Menschen gehen für Europa auf die Straße
Der Brexit und die Wahl von Donald Trump als US-Präsident gab ihnen den Rest: Das Juristenehepaar Sabine und Daniel Röder aus Frankfurt wollten dieses »Störgefühl« übertönen. Der öffentliche Raum werde zunehmend von Rechtspopulisten eingenommen. Sie wollten ein Zeichen setzen und gegen die Schockstarre ankämpfen – sie appellierten für den Erhalt der EU.
Aus einer Wohnzimmeridee wurde innerhalb weniger Monate eine Trend-Bewegung: »Pulse of Europe« (europäischer Pulsschlag). Die erste Demo war am 27. November 2016 in Frankfurt mit 200 Personen. Mittlerweile nehmen an den Aktionen mehr als 1000 Bürger teil. »Wir bekommen allein 500 E-Mails am Tag«, berichtet Daniel Röder, Gründer der Bewegung. Daraufhin richteten die Initiatoren sogar eine Geschäftsstelle und stellten Leute für die Koordination ein – die seien aus Spenden finanziert. »Pulse of Europa« ist im Aufwind: Morgen werden in 50 Städten, bei denen Menschen für Europa werben, Veranstaltungen stattfinden – auch in Baden (siehe Kasten).
Ob Portugal, England oder auch Irland – acht Länder haben sich der Europa-Euphorie bereits angeschlossen. »Es war unser Traum, dass die Idee der Pro-Europa-Initiative viele begeistert, aber, dass es so viele werden, hat keiner geglaubt«, sagt Markus Meyer, der in Freiburg die morgige Demo bereits zum zehnten Mal veranstaltet, und wirkt überrascht.
Social Media sei Dank
Vor allem jungen Menschen, wie Studenten und Schüler, sieht er bei den Veranstaltungen. »Allerdings glaube ich nicht, dass eine solche Dynamik ohne Social Media möglich gewesen wäre«, sagt Markus Meyer, Veranstalter für Freiburg, im Gespräch mit der Mittelbadischen Presse. Facebook sei dabei das stärkste Werkzeug der Initiatoren.
»Als England für den Brexit stimmte, habe ich die Welt nicht mehr verstanden«, erzählt Meyer. Daraufhin schloss er sich der Bewegung an. Er appelliert: »Man soll sich nicht im EU-Bashing ergehen; am Ende ist die Union so stark, wie die Einzelstaaten es wollen.«
In den vergangenen Wochen blicken nicht nur immer mehr Bürger auf die Bewegung, auch Politiker machen in den sozialen Netzwerken ihre Haltung deutlich: Außenminister Sigmar Gabriel lobt die Aktion auf Twitter: »Bin schwer beeindruckt. So viele Leute, die für ein geeintes Europa eintreten! Wichtiges Zeichen, gerade in diesen Tagen.« Auch Grünen-Chef Cem Özdemir tut seine Meinung auf der Plattform kund: »Enthusiasmus für Europa, den ich mir hier im Bundestag wünschen würde, den finden wir jeden Sonntag auf der Straße.«
"Europa ist unsere Zukunft, sonst haben wir keine" - Genscher@PulseofEurope #pulseofeurope #EuropeanUnion #future #Erasmusgeneration pic.twitter.com/ohROB3rpLa
— Anja Fischer (@fischanj) 12. März 2017
Der @PulseofEurope #Berlin wird immer spürbarer: 4400 Stimmen, 4400 Herzen für #Europa! Steht mit uns auf, seid der #pulseofeurope!🇪🇺 pic.twitter.com/KXlFjSI3f8
— Domenick Baumgarten (@Damenigs) 12. März 2017
Ein Teilerfolg
Einen Forderungskatalog hat die Po-Europa-Initiative dabei nicht. Antworten, wie Europa besser wird, geben sie nicht. Parteien bekommen bei ihrer Aktion aber auch keine Bühne. »Wir zeigen nur die Europaflagge.«
Inwieweit die Initiative Erfolg erzielen wird, ist laut Pro-Europäer Meyer zum jetzigen Zeitpunkt schwierig zu sagen. Ein Teilerfolg, dadurch dass Geert Wilders PVV nicht die stärkste Partei geworden ist, macht den Veranstaltern Hoffnung.
Und dennoch können die Pro-Europa-Anhänger sich nicht ausruhen. Die Präsidentschaftswahlen stehen in Frankreich (23. April) an, und auch die Parlamentswahl in Bulgarien (26. März) soll bei den Demos Thema sein.
»Wir arbeiten wie die Berserker. Die Welle der Begeisterung trägt uns und motiviert«, sagt Röder, Anwalt und Gründer der »Pulse of Europe«-Bewegung. Nun bleibt für die Anhänger zu hoffen, dass Marine Le Pen im April in Frankreich nicht siegt – die »Europa-Cheerleader« scheinen nämlich gerade erst so richtig in Fahrt zu kommen.
Demonstrieren für Europa: Die Bewegung #PulseofEurope sieht in der europäischen Gemeinschaft nicht das Problem, sondern die Lösung. pic.twitter.com/a6pwJ0eXIx
— tagesthemen (@tagesthemen) 12. März 2017
»Pulse of Europe« in der Region
Nach den Wahlen in den Niederlanden bleibt die überparteiliche Bürgerinitiative »Pulse of Europe« aktiv und führt morgen – meist ab 14 Uhr – in mehr als 50 Städten Veranstaltungen durch. Dabei legen die Organisatoren in allen Städten Wert darauf, dass keine Parteien die Demo für sich nutzen. Die Aktion richtet sich an Bürger, die sich öffentlich sichtbar und hörbar für den Fortbestand eines demokratischen und friedlichen Europas einsetzen möchten. In Freiburg findet morgen die Aktion auf dem Augustinerplatz ab 14 Uhr statt, in Karlsruhe um die selbe Uhrzeit auf dem Platz der Grundrechte und in Offenburg vor dem Rathaus. In Straßburg startet die Demo um 15 Uhr auf dem Place Kleber.