Kurden versammeln sich nach verbotenem Marsch in Lahr
Nach gewalttätigen Auseinandersetzungen am Donnerstagabend in Rastatt wurde der Kurdenmarsch von den Behörden verboten. Die Demonstranten haben sich am Mittag am Lahrer Bahnhof versammelt. Sie wollen demnach beraten, wie sie trotz des Verbotes nach Straßburg gelangen können.
279 Platzverweise, 26 Festnahmen und 27 eingeleitete Strafverfahren: Das ist die vorläufige Bilanz der 4. Etappe des Kurdenmarsches, der am Donnerstag von Karlsruhe-Durlach nach Rastatt führte. Wie bereits an den Vortagen kam es auch im Verlauf dieser Etappe zu wiederholten Provokationen seitens türkischer Passanten und Anwohnern, wie die Polizei mitteilte. Der weitere Marsch, der unter anderem nach Bühl, Kehl und zum Ziel nach Straßburg führen sollte, wurde von den Sicherheitsbehörden verboten.
"Aufgrund der gewalttätigen Auseinandersetzungen und des steigenden Aggressionspotentials der Teilnehmer haben wir ein Verbot für die weiteren Etappen ausgesprochen", sagte Sabine Dorsch von der zuständigen Versammlungsbehörde in Stuttgart am Freitag. Auf der vierten Etappe von Karlsruhe nach Rastatt war es zu teils gewalttätigen Ausschreitungen gekommen. Nach Polizeiangaben hatte sich sogar ein kurdischer Ordner an den Ausschreitungen beteiligt.
Dutzende Demonstranten in Lahr
Am Freitagmittag bestätigte die Polizei dann auf Anfrage von Hitradio Ohr und BO.de, dass sich rund 60 bis 70 Teilnehmer des Marsches am Lahrer Bahnhof versammelt hatten. Andere behördliche Quellen sprachen von bis zu 120 Teilnehmern. Von Lahr ging es am Nachmittag weiter in eine privat angemietete Halle, um zu beraten, wie sie zur Abschlusskundgebung am Samstag nach Straßburg gelangen können. Die Polizei beobachtet den weiteren Verlauf in Lahr im Rahmen einer Nachschau zur Demonstration in Rastatt mit einigen Beamten - auch zum eigenen Schutz der Demonstranten. Dabei blieben nach Polizeiangaben vom späten Nachmittag Zwischenfälle aus. Ob die Kurden nach Straßburg gelangen können, ist noch unklar: Am Freitag war noch unklar, ob die französischen Behörden der Gruppe die Einreise gewähren.
Auseinandersetzungen zwischen Kurden und Türken
Zunächst hatte am Donnerstag auf der der vierten Etappe zwischen Karlsruhe und Rastatt ein Großaufgebot der Polizei noch körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Konfliktparteien, Türken und Kurden, in den allermeisten Fällen verhindern können. Bei einer Rast am Nachmittag in Ettlingen wurde aus einer Anrainerwohnung die türkische Fahne gezeigt, woraufhin kurdische Demonstranten Steine und Flaschen gegen das Gebäude warfen. Ein Steinewerfer konnte im weiteren Verlauf festgenommen werden.
Zu einer weiteren größeren Auseinandersetzung kam es laut Polizeibericht dann an einer Tankstelle in Neumalsch, wo eine etwa zehnköpfige kurdische Gruppe eine türkische Autofahrerin attackierte, die eine türkische Flagge zeigte. Die Angreifer wurden nach einem kurzen Tumult von den Polizisten festgenommen. Im Rahmen der Auseinandersetzung musste die B3 zwischen Neumalsch und Ettlingen-Bruchhausen in beiden Fahrtrichtungen kurzzeitig gesperrt werden.
Eine Polizistin verletzt
Als der Demonstrationszug mit deutlicher Verspätung gegen 20.30 Uhr Rastatt erreichte, kam es im Stadtgebiet zu Ausschreitungen. Nachdem sich zwei Fahrzeuge den Aufzugsteilnehmer näherten und den Gruß der "Grauen Wölfe" zeigten, bewarfen Kurden aus dem Aufzug heraus die Türken mit Steinen. Die Fahrzeuge wurden durch den Steinwurf beschädigt, eine Polizeibeamtin wurde dabei von einem Stein getroffen und musste mit einer stark blutenden Platzwunde am Kopf ins Krankenhaus gebracht werden. Die Beamtin konnte das Krankehaus wieder verlassen, der Steinewerfer wurde festgenommen.
Als sich die schon aufgeheizte Stimmung unter den Kurden weiter verschärfte und sich die Lage zunehmend gewalttätig entwickelte, löste die Polizei die Versammlung auf. Nach Bekanntgabe der Auflösungsverfügung, welche auch ins türkische übersetzt wurde, stellte die Polizei die Identität aller noch anwesenden Aufzugsteilnehmer fest und erteilte Platzverweise. Insgesamt waren am Donnerstag 130 Beamte im Einsatz, 123 weitere wurden während der Ausschreitungen in Rastatt nachalarmiert.
Die Demonstration in Zahlen
Insgesamt setzte die Polizei 253 Beamte ein, 26 Menschen wurden vorläufig festgenommen. Gegen sie wurden 27 Strafverfahren, u.a. wegen Landfriedensbruch, gefährlicher Körperverletzung, Verstößen gegen das Versammlungsgesetz, Bedrohung und Beleidigung, eingeleitet. Von 183 Demonstranten wurde die Identität festgestellt, 279 Personen erteilte die Polizei einen Platzverweis. Darunter waren auch 80 Türken, die sich im Bereich der Auseinandersetzungen aufhielten.