Martin Schirdewan

Der neue Linken-Chef – ein stiller Pragmatiker

Norbert Wallet
Lesezeit 3 Minuten
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25. Juni 2022
Der Europapolitiker Martin Schirdewan ist in Erfurt zum neuen Co-Vorsitzenden der Linkspartei gewählt worden.

Der Europapolitiker Martin Schirdewan ist in Erfurt zum neuen Co-Vorsitzenden der Linkspartei gewählt worden. ©Foto: picture alliance/dpa/Michael Reichel

Martin Schirdewan ist neuen Co-Vorsitzenden der Linkspartei gewählt worden. Wer ist der Europapolitiker – und was will er erreichen?

Der Parteitag der Linken hat den 46-jährigen promovierten Politikwissenschaftler Martin Schirdewan schon im ersten Wahlgang mit einer überzeugenden Mehrheit von 61,3 Prozent der Stimmen bei immerhin fünf Gegenkandidaten zum neuen Co-Vorsitzenden gewählt. Bundespolitisch ist der in Ost-Berlin geborene Schirdewan ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Auf dieser Ebene wurde er einer breiteren Öffentlichkeit immerhin dadurch bekannt, dass er bei der Europawahl 2019 als einer der beiden linken Spitzenkandidaten antrat.

Es war allerdings keine Kandidatur, die dem linken Wahlkampf wesentlichen Schwung verleihen konnte. Die Partei kam bei den Europawahlen nur auf 5,5 Prozent und sicherte sich damit fünf Mandate. Trotz des bescheidenen Erfolges wurde Schirdewan aber zum Co-Vorsitzenden der linken Fraktion im Europaparlament gewählt. Dort hat er sich aufgrund seiner vermittelnden und fairen Amtsführung in der von vielen sehr verschiedenen Strömungen geprägten Fraktion viel Respekt erarbeitet. Dieser Sinn für Pragmatismus galt den linken Delegierten auf dem Bundesparteitag in der gegenwärtig lamentablen Lage der Partei offenbar als attraktiv.

Schirdewan gewann Profil als Finanzexperte

Schirdewan hat sich bislang vorwiegend mit Problemen der internationalen Finanz- und Steuerpolitik befasst. Im linken Kosmos fand seine aktuelle Forderung nach einer Übergewinnsteuer für Konzernen, die von der aktuellen Krisenlage besonders profitieren, großen Anklang. Bekannt wurde auch seine zum Weihnachtsgeschäft 2020 initiierte Petition für bessere Arbeitsbedingungen bei Amazon, die immerhin 37 000 Unterschriften erreichte.

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Der Name Schirdewan hat übrigens im Osten einen besonderen Klang. Martin Schirdewans Großvater war KZ-Häftling, und später hochrangiger SED-Funktionär, der von Walter Ulbricht wegen seiner kritischen Haltung zum Stalinismus abgestraft und aus dem SED-Zentralkomitee geworfen wurde. Eine Rehabilitierung erfolgte erst im Januar 1990 von der SED-PDS unter Vorsitz von Gregor Gysi.

Zur anderen Vorsitzenden der Partei, Janine Wissler, steht er in keinem inhaltlichen Gegensatz, was in der strömungsreichen Partei nicht selbstverständlich ist. Wie Wissler will Schirdewan die Linke zu „einer modernen sozialistischen Gerechtigkeitspartei“ machen. Wie Wissler gehört er auch zu denen, die die Partei in ökologischen Fragen kompetenter machen, Ökologie und soziale Fragen aber verbinden will. In seiner Kurzbewerbung hat er das ganz klar gesagt. Die Menschen in Deutschland bräuchten eine Linke, „die sagt, dass radikaler Klimaschutz und digitaler Umbau nur gelingen, wenn sie sozial gestaltet sind und alle Menschen mitnehmen“.

„Einbinden, nicht ausgrenzen“

In dieser Bewerbung trat er „für eine Streitkultur in unserer Partei, die einbindet und nicht ausgrenzt“. Viele trauen ihm das offenbar zu. In seiner Vorstellungsrede machte er aber auch ganz klar, dass er den friedenspolitischen Kurs der Linken nicht grundlegend verschieben wird: „Die Frage nach einem kollektiven Sicherheitssystem in Europa werden wir weiterhin in Ablehnung der Nato beantworten.“

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