Verein Aufschrei: Viele Fälle kommen heute zur Anzeige
Die Benefizaktion "Leser helfen" unterstützt den Ortenauer Verein "Aufschrei" gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Erwachsenen, der sich intensiv Betroffenen annimmt und diese berät. So auch Sozialpädagogin Dagmar Stumpe-Blasel, die psychosoziale Prozessbegleiterin für Sexualdelikte ist und als qualifizierte sowie erfahrene sozialpädagogische und psychologische Fachkraft vor, während und nach der Hauptverhandlung begleitet.
"Die psychosoziale Prozessbegleitung ist eine intensive, nicht rechtliche Unterstützung und Begleitung für besonders schutzbedürftige verletzte Zeuginnen und Zeugen im Strafverfahren", erklärt Dagmar Stumpe-Blasel. Damit soll vor allem die individuelle Belastung reduziert werden. "Die Prozessbegleitung ersetzt also nicht die Anwältin oder den Anwalt", macht sie deutlich.
Seit 2017 ist sie zertifizierte psychosoziale Prozessbegleiterin und begleitet verletzte Zeuginnen und Zeugen nach sexualisierter Gewalt in Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter, wenn sie sich für eine Strafanzeige entschieden haben.
Während der Hauptverhandlung steht Dagmar Stumpe-Blasel zur Seite, indem sie begleitet, bei der Aussage daneben sitzt und Wartezeiten überbrückt. "Nach Möglichkeit sorge ich dafür, dass die Begegnung mit dem Angeklagten und der Presse vermieden wird", beschreibt sie. Nach der Hauptverhandlung unterstütze sie weiter, indem über das Verfahren selbst und den Ausgang des Verfahrens reflektiert und gesprochen wird. "Bei Bedarf vermittle ich auch weitere Hilfsangebote."
Zu jedem Zeitpunkt des Strafverfahrens könne sich die verletzte Person bei "Aufschrei" melden. "Erfahrungsgemäß ist es hilfreich, das so früh wie möglich zu tun, auch, wenn man noch ganz am Anfang steht und sich mit einer Strafanzeige auseinandersetzt. Hier findet keine Tataufarbeitung, keine Rechtsberatung und kein Gespräch über den Inhalt der Aussage statt", erklärt Stumpe-Blasel.
Ängste abbauen
Stattdessen unterstütze sie vor der Aussage, indem sie viele Informationen über die Abläufe eines Strafverfahrens gebe und würde über juristische Begriffe aufklären. Außerdem gehe es darum, das Sicherheitsgefühl in der „fremden Situation“ zu stärken, indem sie beispielsweise gemeinsam den Gerichtsaal im Vorfeld besuchen. "Ich versuche Ängste, die im Zusammenhang mit dem Strafverfahren stehen, abzubauen." Es gebe Zeit für Gespräche und Fragen, sie gibt Hinweise auf Opferschutzmaßnahmen und hilft bei Bedarf bei der Vermittlung zu einer Anwältin oder einem Anwalt.
Eine solche Opferanwältin ist Ulrike Schwarz von der Kanzlei "Schwarz & Weidt" in Offenburg. Sie ist seit 1999 Rechtsanwältin sowie Fachanwältin für Familienrecht und spezialisiert im Opferrecht. Seit 2002 liegt ihre schwerpunktmäßige Tätigkeit im Opferrecht.
"Das Opfer entscheidet, welches Unterstützungsangebot es in Anspruch nehmen will. Eine Begleitung nur durch eine psychosoziale Prozessbegleitung ist denkbar, genauso wie nur die Beauftragung einer Opferanwältin", erklärt die Juristin. Die Beiordnung beider im Strafverfahren erfolge allerdings nur auf Antrag des Opfers.
Sie würde jederzeit den Opfern dazu raten, sich an eine psychosoziale Prozessbegleiterin zu wenden, da sich beide Aufgaben ergänzen. "Dies ist ein wichtiger Unterstützungsdienst für das Opfer und ergänzt meine rechtliche Arbeit als Opferanwältin", betont Ulrike Schwarz.
