Kind im Darknet verkauft

Missbrauch in Staufen: Heute Urteil gegen Mutter und Freund

dpa
Lesezeit 3 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
07. August 2018
Mehr zum Thema

©Patrick Seeger/dpa

Im Freiburger Fall um einen missbrauchten und an andere Männer verkauften Jungen steht das Urteil bevor. Seine Mutter und ihren Partner erwartet lange Haft.

In einem der weitreichendsten Fälle sexuellen Kindesmissbrauchs in Deutschland wird am Dienstag in Freiburg das Urteil gegen die beiden mutmaßlichen Haupttäter gesprochen. Vor dem Landgericht stehen die 48 Jahre alte Mutter eines Jungen und ihr 39-jähriger Lebensgefährte. Sie hatten das heute zehn Jahre alte Kind laut ihren Geständnissen nicht nur vielfach selber missbraucht, vergewaltigt und misshandelt, sondern es auch an andere Männer verkauft. Die Mutter und ihr einschlägig vorbestrafter Partner, beide Deutsche, haben die Taten vor Gericht eingeräumt.

Sie erwartet lange Haft. Die Staatsanwaltschaft hatte für die Frau vierzehneinhalb Jahre Gefängnis und den Mann dreizehneinhalb Jahre gefordert. Zudem wurde für ihn die Sicherungsverwahrung beantragt - auf ausdrücklichen Wunsch des 39-Jährigen auch seitens seiner Verteidigerin. Angeklagt waren jeweils knapp 60 Taten, darunter auch der Missbrauch einer Dreijährigen.

Prozess im Grenzbereich

Das Paar vermarktete den damals in Staufen bei Freiburg lebenden Jungen demnach im Darknet - einem anonymen Bereich des Internet - auch an Freier aus dem In- und Ausland. Die an dem Kind begangenen schweren Sexualstraftaten wurden gefilmt und im Netz in einschlägigen Foren getauscht. Sie zeigen neben den Vergewaltigungen auch Erniedrigungen, Misshandlungen und Beschimpfungen des Opfers. Der Junge wurde maskiert und gefesselt. Die Sichtung der Fotos und Filme sowie das Ausmaß des Falles hatte sowohl Ermittler wie auch die am Prozess Beteiligten eigenen Angaben zufolge an ihre Grenzen gebracht.

In dem Fall gab es insgesamt acht Festnahmen und Anklagen. Zum einen lieferten die vielen Filmaufnahmen den Ermittlern wichtiges Beweismaterial. Zum anderen konnten mutmaßliche Mittäter vor allem auch wegen der umfangreichen Aussagen des Lebensgefährten der Mutter verhaftet und vor Gericht gestellt werden. Neben dem Paar waren in dem Fall sechs Männer angeklagt, darunter ein Schweizer und ein Spanier.

- Anzeige -

Mutter bleibt Rätsel

Das Rätsel des Prozesses blieb die Rolle der Mutter. Sie hatte im Gegensatz zu ihrem Freund nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgesagt, aber Beobachtern zufolge wenig zu ihren Motiven für die vielen Missbrauchstaten am eigenen Kind erklärt. Ein Sachverständiger, der psychiatrische Gutachter Hartmut Pleines, hatte ihr kaum ausgeprägte Fähigkeit zum Mitgefühl attestiert. Sie sei bereit gewesen, ihr Kind zu opfern und habe ihre eigenen Interessen über die ihres Kindes gestellt. Dass sie ihrem Freund hörig gewesen sei, wie es die Frau glauben machen wollte, verneinte Pleines.

Nicht nur grausame Verbrechen kamen ans Licht. Sondern auch Versäumnisse seitens Familiengerichten und Behörden. Sie hatten wichtige Informationen nicht weitergegeben und aneinander vorbei gearbeitet, ohne sich auszutauschen. So war das das Kind zwar einige Monate vor der Verhaftung des Paares aus der Familie genommen worden. Kurz darauf kam der Junge aber wieder zurück zur Mutter. Die Familiengerichte hatten dabei weder das Kind befragt, noch ihm einen Verfahrensbeistand an die Seite gestellt.

Behördenversagen?

Dass mit dem 39-Jährigen ein vorbestrafter Pädokrimineller unter einem Dach mit dem Jungen lebte, entging den Behörden ebenfalls; das Kontaktverbot des Mannes zu Kindern und Jugendlichen wurde nicht überwacht. Hinweise der Schule zu einem möglichen Missbrauch des Jungen wurden vom Jugendamt als zu vage eingestuft, die Behörde behielt die Informationen der Schule für sich. Eine Aufarbeitung der Fehler läuft. Auch auf Landesebene wird dazu eine Arbeitsgruppe gebildet.

Das Kind lebt inzwischen bei einer Pflegefamilie. Von ihm ist wenig bekannt, außer, dass es ihm nach Worten seiner Anwältin den Umständen entsprechend gut geht. Eine Aussage vor Gericht blieb ihm erspart.

Mehr zum Thema

Weitere Artikel aus der Kategorie: Nachrichten

22.03.2024
Nachrichten
Es ist eines der großen gesellschaftspolitischen Vorhaben der Ampel-Koalition - und jetzt am Ziel: Kiffen wird für Erwachsene in Grenzen erlaubt. Bei der Umsetzung gibt es aber noch offene Fragen.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • HYDRO liefert etwa Dreibockheber für die Flugzeugwartung. 
    26.03.2024
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl fustionieren
    HYDRO Systems KG und Rhinestahl schließen sich zusammen. Mit diesem Schritt befinden sich die Kompetenzen in den Bereichen Ground Support Equipment (GSE) und Aircraft- & Engine Tooling unter einem Dach.
  • Alle Beauty-Dienstleistungen bietet die Kosmetik Lounge in Offenburg unter einem Dach.
    26.03.2024
    Kosmetik Lounge Offenburg: Da steckt alles unter einem Dach
    Mit einer pfiffigen Geschäftsidee lässt Elena Plett in Offenburg aufhorchen. Die staatlich geprüfte Kosmetikerin denkt "outside the box" und hat in ihrer Kosmetik Lounge ein außergewöhnliches Geschäftsmodell gestartet.
  • Konfetti, Flitter und Feuerwerk beschließen die große Preisverleihung im Forum-Kino in Offenburg. Die SHORTS feiern 2024 ihr 25. Jubiläum. 
    26.03.2024
    25 Jahre SHORTS – 25 Jahre Bühne für künftige Filmemacher
    Vom kleinen Screening in 25 Jahren zum gewachsenen Filmfestival: Die SHORTS der Hochschule Offenburg feiern Jubiläum. Von 9. bis 12. April dreht sich im Forum-Kino Offenburg alles um die Werke junger Filmemacher. Am 13. April wird das Jubiläum im "Kesselhaus" gefeiert.
  • Das LIBERTY-Team startet am Mittwoch, 27. März, in die Afterwork-Party-Saison. 2024 finden die Veranstaltungen in Kooperation mit reiff medien statt. 
    22.03.2024
    Businessaustausch jetzt in Kooperation mit reiff medien
    Das Offenburger LIBERTY startet mit Power in die Eventsaison: Am Mittwoch, 27. März, steigt die erste XXL-Afterwork-Party mit einem neuen Kooperationspartner. Das LIBERTY lädt zusammen mit reiff medien zum zwanglosen Feierabend-Businessaustausch ein.