Neuaufstellung der Hauptstadt-SPD

Giffey nimmt Kurs auf das Rote Rathaus

Jan Dörner
Lesezeit 5 Minuten
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29. Januar 2020
Franziska Giffey ist stets gut gelaunt, volksnahe und optimistisch. Jetzt setzt sie zum Sprung aufs Rote Rathaus an.

Franziska Giffey ist stets gut gelaunt, volksnahe und optimistisch. Jetzt setzt sie zum Sprung aufs Rote Rathaus an. ©Foto: imago images / penofoto/Petra Nowack

Familienministerin Franziska Giffey gilt als Hoffnungsträgerin der SPD. Dem Ruf soll sie nun in der Hauptstadt gerecht werden – als Parteichefin und mögliche Spitzenkandidatin bei der Wahl im Herbst 2021.

Berlin - Ihre politische Karriere stand im vergangenen Jahr schon einmal auf der Kippe, nun nimmt Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) das Rote Rathaus ins Visier. Der Berliner SPD-Vorsitzende und Regierende Bürgermeister Michael Müller erklärte am Mittwoch, dass er sich auf einem Parteitag im Mai nicht als Chef der Landespartei zur Wiederwahl stellen will. Die Führung der Hauptstadt-SPD sollen Giffey und der Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Raed Saleh, als Doppelspitze übernehmen. Als Berlinerin liebe sie ihre Stadt, sagte Giffey. „Und ich möchte, dass es meiner Stadt gut geht“, begründete sie ihre Entscheidung bei einer kurzfristig einberufenen gemeinsamen Pressekonferenz mit Müller und Saleh.

Ihr Amt als Bundesministerin will Giffey nach einer Wahl zur Landeschefin behalten, wie Müller als Regierender Bürgermeister im Amt bleiben will. Die Frage der Spitzenkandidatur für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im Herbst 2021 solle auf einem Parteitag im Frühjahr nächsten Jahres entschieden werden, sagte der 55-Jährige.

Giffey ist die große Hoffnung der SPD

Offensichtlich ist jedoch, dass Giffey dafür die beste Startposition hat. Es gab schon seit längerer Zeit Spekulationen, dass die 41-Jährige bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus als Spitzenkandidatin ins Rennen gehen könnte, um Müller als Regierungschef der Hauptstadt zu beerben. Die gebürtige Brandenburgerin gilt als eine der beliebtesten SPD-Vertreter und war im vergangenen Jahr nach dem Rücktritt von Andrea Nahles sogar als Vorsitzende der Bundespartei im Gespräch. Giffey verzichtete trotz vermutlich guter Chancen jedoch auf eine Kandidatur, weil sie mit einer Plagiatsaffäre zu kämpfen hatte.

Die Freie Universität Berlin überprüfte den Vorwurf, Giffey habe in ihrer Doktorarbeit unsauber gearbeitet. Die Ministerin kündigte ihren Rücktritt für den Fall an, dass ihr der Doktortitel aberkannt werden sollte. Als Ende Oktober schließlich feststand, dass Giffey mit einer Rüge davonkommt und ihren Titel weiterhin führen darf, war es zum Bedauern vieler Genossen für sie zu spät, um noch in den Wettbewerb um den Parteivorsitz einzusteigen. Die stets bürgernah und gut gelaunt auftretende Ministerin behielt jedoch den Status als die große Hoffnungsträgerin der SPD. Diesem Ruf soll sie nun in der Berliner Landespartei gerecht werden.

Genossen in der Hauptstadt suchen dringend frischen Wind

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Die Genossen in der Hauptstadt sind dringend auf der Suche nach frischem Wind: Der seit 2014 regierende Müller wirkt zunehmend mürrisch, die Beliebtheitswerte der Berliner SPD sind deutlich abgesackt. Bei der letzten Abgeordnetenhauswahl im Jahr 2016 wurden die Sozialdemokraten mit 21,6 Prozent noch stärkste Kraft an der Spree, Müller bildete daraufhin eine Koalition mit Grünen und Linken und zog als Regierender Bürgermeister ins Rote Rathaus ein. Zuletzt lag die SPD jedoch in Umfragen mit nur noch 15 Prozent an vierter Stelle hinter Grünen, CDU und Linkspartei. Ein solches Wahlergebnis in Berlin wäre für die Genossen ein Desaster. Müller führt die Berliner SPD mit einer vierjährigen Unterbrechung seit 2004. Mit dem Abschied vom Parteivorsitz wolle er „neue Impulse“ setzen, sagte Müller.

Mit einer Ko-Parteichefin und möglichen Spitzenkandidatin Giffey ist die klare Hoffnung verbunden, bei der Wahl im Herbst 2021 wieder die Nummer Eins in Berlin zu werden. „Die Bundeshauptstadt ist von besonderer Bedeutung für die SPD“, sagte der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider. Er begrüßte Giffeys Entscheidung und ihren Mut, in den „nicht ganz einfachen Wahlkampf“ in Berlin einzusteigen.

Steiler Aufstieg in der Politik

Giffey hat einen steilen Aufstieg in der Politik genommen. Sie trat mit erst 29 Jahren in die SPD im Berliner Brennpunktbezirk Neukölln ein. Schnell wurde Giffey Bezirksstadträtin für Bildung und Schule, bevor sie 2015 das Amt der Bezirksbürgermeisterin in dem Problemkiez übernahm. Als zupackende Kämpferin gegen illegalen Sperrmüll auf den Straßen und Befürworterin eines harten Durchgreifens des Staates gegen Clan-Kriminalität machte sie über die Landespolitik hinaus auf sich aufmerksam. Als die SPD-Spitze nach der letzten Bundestagswahl für die Besetzung der Kabinettsposten noch auf der Suche nach einer Frau aus dem Osten war, fiel die Wahl auf die aus Frankfurt an der Oder stammende Giffey. Sie übernahm das Bundesfamilienministerium und bewährte sich trotz fehlender bundespolitischer Erfahrung.

Da eine weitere Regierungsbeteiligung der SPD nach der nächsten Bundestagswahl derzeit als unwahrscheinlich gilt, kann der Wechsel in die Berliner Landespolitik eine kluge Entscheidung für Giffey sein, durch die sie im Erfolgsfall unweigerlich in der SPD für Höheres im Gespräch bleibt. Allerdings ist der Schritt auch nicht ohne Risiko. Scheitert ihre Mission, kann sie im besten Fall Senatorin in einer von den Grünen angeführten Landesregierung werden. Zudem könnte die kürzlich bekannt gewordene Affäre um ihren Ehemann jetzt noch einmal größere Bedeutung bekommen. Giffeys Gatte verlor kürzlich seinen Job als Berliner Beamter, weil er Berichten zufolge Arbeitszeiten falsch angab und Dienstreisen abrechnete, die es nicht gab. Giffey äußerte sich dazu bislang nicht, weil dies eine Familienangelegenheit sei.

„Das wird gut! Ich sag’s Ihnen!“

Giffey zeigte sich am Mittwoch optimistisch, dass sie in Zusammenarbeit mit Müller und Saleh etwas für die Stadt und die darbende Hauptstadt-SPD bewegen kann. „Für mich ist Berlin eine der tollsten Städte der Welt“, sagte die Sozialdemokratin. „Das wird gut! Ich sag’s Ihnen!“

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