Finnisches Schulsystem erkundet
Zwei Lehrkräfte der Kaufmännischen Schule/ Integriertes Berufliches Gymnasium (IBG) Lahr berichten von ihrer finnischen Bildungsreise.
In bildungspolitischen Debatte gilt Finnland als Beispiel für modernes Lernen. Um dem Erfolgsgeheimnis des finnischen Bildungssystems auf die Spur zu kommen, reisten die beiden IBG-Lehrkräfte Gabriele Hornstein und Horst Bock eine Woche lang nach Helsinki, wo sie an der Fortbildung “A school for tomorrow – how Finland is preparing for the future“ teilnahmen. Beim Kurs waren Besuche in zwei finnischen Schulen sowie Vorträge und Gespräche mit finnischen Schulwissenschaftlern und Lehrern möglich.
Martti Hellström – ehemaliger Lehrer, Schuldirektor und Lehrerausbilder – sagte, dass das finnische Schulsystem auf den Grundlagen Vertrauen, Selbständigkeit, Hilfe und Ermutigung beruhe. Zum Erfolg des Schulsystems würde auch das gute Gesundheitssystem, die kostenlose Bildung für alle, spezielle Unterstützungsmöglichkeiten für lernschwache Schüler sowie die professionelle Unterstützung für Lehrer beitragen. In den finnischen Schulen traue man den Schülern zu, eigenverantwortlich zu arbeiten. Bei Tests werde das Lernergebnis weniger stark bewertet als der Lernprozess selbst. Um das Abitur zu erreichen, können finnische Schüler drei bis fünf Jahre die Oberstufe besuchen. Das Lerntempo und -pensum wird dabei von den Schülern selbst bestimmt.
Ein wichtiger Faktor liege laut Hellström auch darin, dass der Lehrerberuf in Finnland einer der angesehensten Berufe ist. Lehrer seien in ihrer Berufsausübung weitgehend autonom. Autonomie gilt auch für die Schulleiter. Sie bekommen von der Kommune ein Budget, mit dem der ganze Schulbetrieb finanziert werden muss – einschließlich Mittagessen für Schüler und zusätzliche Lehrer, wenn dies erforderlich ist. Einen Eindruck vom Schulalltag gewannen die beiden Lehrkräfte aus Lahr beim Besuch der Schule „Veromäen Koulu“ in Vantaa. Schüler lernen dort von der ersten Klasse an, in die sie erst mit sieben Jahren eintreten, ein selbstorganisiertes Lernen.
Die Wochenziele
Am Wochenbeginn legen die Schüler ihre Wochenziele fest. Der Unterricht findet nur noch in kurzen Einheiten statt, der größte Teil der Arbeit wird in Einzel- oder Gruppenarbeit an verschiedenen Lernorten erledigt. Der Klassenlehrer begleitet. In der praktischen Arbeit von Schülern und Lehrern spielen moderne Bibliotheken eine wichtige Rolle – als Treffpunkt, Kommunikationszentrum, Ort des gemeinsamen Lernens und Kulturzentren ein.
In der französisch-finnischen Schule in Vantaa erhalten Mittags erhalten die Schüler kostenloses Mittagessen. Eine zentrale Rolle im finnischen Schulsystem spielt die digitale Bildung. Alle Schüler in Vantaa sind mit Laptops ausgestattet, die Abiturprüfung wird in ganz Finnland ausschließlich digital abgelegt. Darüber hinaus legt man großen Wert auf die Erziehung zum bewussten Umgang mit den eigenen Daten und zur kritischen Bewertung digitaler Informationen. Schüler lernen, Fake-News von gut recherchierter journalistischer Arbeit zu unterscheiden.
Neben den Erkenntnissen zum finnischen Schulsystem bot der Fortbildungskurs Einblicke in die Arbeit mit dem iPad im Unterricht – mit Apps und Anwendungen. Obwohl viele Apps den IBG-Lehrern bereits bekannt waren und sie sich darin bestätigt sahen, bei der Digitalisierung und dem Einsatz von Tablets im Unterricht mit ihren nordeuropäischen Kollegen mithalten zu können, bot der Kurs auch Gelegenheit, neue Apps kennenzulernen, die nun im Unterricht ausprobiert werden können.
Die Weiterbildung war eine Fortbildungsmaßnahme Lehrkräfte des IBG Lahr im Rahmen des von der EU geförderten Erasmus-Projekts.