Wirtschaft

Heute Aldi, morgen Alexa: Lebensmittel künftig online kaufen?

dpa
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16. September 2018

©William Potter

Mehr als die Hälfte der Deutschen wäre bereit, Lebensmittel online zu kaufen, wenn die Hürden bei Bestellung und Lieferung niedriger wären. Das zeigt eine aktuelle Befragung von Oliver Wyman. Tech-Riesen und Start-ups arbeiten mit Hochdruck daran, die Kaufbarrieren mithilfe neuer Technologien abzubauen. Sprachassistenten wie Amazons Alexa sind nur die Spitze des Eisbergs. 

Kaufen wir Nudeln, Gemüse und Brot bald so selbstverständlich im Netz wie jetzt schon Kleidung, Schuhe und Bücher? Der Anteil des Online-Lebensmittelhandels liegt in Deutschland bisher bei nur einem Prozent des Gesamtumsatzes der Branche.

Doch das Potenzial ist weitaus größer: Bis zu 56 Prozent der Kunden wären zum Onlinekauf von Lebensmitteln bereit, wenn sie Bestellung und Lieferung leichter abwickeln könnten. Das zeigt eine aktuelle Befragung der Strategieberatung Oliver Wyman mit 700 Teilnehmern in Deutschland.

Der E-Commerce-Anteil im Lebensmitteleinzelhandel könnte bis 2030 auf bis zu 16 Prozent des Umsatzes steigen.

Hohe Lieferkosten ein Problem

Der Umfrage zufolge kaufen bereits zehn Prozent der Befragten gelegentlich Lebensmittel online. 46 Prozent haben zwar noch nie Lebensmittel im Netz bestellt, könnten es sich jedoch vorstellen, wären die Hürden niedriger. Die größten Barrieren sind zu lange Wartezeiten und umständliche Lieferzeitfenster - das sagt die Hälfte der Kunden, die bereit wären, Lebensmittel online zu kaufen. 24 Prozent der Befragten bemängeln die derzeit noch hohen Lieferkosten und 23 Prozent sind unzufrieden mit mühsam zu verwaltenden Warenkörben.

Wollen Konsumenten Veränderungen?

An der Produktauswahl der Onlineanbieter haben nur wenige Teilnehmer etwas auszusetzen - lediglich drei Prozent der Befragten geben dies als Hauptgrund an, Lebensmittel nicht im Onlineshop zu bestellen. »Das Vorurteil, dass der deutsche Kunde bei Lebensmitteln ausschließlich dem Einzelhändler an der Ecke vertraut, stimmt einfach nicht mehr«, sagt Oliver Wyman-Partner Rainer Münch. »Die Konsumenten sind bereit für Veränderungen.«

Branchenfremde finden Lösungen

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Trotz des großen Potenzials verharrt der Großteil der stationären Lebensmitteleinzelhändler derzeit in Wartestellung, um das eigene Kerngeschäftsmodell nicht zu kannibalisieren. Anstatt die Kundennähe zu nutzen, wird der Zugang zum Onlinemarkt anderen überlassen. Tech-Firmen, Logistikunternehmen, Onlinehändler und Start-ups arbeiten bereits an Lösungen, um Bestellung und Lieferung kundenorientierter zu gestalten. Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel ist mit seinem Umsatzvolumen von etwa 200 Milliarden Euro ein mehr als verlockendes Ziel. »Immer mehr Branchenfremde dringen in den Markt vor und versuchen, den etablierten Händlern Anteile streitig zu machen - gerade in Metropolregionen«, sagt Nico Hemker, Principal bei Oliver Wyman.

So geht Newcomer Picnic neue Wege auf der letzten Meile: Der Bringdienst ist kostenlos, versprochen wird ein Lieferzeitfenster von 20 Minuten. Andere Anbieter lagern gekühlte Lieferungen zwischen, damit der Kunde nicht mehr zu Hause auf seine Bestellung warten muss. Und nicht nur Amazon sucht nach Lösungen, um Synergien zwischen dem gewaltigen Paketgeschäft und der Auslieferung von Lebensmitteln zu realisieren.

Auch der Bestellprozess wandelt sich - Spracherkennungssysteme wie Alexa sind dabei ein zentrales Thema. »Die Idee, diese Technologie mit Einkauf zu verbinden, ist naheliegend«, so Hemker. Der Durchbruch der Sprachassistenten, um Online-Bestellungen zu erleichtern, sei nur eine Frage der Zeit.

In Zukunft könnten dadurch die großen Tech-Unternehmen darüber entscheiden, welche Marken schließlich im Einkaufskorb landen, solange der Kunde das nicht selbst spezifiziert. Amazons Alexa kann bereits über Sprachsteuerung Einkaufslisten erstellen und Bestellungen durchführen. In Deutschland will Google künftig die Möglichkeit anbieten, mit Google Assistant per Sprachbefehl einzukaufen - in Teilen der USA können Kunden diesen Service bereits nutzen.

Geschäftsmodelle auf dem Prüfstand

»Der Lebensmittelhandel wird sich nicht komplett verändern, aber die Veränderungen kommen mit zunehmender Geschwindigkeit«, sagt Münch. Gerade die Kombination von Sprachassistenten mit Lösungen zur Senkung von Lieferzeit und -kosten könne umfassende Auswirkungen haben.

Weitere Innovationen zur Senkung der Kosten für die letzte Meile wie die Auslieferung per autonomem Fahrzeug oder Abholboxkonzepte mit unterschiedlichen Kühlzonen könnten den Lebensmitteleinkauf noch weiter revolutionieren.

»Die etablierten stationären Lebensmittelhändler müssen sich darauf vorbereiten, dass branchenfremde Anbieter auf den Vormarsch sind. Jetzt ist die Zeit, um das eigene Geschäftsmodell auf Zukunftstauglichkeit zu überprüfen«, rät Münch. Positionieren könnten sich die Händler etwa als Produktführer mit besonderen Eigenmarken oder indem sie das beste Einkaufserlebnis bieten - online wie offline. Oder sie etablieren sich als Effizienzspezialist mit den niedrigsten Preisen.

In jedem Fall gelte es, den direkten Kundenkontakt und die dadurch gewonnenen Erkenntnisse zu nutzen. Münchs Fazit: »Im Gewerbe mit traditionell niedrigen Margen müssen sich die Händler solide strategisch aufstellen, um nicht unter Druck zu geraten.«

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