Massenhafter Elefanten-Tod gibt Rätsel auf
Gaborone - Ein mysteriöses Elefantensterben im südafrikanischen Staat Botsuana, dem größten Elefantenrefugium der Welt, schreckt die Fachwelt auf. Die Tierschutzorganisation Elephants Without Borders (EWB) will in den vergangenen acht Wochen rund 400 tote Elefanten im Norden Botsuanas gezählt haben, das geht aus einem der Presse zugespielten vertraulichen Bericht der Organisation hervor. Die botsuanische Tierschutzbehörde bestätigt die Vorfälle.
Fachleute sprechen von einem „beispiellosen Desaster“. Die Ursachen des nördlich des Okavango-Deltas im äußersten Norden Botsuanas beobachteten Massensterbens liegen noch völlig im Dunkeln. Botsuanas Tierschutzbehörde sandte nach eigenen Angaben Proben der Elefantenkadaver in kanadische, südafrikanische und simbabwische Labore. Wilderei scheint als Ursache ausgeschlossen: Keinem der Kadaver waren die Stoßzähne abgesägt. Auch eine Vergiftung mit Zyanid kann nicht der Grund sein: In diesem Fall wären auch zahlreiche andere Tiere, vor allem Geier und Hyänen, verendet. Auch eine Vergiftung mit Anthrax-Bakterien (Milzbrand) liegt nicht vor.
Hängt das Massensterben mit Corona zusammen?
Der EWB-Bericht enthält detaillierte Schilderungen. Die kranken Tiere machten einen müden und verwirrten Eindruck, im Sterben knickten die Dickhäuter oft mit den Vorderfüßen ein und stürzten vornüber. Ein Elefant sei dabei beobachtet worden, wie er ständig im Kreis lief, bevor er tot zusammenbrach: Seine Artgenossen hätten vergeblich versucht, ihn auszurichten. Betroffen seien beide Geschlechter und fast alle Altersgruppen: Nur tote Babys hat man offenbar keine gefunden.
Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Phänomen mit der Corona-Pandemie zusammenhänge, sagte der Direktor der britischen Naturschutzorganisation National Park Rescue, Niall McCann. Er hält es für möglich, dass die Krankheit das zentrale Nervensystem der Elefanten angreift, was auf einen Virus – womöglich sogar Sars-CoV-2 – schließen lasse. Der Vorfall habe „das Potenzial einer Gefährdung der öffentlichen Gesundheit“, sagte McCann.
Ein Drittel der afrikanischen Elefanten lebt in Botsuana
Gegenüber der britischen Zeitung „Guardian“ drückte Mary Rice, Geschäftsführerin der Londoner Environmental Investigation Agency, ihre Verwunderung darüber aus, dass die botsuanische Regierung spät und nur halbherzig tätig geworden sei. Botsuanas oberster Veterinär weist dies zurück: Die Proben seien in ausländische Labore geschickt worden, was wegen der Corona-Pandemie zu Verzögerungen geführt habe.
Im vergangenen Jahr war in Botsuana eine heftige Debatte ausgebrochen, weil der Präsident Mokgweetsi Masisi die Jagd auf Elefanten wieder erlaubt hatte. Elefanten trampeln nicht selten die Felder von Wildpark-Anwohnern nieder, vereinzelt kommen auch Menschen ums Leben. Mit 130 000 Elefanten lebt fast ein Drittel aller afrikanischen Elefanten in Botsuana.