Missbrauch-Debatte: Erzbischof will mit Zollitsch reden
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger wirft seinem Vorgänger Zollitsch Vertuschung vor. Grund sind Missbrauchsfälle in Oberharmersbach im Ortenaukreis. Nun wollen die zwei Geistlichen darüber sprechen - hinter verschlossenen Türen.
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger plant nach öffentlicher Kritik an seinem Vorgänger Robert Zollitsch ein klärendes Gespräch. Burger beabsichtige ein Treffen mit Zollitsch, sagte eine Sprecherin der Erzdiözese am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Ziel sei es, in vertrauter Runde die aufgeworfenen Fragen zu besprechen. Einen konkreten Termin gebe es noch nicht. Burger hatte seinem Vorgänger in einem Interview des Südwestrundfunks (SWR) am Mittwoch Vertuschung von Missbrauchsfällen vorgeworfen.
Bereits im Oktober hatte Burger sich öffentlich für das Verhalten seiner Vorgänger im Umgang mit Missbrauch in der katholischen Kirche entschuldigt, damals jedoch keine Namen genannt. Zudem räumte er weitere Fehler und Machtmissbrauch ein.
Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen
Burger (56) ist Erzbischof in Freiburg seit Juni 2014. Bis dahin, seit Juli 2003, war der heute 80 Jahre alte Zollitsch im Amt. Dieser war zudem von Februar 2008 bis Sommer 2014 Vorsitzender der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Freiburg ist mit rund 1,9 Millionen Katholiken eine der größten Diözesen in Deutschland.
Als Personalreferent der Erzdiözese und später als Erzbischof habe Zollitsch Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen und bei der Aufarbeitung begangen, sagte Burger in dem Interview. Dies seien Versäumnisse, die er als heutiger Erzbischof nicht rechtfertigen könne. Er wünsche sich, darüber mit Zollitsch in Ruhe zu sprechen. Dieser hat sich bislang öffentlich nicht dazu geäußert.
Konkret geht es um Missbrauchsfälle in Oberharmersbach im Ortenaukreis. Dort waren mehrere Jugendliche den Angaben zufolge von 1968 bis Anfang der 1990er Jahre vom Gemeindepfarrer missbraucht worden. Zollitsch war damals Personalreferent der Erzdiözese und hatte somit Verantwortung für die eingesetzten Geistlichen.
Fall nie detailliert aufgearbeitet
Detailliert aufgearbeitet worden sei der Fall nie, sagte Burger nun. Dies zeigten die Akten. Der Pfarrer war damals versetzt worden und hatte sich später umgebracht. Bei der Staatsanwaltschaft angezeigt hatte ihn die Kirche den Angaben zufolge wegen des Missbrauchs nicht.
Eine im September von der Deutschen Bischofskonferenz vorgestellte Studie hatte den massiven sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch katholische Kleriker in den vergangenen Jahrzehnten detailliert belegt. Zwischen 1946 und 2014 sollen demnach mindestens 1670 katholische Kleriker 3677 meist männliche Minderjährige missbraucht haben. Kritisiert wurden in der Studie Strukturen der Kirche, die Missbrauch auch heute noch begünstigten.
Unabhängig von der Studie hatte die Erzdiözese Freiburg externe Fachleute eingesetzt, diese forschten anhand von Personalakten nach sexuellem Missbrauch. Von Anfang 1946 bis Ende 2015 wurden so den Angaben zufolge im Bereich der Erzdiözese 190 Beschuldigte entdeckt, die meisten von ihnen Priester. Es gebe mindestens 442 Betroffene.