdbericht 2015/16 liegen die Schwerpunkte in den Schwäbisch-Fränkischen Waldbergen und im Schur- und Welzheimer Wald. Schwerpunkt ist jedoch Hessen. In der Ortenau ist es vergleichsweise ruhig. Hempelmann kennt bisher nur den Schadensfall am Kartoffelacker, für den der zuständige Jagdpächter laut Gesetz allerdings nicht aufkommen muss. »Gesehen habe ich selbst in meinem Revier noch keinen Waschbären«, sagt Hempelmann.

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Kreisjägermeister Wolfgang Lauer aus Lahr pflichtet bei: »Man bekommt die Waschbären kaum zu Gesicht, denn sie sind nachtaktiv.« Das macht es auch extrem schwierig, einen Waschbären zu schießen. Trotzdem liegt die Lahrer Jägervereinigung vorne, wenn es darum geht, die Neozeon (Einwanderertiere) zu bejagen. Von der Jagdstrecke mit 24 Tieren in den vergangenen drei Jagdjahren wurden 22 Waschbären im Bereich Lahr gejagt. »Wir verwenden dazu Lebendfallen«, so Lauer. Der Aufwand – jede einzelne ist genehmigungspflichtig – ist das seinen Jagdkameraden wert. Denn auch die Lahrer Jäger treibt der Schutz des Niederwildes und der Bodenbrüter an. »Wir haben seit Jahren eine anerkannte Hegegemeinschaft Niederwild«, sagt er.

Hasen, Rebhühner und andere Vögel, aber auch Amphibien leiden unter dem Waschbären. »Er macht alles kurz und klein«, sagt Lauer. Selbst einen Imker in Sulz habe er mehrfach ausgeplündert. »Lange dachten wir, es seien Strolche«, erinnert sich der Kreisjägermeister. Es wurde ein Wildkamera installiert, die den Waschbären auf Beutezug zeigte.

Gefräßiger Räuber

Wie genau sich der gefräßige Räuber auswirkt, kann Lauer noch nicht sagen: »Wir haben bisher keine belastbaren Zahlen.« Durch das Wildtiermonitoring soll sich das aber ändern: Das Programm mit dem Kreis läuft, in zwei, drei Jahren, schätzt Lauer, könnte man genauere Aussagen treffen.

Bei Mattias Saecker, forstlicher Wildtierbeauftragter des Ortenaukreises, sind bisher keine Meldungen über Waschbären – weder Sichtungen noch Schäden. »Vor allem Letzteres hätte ich mitbekommen«, sagt er. Und er warnt: »Falsch wäre es, das Thema zu ignorieren.«

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