Palma

Alarm auf Mallorca: Touristenflaute bedroht die Urlaubsinsel

dpa
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12. Juni 2019
Hotels am Strand von El Arenal: Mallorca fürchtet eine Wiederholung des Supersommers 2018 in Deutschland.

Hotels am Strand von El Arenal: Mallorca fürchtet eine Wiederholung des Supersommers 2018 in Deutschland. ©dpa - Clara Margais

Auf Mallorca gibt es dieser Tage Temperaturen um die 30 Grad und viel Sonnenschein. Herrliches Strand- und Badewetter. Aber auf der Insel kommen viele Menschen derzeit aus dem Zittern nicht heraus.

Den Hoteliers, Reiseveranstaltern, Restaurantbesitzern und auch den Chefs der Tourismusbehörden wird immer wieder angst und bange, wenn sie auf die Buchungszahlen für die laufende Sommersaison blicken. Die Touristen bleiben plötzlich weg.
«Wir hatten für diese Saison zwar einen Rückgang erwartet, aber niemals den Einbruch, den wir zurzeit erleben», hat diese Woche ein Sprecher der Hoteliers der spanischen Insel der Zeitung «Última Hora» gesagt.

Vor allem die Deutschen machen derzeit einen großen Bogen um ihre eigentlich liebste Urlaubsinsel. Sogar auf dem «Ballermann», der Partymeile an der Playa de Palma östlich der Inselhauptstadt, wo man oft praktisch nur auf Deutsch reden (und singen und grölen) hört, ist das zu spüren. Der sogenannte Sauftourismus sorge zwar an den Wochenenden und an den Feiertagen weiterhin für volle Häuser, sagte ein Sprecher der Hoteliers der Playa.

Auslastung liegt im Juni nur bei 50 bis 60 Prozent 

Aber andere, «ruhigere» Touristen, die länger bleiben und oft mehr Geld auf der Insel ausgeben, fahren inzwischen offensichtlich woanders hin. «Im Juni wird die Auslastung nur bei 50 bis 60 Prozent liegen», sagt der Sprecher. Das sind bis zu 15 Prozentpunkte weniger als im Vorjahr.

Aber nicht nur am «Ballermann», auch in anderen Inselteilen vermisst man die Bundesbürger. So zum Beispiel in Magaluf westlich von Palma. Die «Briten-Hochburg» meldet bisher einen Rückgang von rund sechs Prozent bei ihren wichtigsten Kunden. «Bei den Deutschen ist der Schwund aber noch größer, rund 12 bis 13 Prozent», erläutert der Chef des Hotelverbandes der Region Calvià, Mauricio Carballeda. Für Juli und August befürchte man einen noch stärkeren Rückgang.

Doch wieso bleiben die Touristen nach einer Serie von Rekordjahren plötzlich weg? Schuld sind der Brexit und auch und vor allem das Erstarken der Tourismusregionen im östlichen Mittelmeer, etwa in der Türkei. In manch einem mallorquinischen Hotel sollen die Ausgaben in dieser Hochsaison über den Einnahmen liegen. Die Lage ist so kritisch, dass man sogar auf die Wettervorhersage in Deutschland schaut.

Eine Wiederholung des «Supersommers» 2018 in Mittel- und Nordeuropa könnte für viele diesmal schon fatal sein. Hitzemonate wie im Vorjahr würden sich sehr negativ auswirken, hat jüngst die Vizechefin des Hoteliersverbandes FEHM, María José Aguiló, eingeräumt.

Touristen zurückgewinnen

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Selbst Rabatte von bis zu 40 Prozent konnten die Tendenz bisher nicht umkehren. Konkurrenzdestinationen wie die Türkei, Ägypten und Tunesien haben noch bessere Angebote. Von einem «Preiskrieg» ist auf Mallorca die Rede. Der CEO der Thomas-Cook-Gruppe, Peter Fankhauser, flog Anfang des Monats auf die Insel, um die Hoteliers zu noch stärkeren Preisnachlässen aufzurufen. Die Konkurrenz im östlichen Mittelmeer biete zum Teil «mehr Qualität» für weniger Geld an. Carabellada warnt aber vor «Panikmaßnahmen». «Das wäre für viele (auf Mallorca) Selbstmord», warnt er. Man müsse die Touristen über die Qualität des Angebots zurückgewinnen.

An der Qualität hapert es aber oft. Das Problem ist derweil nicht nur, dass die Zimmer auf Mallorca kleiner und oft weniger bequem als zum Beispiel in All-Inclusive-Resorts im türkischen Antalya sind. Die von der linken Inselregierung vor drei Jahren in Gang gesetzte Bekämpfung der Auswüchse des Massen- und Sauftourismus ist bisher auf halbem Wege stehengeblieben. Die 2016 eingeführte Touristenabgabe «Ökotaxe» fordere inzwischen ihren Tribut, meinten Fankhauser, Carballeda und der FEHM jüngst unisono.

Gerade jene weniger zahlungskräftigen Touristen, denen diese Abgabe ein Dorn im Auge ist, stören sich auch daran, dass im Zuge der immer strengeren Benimmregeln in Palma und Umgebung der Spaß immer weniger wird, wie viele Experten und Beobachter meinen. Seit dem 1. April müssen nämlich in einem speziellen «Gebiet von besonderem touristischen Interesse» rund um die berüchtigte «Schinkenstraße» alle Biergärten eingezäunt sein. Getränke dürfen nicht mehr auf den Bürgersteig oder auf die Straße mitgenommen werden. Außerdem gilt ein Verbot von Alkohol in Schaufenstern und von Sonderangeboten wie der «Happy Hour» mit starken Drinks zu Dumpingpreisen. Bei Zuwiderhandlung drohen hohe Strafen.

Aber auf der anderen Seite geht das «Aufräumen» an der Playa den betuchteren Besuchern noch nicht weit genug. Die linke Regierung setzt auf «höherwertigen» Tourismus, förderte den Bau von Luxusherbergen. Aber die Betreiber dieser Häuser berichten von Gästen, die sich über betrunkene und gewalttätige Touristen sowie über illegale Straßenhändler und Parkplatzverwalter beschweren.

Viel steht auf dem Spiel 

Sie fordern vom Rathaus in Palma und von den Sicherheitsbehörden ein härteres Eingreifen. Zumal sich zuletzt die Berichte über «afrikanische Mafias» und «Frauenbanden» häufen, die nachts auch am Ballermann Dutzende von Touristen ausgeraubt haben sollen. «Palma ist in den vergangenen Jahren unsicherer und schmutziger geworden», klagt der konservative Inselpolitiker Mateo Isern.

Francisco Marín hatte deshalb lange ein Ende des «Chaos» an der Playa gefordert. Die Polizei gehe im Strandgebiet viel zu lasch gegen Störenfriede vor, klagte er immer wieder. Voriges Jahr warf der Hotelbesitzer aber das Handtuch und gab seinen Posten als Chef des Hotelierverbandes der Playa entnervt ab.

Dabei steht viel auf dem Spiel: Der Tourismus trug zuletzt mehr als 45 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt der Balearen bei. In den vergangenen zehn Jahren kletterte die Zahl der Tourismusunternehmen in der Region nach amtlichen Zahlen um acht Prozent auf mehr als 18 000. Viele fürchten nun, dass sich Mallorca buchstäblich zu Tode wächst.

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