Ende des Brexit-Übergangs: Großbritannien hat die EU verlassen
Der finale Brexit ist gekommen: 47 Jahre nach dem Eintritt in die Staatengemeinschaft hat Großbritannien um Mitternacht die EU verlassen. In den letzten Stunden von 2020 gelang noch eine wichtige Einigung.
Der Brexit ist Realität: Großbritannien hat am Donnerstag um Mitternacht seinen Austritt aus der Europäischen Union endgültig abgeschlossen. Es endete nach einer elfmonatigen Übergangsphase seit dem EU-Austritt auch die Mitgliedschaft im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion. Zum Jahreswechsel wurde damit die wirtschaftliche Scheidung vollzogen. Auf den letzten Drücker gab es an Silvester noch eine Einigung für das britische Überseegebiet Gibraltar.
«Das Schicksal dieses großartigen Landes liegt jetzt fest in unseren Händen», sagte Premierminister Boris Johnson noch im alten Jahr. «Am 31. Dezember um 23.00 Uhr (Ortszeit) beginnt ein neuer Anfang in der Geschichte unseres Landes und eine neue Beziehung mit der EU als deren engster Verbündeter. Endlich ist dieser Moment gekommen, und jetzt ist die Zeit, ihn zu nutzen», sagte Johnson, der die historische Stunde mit seiner Familie in seinem Amtssitz in der Londoner Downing Street verbringen wollte.
No Deal gerade noch abgewendet
Das britische Parlament hatte das von Johnson vorgelegte Ratifizierungsgesetz kurz vor dem Jahreswechsel binnen weniger Stunden durchgewunken. Staatsoberhaupt Königin Elizabeth II stimmte dem Gesetz mit ihrem «Royal Assent» in der Nacht zum Donnerstag zu. An Silvester wurde das Vertragswerk dann auch offiziell im Gesetzblatt der EU veröffentlicht. Damit könne es wie geplant vorläufig ab 1. Januar 2021 angewendet werden, teilte ein Sprecher der deutschen EU-Ratspräsidentschaft mit. «Ein No Deal wurde abgewendet, gerade noch rechtzeitig», schrieb er auf Twitter. Auf EU-Seite reichte die Zeit zur Ratifizierung im Europaparlament nicht. Die soll erst im Frühjahr folgen.
Großbritannien war nach 47 Jahren Mitgliedschaft bereits Ende Januar 2020 aus der EU ausgetreten. Das in letzter Minute mit der EU ausgehandelte Handels- und Partnerschaftsabkommen soll nun einen harten Bruch vermeiden. Wichtigster Punkt ist, dass im Warenhandel auch künftig keine Zölle und Mengenbeschränkungen gelten. Zudem regelt der knapp 1250 Seiten starke Vertrag viele weitere Themen, darunter Fischfang und Zusammenarbeit bei Energie, Transport, Justiz, Polizei.
Bei einem besonders schwierigen Punkt gab es an Silvester noch eine Einigung: Spanien und Großbritannien haben sich darauf verständigt, dass das britische Überseegebiet Gibraltar dem in der Regel grenzkontrollfreien Schengen-Raum beitritt. Damit werde vermieden, dass die Grenze zwischen Spanien und Gibraltar am Südzipfel der Iberischen Halbinsel ab dem 1. Januar 2021 zu einer undurchlässigen EU-Außengrenze werde, sagte Spaniens Außenministerin Arancha Gonzalez Laya in Madrid
Große Änderungen für Bürger
Trotz des Post-Brexit-Handelspakts gibt es auf beiden Seiten große Änderungen mit dem Jahreswechsel. Für Bürger ist die Möglichkeit des einfachen Umzugs vorbei. Auch die Visafreiheit bei Reisen ist nun zeitlich begrenzt. So werden an den Grenzen Kontrollen nötig, weil Standards überprüft werden müssen, unter anderem bei Agrarprodukten.
Am Ärmelkanal rechnet man nach dem endgültigen Vollzug des Brexits nicht damit, dass es bereits in den ersten Januartagen erneut zu einem Verkehrschaos kommen wird. «Ich bin zuversichtlich, dass am 1. Januar alles gut klappen wird, sagte John Keefe, der Chef von Getlink, einem der im Eurotunnel zwischen Großbritannien und Frankreich aktiven Zugbetreibers, nach Angaben des Senders BBC. «Ich denke nicht, dass sich der Verkehr vor der ersten oder zweiten Januarwoche stauen wird. Diese ruhige Anfangsphase ermöglicht es allen, sich vorzubereiten.»
Man will kein erneutes Chaos
Auch aus Regierungskreisen hieß es, man rechne zunächst mit ruhigem Verkehr. Da nach dem Neujahrs-Feiertag direkt das Wochenende ansteht, könnten sich die befürchteten Warteschlangen erst danach aufbauen. Erste Logistikunternehmen gaben an, ihre Fahrten zu verzögern und zunächst die Lage zu beobachten.
Eine Wiederholung des Chaos, wie es vor und an Weihnachten in der Grenzregion Kent zu beobachten war, soll unbedingt vermieden werden.