Genua

Brücken-Katastrophe in Genua: «Es ist die Hölle»

dpa
Lesezeit 4 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
14. August 2018
Mehr zum Thema
Blick auf die Trümmer der eingestürzten Autobahnbrücke.

Blick auf die Trümmer der eingestürzten Autobahnbrücke. ©dpa - Luca Zennaro/ANSA/AP

Das Grollen ist gewaltig. Doch es ist nicht der Donner des Gewitters, das sich im selben Moment über Genua entlädt. Im dichten Regen erkennt man schemenhaft, dass die gewaltigen Pfeiler einer Autobahnbrücke wie Streichhölzer einknicken.

«Oh Gott», ruft ein Mann immer wieder, die Stimme voller Panik, wie in dem Video zu hören ist. Es sind Szenen wie aus einem Katastrophenfilm, die sich in der italienischen Hafenstadt abspielen. Und erst langsam wird das Ausmaß der Tragödie klar: Zahlreiche Autos sind in die Tiefe gestürzt, mindesten 35 Menschen sind tot.

Die Brücke ist mehr als 40 Meter hoch. Sie überquert diese Stadt, die eingezwängt ist zwischen Bergen und Meer. Nun ragen die zwei abgebrochene Spannbeton-Stücke in die Landschaft. Dazwischen: Leere. Kurz vor dem Abgrund ist ein grüner Lastwagen stehen geblieben.

 

Ein Blitz – dann stürzte die Brücke in sich zusammen

Überlebende des Unglücks berichten der Nachrichtenagentur Ansa: «Gegen halb zwölf haben wir einen Blitz in die Brücke einschlagen sehen - und dann stürzte die Brücke in sich zusammen.»

«Es ist die Hölle», zitieren Medien Rettungskräfte, die zu Hunderten und mit schwerem Gerät nach Verschütteten suchen. Sie finden erste Tote, aber auch Überlebende. Die Brückenteile prallten mit großer Wucht auf den Erdboden. Das größte Stück ist in den Polcevera-Fluss gefallen, einige Teile trafen auch Fabrikhallen.

Da ist es ein Glück, dass Ferienzeit ist. Im August steht Italien still. Laut Zivilschutz dürfte in den Hallen so gut wie niemand an der Arbeit gewesen sein.

«Die Leute liefen mir entgegen, barfuß und erschrocken. Als ich aus dem Tunnel kam, sah ich, wie die Autos langsamer wurden, und hörte ein Donnern. Die Leute flüchteten in meine Richtung, es war schrecklich», sagt der Busfahrer Alberto Lercari dem «Corriere della Sera».

 

Als wäre eine Bombe in diese wichtige Arterie eingeschlagen.

- Anzeige -

«Ich habe die Brücke einstürzen sehen. Wir standen am Ende eines Staus, dann habe ich hinter mir das Unglück gesehen, dann nichts mehr», sagt ein anderer Augenzeuge. Videos auf Twitter zeigen die Brücke nach dem Einsturz. «Das ist absurd», sagt ein Mann, der von der anderen Seite eines Flusses filmt, immer wieder. Als er heranzoomt, sind die riesigen Trümmerteile zu sehen, die überall verteilt liegen.

Viele Anwohner seien mit angsterfüllten Augen und geschockt in Krankenhäuser gekommen. «Wir haben das Einstürzen der Struktur gesehen und dann einen ersten Lastwagen, der nach unten flog», zitiert «La Repubblica» einen von ihnen.

Ein Reporter der Zeitung, Matteo Pucciarelli, zeichnet von der Unglücksstelle ein apokalyptisches Bild: «Als wäre eine Bombe in diese wichtige Arterie eingeschlagen.» Es seien viele weiße Laken zu sehen, Körper würden aus Autos gezogen. «Momentan ist es noch unmöglich, eine Opferzahl zu schätzen.» Es ist von etwa 50 Autos und Lastwagen die Rede, die im Moment des Einsturzes auf der Straße unterwegs waren.

