Befragung vor Fraktionschefs

Kritik an Zuckerberg-Auftritt in Brüssel

dpa
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23. Mai 2018
Mark Zuckerberg (L) zusammen mit EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani.

Mark Zuckerberg (L) zusammen mit EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani. ©dpa - Thierry Roge/BELGA

Facebook-Chef Mark Zuckerberg ist bei seiner Anhörung im Europaparlament fast allen unangenehmen Fragen problemlos ausgewichen. Das liegt auch am Format des Treffens.

Das Format des Treffens, bei dem alle Fragen gesammelt am Ende beantwortet werden sollten, ermöglichte es dem 34 Jahre alten Tech-Milliardär, mit allgemeinen Einlassungen zu den angesprochenen Themen statt konkreter Antworten zu reagieren. Dabei war Zuckerberg am Dienstagabend in Brüssel von den Fraktionsspitzen viel härter rangenommen worden als bei seinem Anhörungs-Marathon im US-Kongress.
«Das war zu kurz, das war zu flach, das war nicht substanziell genug», sagte der Fraktionschef der europäischen Sozialdemokraten, Udo Bullmann, und sprach von einem Formatfehler. «Man hätte Ping-Pong spielen müssen.»

Das Bündeln der Fragen ist nach Auskunft des Europaparlaments generell üblich bei der sogenannten «Conference of Presidents» mit dem Kreis der Fraktionsvorsitzenden. Parlamentspräsident Antonio Tajani sagte im Anschluss, er selbst habe das Format vorgeschlagen. Der konservative Italiener wertete den Abend als Erfolg für das Europaparlament. Dies sei im Mittelpunkt der politischen Debatte und habe gezeigt, dass es sich für die Interessen der Europäer einsetze.

Mehrere beteiligten Europapolitiker kritisierten hingegen Zuckerbergs Antworten sowie das Format. «Er war nicht sehr überzeugend und hat nicht auf all unsere Fragen geantwortet», schrieb der Fraktionschef der konservativen EVP, Manfred Weber, auf Twitter. Allerdings habe der Zuckerberg-Besuch gezeigt, dass Facebook die europäischen Nutzer wertschätze.

«Keine Antwort ist auch eine Antwort», sagte Jan Philipp Albrecht von den Grünen. Der Abend habe deutlich gemacht, dass Facebook nicht in der Lage sei, die Sorgen der europäischen Verbraucher aufzulösen. Die Politik müsse deshalb künftig noch deutlicher bei Facebook hinsehen. Albrecht zufolge hatten sich im Vorfeld alle Fraktionen dafür ausgesprochen, Zuckerberg direkt auf die gestellten Fragen antworten zu lassen. Sein Eindruck sei allerdings, dass Zuckerberg auch bei einem Frage-Antwort-Modell nicht auf die Fragen eingegangen wäre.

Die Fraktionsspitzen wollten unter anderem wissen, warum Facebook die vom Datenskandal um Cambridge Analytica Betroffenen nicht bereits 2015 informierte und ob Zuckerberg an dieser Entscheidung beteiligt gewesen sei. Und ob der Fall «nur die Spitze eines Eisbergs» war. Sie sprachen an, dass Facebook zum Beispiel über den «Like»-Button auch einige Daten von Nicht-Mitgliedern sammele - und auch eine konkurrenzlose Rolle Facebooks, nachdem Konkurrenten mit ähnlichen Online-Netzwerken aus dem Geschäft gingen.

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Mit besonders scharfen Worten fiel Guy Verhofstadt, Fraktionschef der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, auf. Zuckerberg müsse sich entscheiden, ob er in die Geschichte in einer Reihe mit Technologie-Innovatoren wie Apple-Gründer Steve Jobs und Microsoft-Gründer Bill Gates eingehen werde - oder als «ein Genie, das ein digitales Monster geschaffen hat, das unsere Demokratien zerstört».

Verhofstadt versuchte auch, den üblichen Argumenten Zuckerbergs bei Fragen nach einer dominierenden Stellung Facebooks schon vorab den Wind aus den Segeln zu nehmen - das sei, als würde ein monopolistischer Autohersteller sagen, man könne schließlich auch Flugzeug, Zug oder ein Fahrrad nehmen, sagte er. Zuckerberg wiederholte dazu seine vorherigen Worte, dass es in der Branche viel Wettbewerb gebe, weil die Nutzer auf vielen Kanälen miteinander kommunizierten. «Aus meiner Perspektive kommen jeden Tag neue Konkurrenten hinzu.» Insgesamt zählte er viele bereits bekannte Maßnahmen auf und hielt sich an die Linie vorheriger Äußerungen.

«Mir ist bewusst, dass es viele konkrete Antworten gab, auf die ich nicht konkret eingehen konnte», sagte der Facebook-Chef zum Schluss. Man werde sie nachträglich beantworten. Einige der Fraktionschefs machten ihrer Unzufriedenheit Luft. «Ich habe sechs Fragen eingereicht, die mit «Ja» oder «Nein» beantwortet werden können - und keine davon ist beantwortet worden», empörte sich der Grüne Philippe Lamberts. Eine davon war, ob Facebook seinen Mitgliedern die Möglichkeit geben werde, sich komplett personalisierter Werbung zu entziehen.

Zum Auftakt entschuldigte sich Zuckerberg abermals für den jüngsten Datenskandal um Cambridge Analytica. Facebook habe das Ausmaß seiner Verantwortung unter anderem im Kampf gegen den Missbrauch von Nutzer-Informationen durch App-Entwickler nicht erkannt, sagte Zuckerberg am Dienstag bei einem live übertragenen Treffen mit Fraktionsspitzen. «Das war ein Fehler und es tut mir leid.» Das waren ähnliche Worte wie bei Zuckerbergs insgesamt zehnstündigem Auftritt im US-Kongress. Dort fielen die Senatoren und Abgeordneten zum Teil damit auf, dass sie die Funktionsweise von Facebook nicht kannten - oder von der Beschränkungen auf wenige Minuten pro Fragesteller ausgebremst wurden.

Im März war bekanntgeworden, dass sich die britische Firma Cambridge Analytica Zugang zu Daten von Millionen Facebook-Nutzern verschafft hatte. Mit Hilfe der Daten sollen etwa Wähler im US-Präsidentschaftswahlkampf zugunsten von Donald Trump mit Wahlwerbung beeinflusst worden sein. Facebook hatte sich wiederholt entschuldigt und diverse Konsequenzen gezogen.

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