Ortenau

Wie die Korker Epilepsieklinik Kinder- und Jugendliche unterstützt

Christiane  Agüera Oliver
Lesezeit 5 Minuten
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08. Dezember 2021

Pauline Lux (rechts) leitet den Kliniksozialdienst der Diakonie Kork. Dort arbeitet sie bereits seit 20 Jahren. ©Foto: Diakonie Kork

Die 25. Benefizaktion „Leser helfen“ unterstützt in diesem Jahr die Epilepsieklinik für Kinder- und Jugendliche in der Diakonie Kork. Pauline Lux leitet dort den Kliniksozialdienst und gibt im Interview Einblicke in ihre Arbeit.

Pauline Lux leitet den Kliniksozialdienst im Epilepsiezentrum Kork. Das wird in diesem Jahr unterstützt von „Leser helfen“ der Mittelbadischen Presse. Lux ist Ansprechpartnerin für Patienten, Angehörige, Mitarbeiter der Klinik und von externen Stellen. Das setzt krankheitsspezifische Fachkenntnisse, Kenntnisse der Komplexität der Erkrankung Epilepsie und deren Auswirkungen auf den Alltag und viel Beziehungsarbeit voraus. Im Interview berichtet Pauline Lux über ihre Arbeit.

Frau Lux, was macht ein Kliniksozialdienst?

Das Leistungsangebot umfasst Hilfen in persönlichen und sozialen Angelegenheiten: Beratung und praktische Unterstützung erfolgt in den notwendigen Bereichen, überwiegend in der medizinischen, pädagogischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation. Kriseninterventionen unter besonderer Berücksichtigung akuter finanzieller Notlagen sowie langfristige Existenzsicherung der stationären Patienten gehören dazu. Die verantwortungsvolle Sozialarbeit als ein Baustein der in der Klinik gelebten ganzheitlichen Behandlung steigert die Qualität der klinischen Arbeit und die Patientenzufriedenheit.

Wer benötigt Ihre Beratung und Unterstützung? 

Neben den Patienten, Angehörigen und Klinikmitarbeitern haben wir während des stationären Aufenthalts auch Gespräche mit Mitarbeitern von Kindergärten, Schulen, Ausbildungsstätten, sozialen Einrichtungen, Betrieben, (Sport-)Vereinen und anderen – also mit allen, bei denen die Anfälle oder Auswirkungen der Epilepsie im ganz normalen Alltag zu Fragen oder Einschränkungen führt. Epilepsiepatienten kommen zum Sozialdienst, weil sie unter anderem frisch erkrankt sind, vor der Berufswahl stehen oder ihren bisherigen Beruf nicht weiter ausüben können, arbeitslos sind, finanzielle Probleme oder durch die Krankheit soziale Kontakte verloren haben. Auf der Grundlage des Sozialrechts bauen wir Brücken zur Versorgung außerhalb.

In welchen Belangen unterstützen Sie, speziell was die Epilepsie anbelangt?

In allen Lebensbereichen: Wir ermöglichen Eingliederung in Kindergarten, Schule, Ausbildung, Studium, die weitere Berufsausübung oder berufliche Umorientierung, aber auch Freizeitaktivitäten. Ich arbeite eng mit den Kollegen aus dem Netzwerk „Epilepsie und Arbeit“ zusammen. Eine fundierte und realistische Einschätzung und Beratung hinsichtlich möglicher Gefährdungen am Arbeitsplatz und notwendiger Sicherheitsvorkehrungen ist die Voraussetzung für eine gelungene Eingliederung. Als Trainerin des psychoedukativen modularen Schulungsprogramms MOSES befähige ich gemeinsam mit einem Co-Trainer die Patienten zu einem guten Umgang mit der Erkrankung durch Wissensvermittlung und fördere den Austausch mit anderen stationären Patienten, die in einer ähnlichen Situation sind. Die zunehmende Komplexität der Gesellschaft bedarf für Menschen mit Epilepsie zunehmend spezieller Betreuung und Beratung. Die immer differenziertere Sozialgesetzgebung und restriktive Auslegung der Gesetze erfordert fundierte, breitgefächerte Fachkenntnis, um Patienten zu ihrem Recht zu verhelfen.

Wie sieht Ihre Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendklinik aus?