 

Infrastruktur in Italien, die fatal veraltet.

Die Schrägseilbrücke wird von den Genuesen auch «Ponte di Brooklyn», also «Brooklyn Bridge», genannt. Wie so viele Autobahnen stammt sie aus den 60er Jahren. Medien berichten immer wieder von der Gefahr einstürzender Brücken, von der Infrastruktur in Italien, die fatal veraltet und deren Lebenszeit auf 50 bis 60 Jahre begrenzt sei.

Im März vorigen Jahres stürzte eine Überführung über einer Autobahn ein. Zwei Menschen starben. Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss machte dafür die Passivität der Baufirmen nach der Entdeckung von Rissen verantwortlich. Im Oktober 2016 brach ein Viadukt in der Nähe des Comer Sees zusammen. Ein Mensch kam ums Leben. Die Überführung hatte unter der Last eines Schwertransporters nachgegeben.

 

Auch Korruption, Misswirtschaft und Vernachlässigung seien im Spiel.

Die Vorwürfe sind immer wieder die gleichen: Es werde zu wenig Geld in die Instandhaltung gesteckt - aber auch Korruption, Misswirtschaft und Vernachlässigung seien im Spiel. Der neue Verkehrsminister Danilo Toninelli beklagt im Radio, es sei nicht genug für die Instandhaltung getan worden. «Es sind Tragödien, die in einem zivilisierten Land wie Italien nicht passieren dürfen.»

Mehr zum Thema

Weitere Artikel aus der Kategorie: Nachrichten

22.03.2024
Nachrichten
Es ist eines der großen gesellschaftspolitischen Vorhaben der Ampel-Koalition - und jetzt am Ziel: Kiffen wird für Erwachsene in Grenzen erlaubt. Bei der Umsetzung gibt es aber noch offene Fragen.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • HYDRO liefert etwa Dreibockheber für die Flugzeugwartung. 
    26.03.2024
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl fustionieren
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl schließen sich zusammen. Mit diesem Schritt befinden sich die Kompetenzen in den Bereichen Ground Support Equipment (GSE) und Aircraft- & Engine Tooling unter einem Dach.
  • Alle Beauty-Dienstleistungen bietet die Kosmetik Lounge in Offenburg unter einem Dach.
    26.03.2024
    Kosmetik Lounge Offenburg: Da steckt alles unter einem Dach
    Mit einer pfiffigen Geschäftsidee lässt Elena Plett in Offenburg aufhorchen. Die staatlich geprüfte Kosmetikerin denkt "outside the box" und hat in ihrer Kosmetik Lounge ein außergewöhnliches Geschäftsmodell gestartet.
  • Konfetti, Flitter und Feuerwerk beschließen die große Preisverleihung im Forum-Kino in Offenburg. Die SHORTS feiern 2024 ihr 25. Jubiläum. 
    26.03.2024
    25 Jahre SHORTS – 25 Jahre Bühne für künftige Filmemacher
    Vom kleinen Screening in 25 Jahren zum gewachsenen Filmfestival: Die SHORTS der Hochschule Offenburg feiern Jubiläum. Von 9. bis 12. April dreht sich im Forum-Kino Offenburg alles um die Werke junger Filmemacher. Am 13. April wird das Jubiläum im "Kesselhaus" gefeiert.
  • Das LIBERTY-Team startet am Mittwoch, 27. März, in die Afterwork-Party-Saison. 2024 finden die Veranstaltungen in Kooperation mit reiff medien statt. 
    22.03.2024
    Businessaustausch jetzt in Kooperation mit reiff medien
    Das Offenburger LIBERTY startet mit Power in die Eventsaison: Am Mittwoch, 27. März, steigt die erste XXL-Afterwork-Party mit einem neuen Kooperationspartner. Das LIBERTY lädt zusammen mit reiff medien zum zwanglosen Feierabend-Businessaustausch ein.