Die Arbeit von Dagmar Stumpe-Blasel sei für sie eine Entlastung, da die Opfer emotional auf das Strafverfahren und eine eventuelle Aussage vor der Polizei oder im Rahmen der Hauptverhandlung vorbereitet würden.
Die Anzahl der Fälle von sexueller Gewalt haben in den letzten Jahren zugenommen. "Jeden Tag werden 48 Kinder in Deutschland Opfer sexueller Gewalt", wie sie aus der Polizeilichen Kriminalstatistik 2022 entnimmt. "Viele Fälle kommen heute im Gegensatz zu früher zur Anzeige, sicherlich aufgrund erhöhter Sensibilität auf allen Seiten und vermehrter Aufklärungsarbeit, die unter anderem auch "Aufschrei" leistet, findet sie. "Für viele Opfer ist "Aufschrei" die erste Anlaufstelle, oft noch bevor die Tat angezeigt wird", erinnert sie.
Leider sei diese Art von Unterstützung jedoch nicht wirklich bei allen bekannt. "Wir bekommen immer noch wenig von außen vermittelt, obwohl diese Opferschutzmaßnahme offiziell anerkannt ist." Im Jahr 2022 begleitete Dagmar Stumpe-Blasel elf Personen, die einen Antrag auf psychosoziale Prozessbegleitung gestellt hatten. "Die Hauptverhandlungen haben aber noch nicht bei allen Anträgen aus dem Jahr 2022 stattgefunden."
Die Kosten für die psychosoziale Prozessbegleitung trägt die Staatskasse, "allerdings nur auf Antrag und im Falle einer Beiordnung." Das Angebot könne zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens in Anspruch genommen werden. Die Sozialpädagogin unterstützt auch bei der Antragsstellung.
Aktuell ist Dagmar Stumpe-Blasel die einzige Prozessbegleiterin, die verletzte Personen begleitet, deren Wohnort sich in der Ortenau befindet und an den Gerichten in Offenburg verhandelt wird. Befindet sich der Wohnort in der Ortenau und die Hauptverhandlung findet in den Landgerichten der Nachbarschaft statt, kann sie in der Regel ebenso begleiten.
Die Spender
Agnes Walter, Franz und Gudrun Fritz, Veronika Schutt, Ida Dorflinger, Hans Peter König, Else Wahl, Marianne Gresbach, Anna Wiedemer, Franz und Rita Bischler, Karl und Claudia Spinner, Waltraud und Erich Rösch.
Reiner Schell, Angelika Schlicht, Renate Ruch, Gerda Menzel, Dieter Preiss, Ingrid Weik, Kahtarina Adler, Renate Hetzel, Doris und Clemens Schmid, Angelika Kiefer, Gerhard Sulzberger, Elfriede Grimmig, Angelika Schrempp, Raimund und Ulrike Heizmann.
Gisela Steurer, Robert und Ruth Lindenlaub, Egon und Ursula Hildenbrand, Ulla Moschberger, Josef Roth, Heinz-Peter Dischler, Landfrauenverband Südbaden Bezirksverein Oberkirch, Dr. Peter Kaiser, Ursula May, Bernd Mansshardt, Irmgard Beathalter, Gerda Link, Petra Foll, Wolf-Dieter und Ursula Utz, Otto Zentner, Nicolaus und Anna Müller. Siglinde Haas, Sieglinde Schmieder, Christine Seibt, Heinz und Julita Weber.
Emilie Ehret, Christa Kornmayer, Inge Haas, Dietgard Dies, Gerhard und Erika Heitzmann, Reiner Vogt, Emma Vilmin, Erika Tibi, Irmgard Tramborg, Brigitte Kern, Ursula Äckerle, Bernd und Beate Schwenk, Georg und Anita Karch, Peter Reiss, Friedrich Mussler, Jürgen Wiehan, Franz Spinner, Christa Heilig-Seidl, Walter und Francine Hoferer.