Donald Trumps Tribunal
Mit der Besetzung des nunmehr zweiten Obersten Richters auf Lebenszeit will US-Präsident Donald Trump seine mögliche Wiederwahl befördern und seine Machtbefugnisse im System der konkurrierenden politischen Gewalten ausdehnen. Damit wird die Innen- und Außenpolitik der USA weit über seine möglichen beiden Amtszeiten hinaus radikal verändert, schreibt USA-Experte Josef Braml in einem Gastbeitrag für die Mittelbadische Presse.
Mit der Benennung von Brett Kavanaugh will Trump einen neuen Richter in dem neunköpfigen Gremium installieren, der eine Reihe sozialer und wirtschaftlicher Grundsatzfragen im Sinne seiner erzkonservativen Unterstützer mitentscheidet. Fragen der Sexualmoral wie Abtreibung oder Regulierungen wirtschaftlicher Aktivitäten, welche die Gesellschaft der USA zutiefst spalten, werden letztendlich von der höchsten richterlichen Instanz entschieden.
Mögliche Wiederwahl
Mit der Veränderung der Mehrheit des neunköpfigen Supreme Court soll vor allem das Abtreibungsurteil aus dem Jahre 1973 revidiert werden. Christlich rechte Wählerinnen und Wähler stimmten mit überwältigender Mehrheit ganz pragmatisch für den nicht so bibelfesten und wenig keuschen Trump, weil er ihnen unter anderem zusicherte, als Präsident nur von ihnen gebilligte Richter für das Oberste Gericht zu nominieren. Die christlich-rechte Kernwählerschaft benötigt Trump auch für seine mögliche Wiederwahl.
Um wiedergewählt zu werden, ist auch massive finanzielle Unterstützung erforderlich. Trumps Regierung hat ohnehin im Sinne der Waffen-Lobby, der Öl- und Gasindustrie sowie der Wall Street, deren Zuwendungen für seine Wiederwahl notwendig sind, gearbeitet.
Darüber hinaus kann der Präsident über die Judikative den Staatsabbau forcieren. Mit Gorsuch hatte Trump bereits seinen ersten regulierungsfeindlichen Mitstreiter im Obersten Gericht lanciert. Ebenso hat sich Kavanaugh im Laufe seiner langjährigen juristischen Karriere gegen staatliche Eingriffe in die wirtschaftliche Sphäre ausgesprochen.
Mit seinen Richterbenennungen nimmt Trump in Angriff, was sein einstiger Chefstratege Stephen Bannon unter dem Schlagwort »Rückbau des Verwaltungsstaates« angekündigt hatte. Systematisch lanciert Trump seine Strategie des Staatsabbaus auch im Bereich der richterlichen Gewalt, nach demokratischen Grundsätzen eigentlich unabhängiger Wächter und Korrektiv der Exekutive.
Vor allem aber entscheiden die Richter darüber, wieviel Macht der Präsident hat und welche Grenzen ihm der Kongress setzen darf. Sie bestimmen die Kräfteverhältnisse im US-System der »Checks and Balances«, der konkurrierenden und sich damit gegenseitig kontrollierenden politischen Gewalten.
George W. Bush gedient
Ebenso wie der erste von Trump nominierte Richter Gorsuch hat sich auch sein neuer Kandidat Kavanaugh, der über fünf Jahre Oberbefehlshaber George W. Bush im Krieg gegen den Terror diente, für umfangreiche Machtbefugnisse des Präsidenten ausgesprochen, vor allem in Fragen nationaler Sicherheit und insbesondere dann, wenn Gefahr in Verzug ist.
US-Präsidenten konnten immer wieder nationale Krisen dazu nutzen, ihre Kompetenzen auch auf Kosten der beiden anderen politischen Gewalten auszuweiten, die Struktur des Regierungsapparats und der Verwaltung grundlegend zu verändern und auch politisches Kapital daraus zu schlagen.
Wenn man bedenkt, dass sich der amtierende Präsident Trump nicht nur im Innern sondern auch außenpolitisch von immer mehr »Feinden« bedroht sieht, stimmt das umso bedenklicher: mit Blick auf die Gewaltenkontrolle und demokratische Ordnung in den USA, aber auch hinsichtlich der regel-basierten Weltordnung.