Youtuber, Tolkien-Experte und Echo-Gewinner: Jonas Ressel im Porträt
In unserer Serie „Ortenauer Originale“ porträtieren wir Menschen mit dem gewissen Etwas. Heute (107): Jonas Ressel (31) hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Auf Youtube ist er vor und hinter der Kamera aktiv, spricht über Filme und Serien. Und Echo-Gewinner ist er auch.
Liebe Freunde, holt euch ein Lembasbrot und lehnt euch zurück. Wir sprechen heute über die Serie ‚Die Ringe der Macht’. Mit dieser Einleitung beginnt wöchentlich die Folgenbesprechung zur neuen „Herr der Ringe“-Serie des Youtube-Kanals „Cinema strikes back“, den der in Hausach geborene Jonas Ressel mitgegründet hat und für den er vor und hinter der Kamera aktiv ist. Knapp 340.000 Menschen haben den Kanal auf Youtube abonniert, rund 140.000 haben sich die Besprechung zur ersten Folge angeschaut, wobei die Folgenbesprechungen auch gerne mal zwei bis drei Stunden und damit doppelt so lange wie die Serien-Episode selbst dauern. Fast 1000 Videos hat Jonas Ressel mit seinen Kollegen schon für die Plattform erstellt, ihr meistgeklicktes Video hat 1,6 Millionen Aufrufe.
Zusammen mit seiner Kollegin Xenia Popescu moderiert der 31-Jährige seit dem Start der „Herr der Ringe“-Serie „Die Ringe der Macht“ im September nun die Folgenbesprechungen. Zusammen sitzen die beiden dabei in einem kleinen Studio in Köln, gehen Szene für Szene durch, vergleichen mit der Buchvorlage und spinnen Theorien darüber, wie die Handlung weitergehen könnte.
Mittlerweile gehört der Youtube-Kanal zu Funk, dem Online-Netzwerk von ARD und ZDF. Angefangen hat für Jonas Ressel, der seit 2011 in Köln lebt, aber alles in Hausach. „Mein Vater war von Herr der Ringe total begeistert und hat mich zum Kinostart Anfang der 2000er Jahre mit ins proppenvolle Rio-Scala nach Haslach genommen.“ Er wollte mehr über diese Welt wissen, habe die Bücher anschließend verschlungen. „Ich habe das aufgesogen wie ein Schwamm.“ Dass er irgendwas in Richtung Film machen will, wusste er schon, als es aufs Abi zuging. „Ich dachte erst, ich drehe mal selbst Filme. Jetzt berichte ich hauptsächlich darüber. Der Wunsch, den eigenen Namen mal auf der Kinoleinwand zu lesen, ist aber immer noch da.“
Zwei Wochen im Keller
In seiner Schulzeit am Robert-Gerwig-Gymnasium hielt Jonas zum ersten Mal eine Kamera in den Händen, einen Camcorder, den er geschenkt bekam. „Ich filmte Schulprojekte und den Abi-Film. Es hat nicht lange gedauert, dann kamen Anfragen, ob ich nicht hier und da filmen könne.“ Nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr in Elzach und mehreren Bewerbungen ging es für ein Jahr Praktikum in die Fernsehstadt Köln ins Team des deutschen Autors Christoph Krachten, dessen Produktionsfirma unter anderem Videos für den Youtube-Kanal Clixoom produzierte. „Ich habe sieben Tage vor Start eine Zusage bekommen. Bis ich eine Wohnung in Köln fand, habe ich bei Christoph zwei Wochen im Keller gepennt.“
Noch während des Praktikums 2011 sei der Youtube-Kanal Y-Titty an die Produktionsfirma von Christoph Krachten herangetreten, der damals aufgrund wachsender Nachfrage der Videos deren Postproduktion abgeben wollte. „Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und begann, für Y-Titty Videos zu schneiden.“ Im gleichen Jahr sei das Youtube-Netzwerk Mediakraft von Christoph Krachten gegründet worden, dem zahlreiche erfolgreiche Youtuber angehörten. Nach dem Praktikum sei er sofort übernommen und mit Verantwortung überhäuft worden. „Ich war plötzlich Supervisor für die komplette Postproduktion, sollte Videos schneiden und parallel die anderen Video-Schneider disponieren.“ In einer Zeit, in der die Plattform massiv wuchs, bearbeitete Jonas Ressel mehrere Videos pro Woche für Y-Titty und andere Kanäle mit unterschiedlichsten Inhalten vom Sketch bis zum Musikvideo. „Der Output war riesig.“
2013 folgte dann sogar eine Auszeichnung. Das Video „Halt dein Maul“ von Y-Titty, das Jonas Ressel schnitt, erhielt den Echo für das beste Musikvideo. „Innerhalb der Firma war das ein großes Projekt. Aber niemand hätte damals erwartet, dass wir das gewinnen.“ So unerwartet sogar, dass einer der Preisträger in Jogginghose zur Verleihung gekommen sei und dann live im Fernsehen so den Preis entgegennahm. Im preisgekrönten Video hat Jonas Ressel sogar einen kurzen Auftritt.