Wir Mitarbeiterinnen im Sozialdienst sind Teil des Stationsteams und nehmen regelmäßig an Besprechungen oder Visiten teil, um die interdisziplinäre Zusammenarbeit für eine ganzheitliche Behandlung und für einen gelungenen Transfer nach Hause zu gewährleisten. Nur wenn wir im Team arbeiten, die unterschiedlichen Perspektiven aller Beteiligten kennen und würdigen, werden wir unseren Patienten und ihrer individuellen Lebenswelt gerecht. Da ich Teil des Kinderschutzteams der Kinderklinik bin, bin ich ohnehin stationsübergreifend intensiv mit allen Kollegen in Kontakt und im Austausch. In meinen Beratungen bereite ich auch die sogenannte Transition vor, also den Übergang der Jugendlichen in die Erwachsenenklinik, mit Erreichen des 18. Lebensjahrs.

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Wie unterscheidet sich Ihr Dienst bei Kindern und Jugendlichen von dem bei Erwachsenen?

Im Kinderbereich sind meine Ansprechpartner Eltern, Großeltern oder sonstige Bezugspersonen. Es ist zunächst wichtig, stützende Gespräche zur Krisen- und Krankheitsbewältigung zu führen, eine Vertrauensbasis zu schaffen, um erst dann die notwendigen sozialrechtlichen Belange anzusprechen und umzusetzen. Bei Jugendlichen ist man in einer ganz anderen Welt, zu der man einen anderen Zugang braucht und ein anderes Verständnis. Ein junger Mensch, der sich eigentlich aufmachen will in sein eigenes, aufregendes Leben, ist durch die ausgesprochenen epilepsiebedingten Einschränkungen frustriert und demotiviert. Führerschein, Traumberuf, Partys – das sind für den Übergang in das Erwachsenenalter wichtige Dinge – und die Balance zwischen verantwortungsbewusst und risikobereit muss von allen Jugendlichen erst gelernt werden. Ohne Führerschein ist man draußen. Erwachsene befinden sich je nach Lebenssituation in mehr oder minder großen Lebenskrisen, wenn durch die Epilepsie ihr bisheriges Leben auf den Kopf gestellt wird. Empathische, aber auch wirklich schnelle praktische Unterstützung ist hier notwendig. Wir zeigen Patienten, wie sie mit epilepsiebedingten Stolpersteinen umgehen können.

Und hilft der Kliniksozialdienst lediglich während des Aufenthalts in Kork oder auch darüber hinaus? 

Als ich vor über 20 Jahren in Kork den Kliniksozialdienst aufbaute, habe ich mich im Zuge der anhaltenden Wirkung unserer initiierten Maßnahmen natürlich auch nach dem Aufenthalt weiter um die Patienten gekümmert. Dabei wurde schnell deutlich, dass dies nur schwer zu bewältigen ist – und viele Fragen neu aufkommen. In sozialer Hinsicht entsteht ein großer Handlungsbedarf oft auch nach dem stationären Aufenthalt. Dadurch, dass viele unserer Patienten wegen einer schwer kontrollierbaren Epilepsie immer wieder ambulant  und auch stationär kommen, bricht der Kontakt nie ganz ab. In Vertretungszeiten übernehmen wir auch Patienten der Beratungsstelle und nehmen so Teil am Fortschritt der von uns begonnenen Interventionen. Manche Patienten und Eltern besuchen uns am Rande eines Ambulanztermins und informieren, wie es ihnen mittlerweile ergangen ist.

Fallen für die Betroffenen Kosten für Ihren Service an?

Es fallen keinerlei Kosten an, die Krankenhäuser sind verpflichtet, einen Sozialdienst vorzuhalten – können diesen aber nicht individuell abrechnen, sodass es in der Entscheidung der Klinik ist, wie stark sie den Sozialdienst personell ausstattet.

Wie wichtig ist für Sie die Aktion „Leser helfen“?

Unermesslich wichtig. Ich bin Ihnen im Sinne der Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Epilepsie für unsere Patienten und Angehörigen total dankbar. Das Thema ist leider immer noch mit vielen Vorurteilen behaftet und nicht „sexy“, sodass Berichterstattung und Aufklärung schwierig sind. Und natürlich freue ich mich, dass wir Spenden zur Verfügung haben, um erforderliche, aber durch das Sozialsystem nicht vergütete Projekte umzusetzen!

 

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