Offenburg

Wie es ist, sterbenskrank auf der Straße zu leben

Antonia Höft
Lesezeit 3 Minuten
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22. November 2016
Kai-Uwe Dietter lebte lange Zeit mit Hündin Aischa krank auf der Straße. Heute fühlt er sich in der Offenburger »Pflasterstube« gut aufgehoben. Dennoch: Der Krebs ist nicht geheilt.

Kai-Uwe Dietter lebte lange Zeit mit Hündin Aischa krank auf der Straße. Heute fühlt er sich in der Offenburger »Pflasterstube« gut aufgehoben. Dennoch: Der Krebs ist nicht geheilt. ©Antonia Höft

Leberkrebs im Endstadium lautet die Diagnose: Kai-Uwe Dietter (60) ist sterbenskrank. Das St. Ursulaheim in Offenburg ist sein Zuhause. »Leser helfen« will Menschen wie ihn unterstützen und sammelt für eine mobile Krankenstation, in der Obdachlose medizinisch versorgt werden.

»Aischa, hör’ auf«, sagt Kai-Uwe Dietter zu seiner Mischlingshündin, die einen Mann vor dem St. Ursulaheim in Offenburg ankläfft. Der Bewohner des Obdachlosenheims sitzt rauchend vor dem Obdachlosenheim auf einer Bank und streichelt das aufgeregte Tier.

Das Leben auf der Straße? Dietter kennt es seit etlichen Jahren. Vor allem an einen Vorfall erinnert er sich ganz genau: »2014 ist mein Zelt an Silvester abgebrannt.« Jugendliche hatten Raketen steigen lassen und eine war im Zelt gelandet. »Es war keine Absicht, aber ich hatte dann kein Zuhause mehr«, erzählt er.

In all den Jahren, in denen er auf der Straße lebte, habe er keine schlechte Erfahrung gemacht. »Die Offenburger waren gut zu mir!« Seit 2015 ist er im St. Ursulaheim nicht nur ein Gast – es wird seine letzte Lebensstation sein.

Immer Schmerzen

Während Dietter von dem Leben auf der Straße erzählt, hustet er immer wieder. Seine Hände sind rot von der Kälte. Doch der kalte Wind ist sein geringstes Problem: Er hat Leberkrebs. Die Chemotherapie hat er bereits hinter sich, er ist im Endstadium. Wann er stirbt, weiß er nicht, er bleibt Optimist. »Ich kann genauso gut morgen überfahren werden«, versucht er, seine Krankheit zu überspielen. »Schmerzen habe ich immer«, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Daran habe er sich mit der Zeit gewöhnt. 

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Eine mobile Krankenstation, wie sie mit »Leser helfen«, der Spendenaktion der Mittelbadischen Presse, finanziert werden soll, wäre vor ein paar Jahren für den Obdachlosen ideal gewesen. Er  litt unter einer Thrombose und konnte sich nicht bewegen. Ein Arzt in so einer Situation zu finden, sei alles andere als einfach: »Viele nehmen keine neuen Patienten auf.« Zudem würden auch in der Praxis Obdachlose Außenseiter bleiben, sagt Dietter. »Dort schaut man uns schräg an!«

Eine große Chance

Ein Wohnmobil senke die Hemmschwelle, ist der 60-Jährige überzeugt: »Keiner muss sich unwohl fühlen und kann er selbst sein. Ich glaube, dass Berührungsängste so besser abgebaut werden können.« Dietter sieht das »Krankenmobil« als große Chance, schlimme Krankheiten so zeitig zu erkennen und zu behandeln. 

Viele Obdachlose hätten gesundheitliche Probleme und es falle ihnen schwer, überhaupt zu einer Arztpraxis zu laufen, weiß er aus Erfahrung. »Außerdem wollen sie ihr Eigentum auf der Straße nicht alleine lassen.«

Das Wohnmobil kann Kai-Uwe Dietter nicht mehr helfen, doch das ist ihm egal: »Die anderen sollen davon profitieren – und das so schnell es geht.« 

Hintergrund

Wohnmobil für Obdachlose

Die »Leser helfen«-Aktion der Mittelbadischen Presse bittet für drei Projekte um Spenden. Dabei soll neben einem kleineren Bus für das Offenburger Jugendrotkreuz und einen großen Kombi für den DRK-Kreisverband Kehl, mit dem mindestens vier Rollstuhlfahrer gleichzeitig befördert werden können, auch ein Wohnmobil für Obdachlose finanziert werden. Ob Zahnschmerzen, Magenbeschwerden oder Verletzungen – dort sollen sie medizinisch versorgt werden und sich im Wohnmobil kurz aufwärmen können. 

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