Burn-out-Gefahr
Weil jeder Zuschauer die Videos jederzeit kommentieren kann und Youtuber dadurch stetig mit positiver, aber auch negativer Resonanz konfrontiert sind, kann die Arbeit in der Öffentlichkeit auch an die Substanz gehen. „Ich musste lernen, mich zurückzunehmen und nicht nach Feierabend noch Kommentare zu lesen, sonst geht man daran kaputt. Ich kenne viele Leute, die ein Burn-out bekommen haben, weil sie nicht aufgepasst haben.“
Bis 2015 schnitt Jonas Ressel noch Videos für Mediakraft. Währenddessen lernte er Alper Turfan kennen, der ebenfalls für das Unternehmen arbeitete. Das Duo verstand sich von Anfang an, teilte die Leidenschaft für Filme. Sein Kollege habe damals bei der Chefetage angeklopft und Testvideos für den Youtube-Kanal „Die Filmfabrik“ gemacht, dessen Moderator kurz zuvor absprang. Die Chefs waren zufrieden, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion überlegte sich das Duo ein neues Konzept für den Kanal und ging auf Sendung. Fünf Videos pro Woche haben sie zu zweit geskriptet, gefilmt, geschnitten, mit Musik unterlegt, bebildert und für die Plattform fertig gemacht – ein wahnsinniger Aufwand für ein Zwei-Mann-Team, von einer 40-Stunden-Woche weit entfernt. Um auch auf anderen sozialen Netzwerken präsent zu sein, holten die Jungs Ende 2015 noch Marius Stolz, der zuvor ebenfalls für Mediakraft arbeitete, ins Boot.
2018 sei Funk, ein Netzwerk der Öffentlich-Rechtlichen, das für die Altersgruppe 14 bis 29 Inhalte auf Onlineplattformen produziert, auf das Trio zugekommen. Weil die Filmfabrik aber zu Mediakraft gehörte, gründeten die Jungs die eigene Produktionsfirma Schattenwolf und den Youtube-Kanal „Cinema strikes back“. Der Start sei ruppig verlaufen. Bis 2015 die siebte Episode der Star-Wars-Saga startete, über dessen Welt die Jungs erfolgreich Videos produzierten, die wiederum Klickzahlen und Abos brachten. 2016 folgten dann die Folgenbesprechungen zu der Fantasy-Serie „Game of Thrones“, bis heute das erfolgreichste Format des Kanals. Mit der steigenden Reichweite wuchs dann auch das Team. Das musste es auch durch den steigenden Aufwand der eigenen Produktionsfirma.
Das notwendige Übel
Jonas Ressels Karriere startete primär hinter der Kamera. Dass er auch selbst ins Bild trat, bezeichnet er heute schmunzelnd als „notwendiges Übel“. Fünf Videos pro Woche zu Filmfabrikzeiten seien für den Kollegen auf Dauer einfach zu viel gewesen. Die Idee zu den Besprechungen entstand übrigens, weil die Jungs nach einer neuen Folge stets viel Redebedarf hatten. „Wir konnten es immer kaum erwarten, darüber zu quatschen.“ Das Konzept ging auf.
Inzwischen ist Jonas Ressel Experte in vielen Fantasy-Welten. Weil die Franchise riesige Fananhängerschaften haben, biete das Netz unglaublich viel Material und Hintergrundwissen. Kommt eine neue Folge, recherchiert er dazu in Foren, liest sich ein. Weil er das früher schon als Hobby gemacht hat, sei die Arbeit ein Selbstläufer. „Als Schüler konnte ich mir nicht vorstellen, mit Wissen über Herr der Ringe und Co. mal mein Geld zu verdienen.“ Und doch hat er seine Leidenschaft zum Beruf gemacht.
Jonas Ressel
Jonas Ressel ist 1991 in Hausach geboren und machte 2010 sein Abitur am Robert-Gerwig-Gymnasium. Anschließend folgte ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Lebenshilfe in Elzach. Für ein Praktikum zog es ihn 2011 nach Köln. Knapp fünf Jahre schnitt er Videos für Mediakraft, bis er 2015, zusammen mit seinem Kollegen Alper
Turfan den Youtube-Kanal „Die Filmfabrik“ übernahm. Anfang 2018 gründete er mit zwei Kollegen die Produktionsfirma „Schattenwolf“ und den Youtube-Kanal „Cinema strikes back“, der zu Funk gehört. Der Kanal beschäftigt sich mit Filmen, Serien und Comics. Tätig ist er als Filmeditor, Kameramann und Moderator. Filme, mit denen er immer Spaß hat, sind: Pacific Rim (2013) und Mad Max: Fury Road (2015).