Zukunft der Hebammen im ländlichen Raum sichern
Immer mehr Hebammen, geben im ländlichen Raum auf. DerGrund: sie können die Versicherungsprämien für ihre Berufshaftpflicht kaum noch bezahlen. CDU-Politikerin Kordula Kovac und Martin Schreiner, Dezernent im Landratsamt, wollen dem Problem begegnen und luden zum Gespräch.
Der Hebammennotstand ist in der Ortenau lang kein Fremdwort mehr – besonders im ländlichen Raum haben zahlreiche Praxen geschlossen. Ein Pilotprojekt soll helfen, Konfliktpunkte herauszuarbeiten und den Hebammenmangel im zweiten Schritt einzudämmen. Bei einem runden Tisch am Mittwoch im Ortenauer Landratsamt wurde über bessere Perspektiven für Hebammen im ländlichen Raum diskutiert. Die Wolfacher CDU-Bundestagsabgeordnete Kordula Kovac und Martin Schreiner, Dezernent für den ländlichen Raum im Landratsamt, luden dazu Vertreter aus Politik, des Gesundheitsamts, des Ortenau-Klinikums, der Versicherung AOK und des Genossenschaftsverbands ein.
Verzweifelte Frauen
»Hebammen arbeiten an und mit Menschen. Wenn wir diese Arbeit nicht angemessen vergüten, drohen Standortverluste im ländlichen Raum«, befürchtete Kovac. Eine Patentlösung hatte die Runde nicht parat: Was sich konkret ändern muss, wollen die Vertreter Ende des Jahres präsentieren. »Zunächst müssen wir die Daten zum Hebammenbestand zusammentragen«, erläuterte Kovac. Transparente Zahlen über den Berufsstand würden derzeit nicht vorliegen.
Die Beteiligten waren sich einig, dass das Augenmerk für Lösungsansätze nicht bei der Anzahl der Hebammen im Kreis liegen dürfe, sondern bei deren Leistungsspektrum. Valide Zahlen, wie viele Hebammen es im Ortenaukreis idealerweise geben muss, wird es auch Ende des Jahres geben.
Dass die Not groß ist, schilderte Jutta Eichenauer. »Ich habe schon mit weinenden Frauen telefoniert«, stellte die Vorsitzende des Hebammenverbands Baden-Württemberg fest. »Viele Schwangere telefonieren an die 50 Hebammen ab – doch keine kann sie betreuen.« Viele Geburtshelferinnen seien bereits Monate im Voraus ausgebucht.
30 Minuten Fahrt
Lange Wege und Fahrzeiten seien im ländlichen Raum für Hebammen Standard. Ansgar Horsthemke, Generalbevöllmächtiger des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands, hatte beim runden Tisch bereits konkrete Vorstellungen, um Geburtenhelferinnen dabei künftig zu unterstützen. »Den Hebammen könnten Autos zu Verfügung gestellt werden, um weite Distanzen zu überbrücken«, war seine Idee. »Manche Hebammen müssen bis zu 30 Minuten fahren, um Frauen während der Wochenbett-Phase zu betreuen«, betonte Kovac.
Viele freiberufliche Hebammen ziehen sich außerdem aus der Geburtshilfe zurück, weil sie die Haftpflichtprämien nicht mehr bezahlen können. Um Familien an einen Ort zu binden, sei eine Grundversorgung unabkömmlich, betonte Schreiner. »Es geht um eine nachhaltige Versorgung im ländlichen Bereich.« Er bedauerte sehr, dass das Thema »Hebammen-Notstand« in vielen Kommunen bisher nur stiefmütterlich behandelt worden sei.
Der Beruf der Geburtshelferin müsse in der Gesellschaft wieder mehr wertgeschätzt werden, unterstrich Kirsten Pieper, Vertreterin des Vereins Mother Hood. »Der Hebammenberuf muss vor dem Aus gerettet werden!«
Das Thema »Hebammenmangel« wurde zu spät angegangen, bestätigte Dezernent Martin Schreiner am Ende des Pressegesprächs – umso wichtiger sei es für alle Beteiligten, jetzt schnell zu handeln. Die Gesprächsrunde sah er als ersten Schritt an.
PODIUMSGESPRÄCH: Die »Mother Hood«-Regionalgruppe Offenburg veranstaltet am 13. November, 11 bis 15 Uhr, gemeinsam mit der Kreisgruppe des Hebammenverbands Baden-Württemberg einen Fachtag für die ganze Familie im Offenburger »Salmen« zum Thema Geburtshilfe.