Bildung erster Klasse auf dem zweiten Bildungsweg
Dass der Hauptschulabschluss nicht unbedingt die Endstation in Sachen Schulausbildung bedeutet, das zeigt das Interview, dass Birgül Yilmaz-Das, Abteilungsleiterin Berufliches Gymnasium mit Robert Pfaff führte.
Robert Pfaff ist selbstständiger Physiotherapeut mit seiner Praxis »Schmerzfrei« in Hofweier. Birgül Yilmaz-Das (Abteilungsleiterin Beruflichea Gymnasium) zeigt in ihrem Interview auf, dass der Hauptschulabschluss nicht den Schlusspunkt in Sachen Schulbildung setzen muss.
Robert Pfaff hat an der Maria-Furtwängler-Schule im Schuljahr 2008/2009 zuerst die Schulart BAL (einjährige Berufsaufbauschule zur mittleren Reife) besucht und im Anschluss im Schuljahr 2009/2010 die BKFH-Prüfung (einjähriges Berufskolleg zur Erlangung der Fachhochschulreife) absolviert.
Wie sind Sie auf unsere Schule und die Schulart der Berufsaufbauschule (BAL) aufmerksam geworden?
Robert Pfaff: Ich habe von dieser Möglichkeit, die Mittlere Reife in einem Jahr Vollzeitschule zu absolvieren, nichts gewusst. Vielmehr hat mir ein Freund davon berichtet, der damals die BAL gerade besucht hat. Er hatte nach dem Hauptschulabschluss den Beruf des Konditors gelernt, wollte aber weitermachen.
Warum haben Sie sich für den Besuch der BAL entschieden?
Pfaff: Mit dem Hauptschulabschluss hatte ich nur wenige Perspektiven. Es wurde für fast alles die Mittlere Reife vorausgesetzt. Meine Bewerbungen waren sehr ernüchternd, es war damals eine schlechtere wirtschaftliche Lage als heute.
Welchen Nutzen hatte die BAL für Sie?
Pfaff: Sie war für mich ein Türöffner. Die erworbene Mittlere Reife gab mir jetzt mehr Möglichkeiten und war für mich zu guter Letzt auch das Sprungbrett in die Schulart der BKFH, um über diese in einem Jahr meine Fachhochschulreife zu erlangen.
Was haben Sie nach dem Besuch der BKFH gemacht?
Pfaff: Nach dem Erlangen meiner Fachhochschulreife habe ich mich weiter beworben, um in den gehobenen Dienst aufgenommen zu werden. Mir war es dabei sehr wichtig, nicht arbeitslos zu sein. Deshalb weiß ich, dass für Umschulung und Weiterbildung mehr gemacht werden muss. Letztlich habe ich mich für die Selbstständigkeit entschieden.
Was haben Ihnen diese Schularten konkret gebracht?
Pfaff: Sie waren Meilensteine meiner Berufsfindung, ja sogar meiner Berufung. Ich kam zwar über Umwege und auch große persönliche Hürden dazu, aber ich bin genau deshalb erfolgreich geworden. Meine Eltern haben mich, was Bildung angeht, leider nicht fördern können. Wichtig war ihnen, dass ich überhaupt etwas tue. Deshalb hat mir der zweite Bildungsweg gutgetan und mir die notwendige Vertiefung und Orientierung geben können.
Was wünschen Sie sich?
Pfaff: Der Gesundheitssektor ist riesig und die Berufe hier sind zukunftsorientiert, weshalb man es nicht vernachlässigen darf, dass diese Berufe im sozialen, pflegerischen und pädagogischen Bereich attraktiv bleiben. Herr Spahn hat die richtige Richtung eingeschlagen, indem er mehr Geld in die Hand genommen hat, um zu fördern. Aber zu wenige Menschen kennen die schulischen Möglichkeiten. Hier müssen die beratenden Behörden auch mehr in diese Schularten lenken.
Was würden Sie Jugendlichen und jungen Erwachsenen raten?
Pfaff: Wenn jemand merkt, dass ihn sein Beruf nicht weiterbringt oder nicht das ist, was es sein soll, dann muss er den Mut fassen und etwas daran ändern. Es gibt immer Wege und Möglichkeiten. Ich habe gelernt: Geht eine Tür zu, gehen zwei neue auf. Man muss nur den Mut, die Nerven und Ausdauer haben. Natürlich darf die staatliche Unterstützung nicht fehlen, auch für den zweiten Bildungsweg.